Die Hilfsorganisation medico international warnt vor einer weiteren sozialen Spaltung der Welt und einem Missbrauch von Entwicklungspolitik. Mit humanitärer Hilfe alleine sei den prekären Folgen der wachsenden sozialen Verunsicherung nicht mehr beizukommen, kritisierte medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer im Jahresbericht der Hilfsorganisation, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Zudem beobachte die Hilfsorganisation mit Sorge, wie der Erfolg von Hilfe mehr und mehr an den Mengen gelieferter Hilfsgüter, an reibungslos funktionierenden Transportwegen, an einem akribischen Belegwesen und zeitnahen Berichten gemessen werde. Auch werde Entwicklungspolitik verstärkt sicherheitspolitischen Interessen und Abschottungstendenzen untergeordnet.
Die Integration der Länder des Südens in eine von Wachstum und Rendite geprägte globale Ökonomie habe die Welt zwar näher zusammenrücken lassen, aber zugleich auch tief sozial gespalten, sagte Gebauer. Der technologische Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte sei an großen Teilen der Weltbevölkerung vorbeigegangen.
Viele Bewohner des globalen Süden seien nur »auf unterster Stufe« in den Weltmarkt integriert worden, etwa als billige Arbeitskräfte in der globalen Textilproduktion, als Tagelöhnerinnen in der Produktion von Bioethanol oder Palmöl oder als Käufer von ungesunden industriell produzierten Nahrungsmitteln, so Gebauer. Für viele weitere gebe es überhaupt keinen Platz in der globalisierten Welt.
Für medico international liege in solchen Umständen eine große Herausforderung, sagte Gebauer weiter. Große Ziele wie die Schaffung sozialer Gerechtigkeit, die Demokratisierung oder das Nachdenken über solidarische Formen von Ökonomie fielen unter den Tisch. »Genau darum aber geht es uns.«
Medico international hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr etwa 120 Projekte in 30 Ländern mit knapp 13 Millionen Euro gefördert. Die meisten Gelder flossen in Projekte im Nahen und Mittleren Osten und in Afrika. Die Spendeneinnahmen gingen mit 4,6 Millionen Euro leicht zurück. Dafür stiegen die Zuschüsse öffentlicher Geldgeber um rund 1,5 Millionen auf rund sieben Millionen Euro. 1997 wurde die von medico initiierte Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
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