Vor 25 Jahren gehörte hierzulande noch ein gute Portion Zivilcourage dazu, nicht an Wahlen teilzunehmen. Heute genügt dazu nur mehr das richtige Maß an Ignoranz. Ich erinnere an eine Vielzahl von selbstgemalten Transparenten im Herbst 89 auf den Markplätzen, in denen gerade das Recht auf Wahlmöglichkeit vehement eingefordert wurde, um die Dinge gegen die Herrschenden bewegen und ändern zu können. Auch hier in Sachsen. Und wie leichtfertig wird das nun wieder aufs Spiel gesetzt!? Besten Dank, Herr Bohl, das wenigstens Sie das so offen benennen! Und ganz herzlichen Dank vor allem auch den Einwohnern von Leipzig und Dresden, die uns mit ihrem Wahlverhalten in allerletzter Sekunde weitere fünf Jahre schlierig-braunen Politklamauk im Landtag erspart haben! Und damit dem "nationalen Widerstand" auch ein klein wenig den Steuergeldhahn drosseln halfen ... hoffentlich!
Bischof Bohl kritisiert geringe Wahlbeteiligung
Landesbischof fordert von Koalitionsverhandlungen Verbesserungen in der Sozial- und BildungspolitikNach der Landtagswahl am Sonntag äußerte sich Sachsens Landesbischof Jochen Bohl enttäuscht über die geringen Wahlbeteiligung. Sie habe dazu geführt, dass der NPD beinahe der erneute Einzug in den Landtag gelungen wäre. »Das Wahlrecht ist ein hohes Gut, das während der friedlichen Revolution errungen wurde. Insofern ist es bedauerlich, wenn so viele Wahlberechtigte nur 25 Jahre danach davon keinen Gebrauch machen«, sagte der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende. »Erleichtert bin ich, dass die NPD dennoch nicht wieder in den Landtag gewählt worden ist.«
Der Landesbischof äußerte die Hoffnung, dass die anstehenden Gespräche und Koalitionsverhandlungen zu einer Regierung führen werden, die auf dem Bestehenden aufbaut und notwendigen Neuanfängen nicht ausweicht. »Vieles wurde erreicht und in Sachsen kann man ein gutes Leben führen. Es bleiben aber gerade im Bildungs- und Sozialbereich noch viele Anstrengungen, um Verbesserungen herbeizuführen«.
Allen gewählten Abgeordneten gratulierte der Landesbischof zu ihrer Wahl in den 6. Sächsischen Landtag. »Die Parteien haben den Auftrag, die Politik in unserem Land mit zu gestalten. Dieser Verantwortung nachzukommen, erfordert ein hohes Maß auch an ehrenamtlichem Einsatz, für das wir als Wahlberechtigte nur dankbar sein können.«
Vielleicht ist das Wahlsystem zu überdenken.
Ich habe schon seit einiger Zeit kein Wahllokal mehr betreten. Dennoch immer gewählt. Durch Auslandsaufenthalte nutze ich die Briefwahl, aber auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich am Wahltag Zeit habe. Daher eine vielleicht etwas provokante Frage:
Ist es nicht einfacher, anstelle der Wahlbenachrichtigungen gleich die kompletten Wahlunterlage - also die der Briefwahl - zu senden?
Immerhin würde der Aufwand mit den vielen Wahllokalen entfallen. Weiterhin denke ich, dass die Wahlbeteiligung steigen würde; und das ist das Entscheidende.
Meinen Sie wirklich, die Leute würden sich die Mühe machen (und eventuell noch Briefmarken verschwenden!)?
Wofür auch?
Ja, die Wahlbeteiligung kann man als enttäuschend werten. Wenn ich daran denke, das wir uns vor 25 Jahren danach gesehnt haben, frei wählen zu dürfen und endlich unterschiedliche Parteien zu haben und keinen Einheitsbrei, so bin ich auch über die geringe Wahlbeteiligung traurig.
Es gibt aber auch die Kehrseite der Freiheit und die besteht darin, das man sich verweigern kann, wenn man möchte.
1989 und 1990 waren Jahre des begeisterten Aufbruchs. Ich erinnere mich noch daran, wie diejenigen, die bei dem Vereinigungsparteitag der drei großen sächsichen Bezirksverbände der CDU Tränen in den Augen hatten, als wir gemeinsam die Sachsenhymne gesungen haben. Ich erinnere mich noch an die vielen Sachsenfahnen, die überall wehten, selbst bei einigen, die zuvor immer die rote Fahne rausgehangen haben.
Doch heute ist der Lack ab.
Welcher Politiker hört den den Menschen an der Basis zu? Welcher nimmt das, was die Menschen bewegt ernst? Wo fühlen sich die Sachsen, in Sachsen, noch mit ihrem Anliegen vertreten?
Viele Menschen haben das Gefühl, das ihnen das, was wichtig zu sein hat, aufgenötigt wird.
Wo sehe ich heute an einem normalen Wohnhaus noch eine Sachsenfahne?
Mancher fühlt sich auch von der Politik, die einst gewählt wurd,e verraten, weil der Heimatgedanke den Radikalinskis überlassen wurde. Auf einem unserer ersten Wahlplakate hier stand: "Sachsen, unsere Heimat; Deutschland unser Vaterland; Europa unsere Zukunft." Das war ernst gemeint. Für viele Menschen heute klingt es wie Ironie.
Schade, das es so ist. Traurig, aber irgendwie kann ich die Menschen verstehen.
Gert Flessing
Die Trauer um den großen Verlust an Folkloristischem ist ganz meinerseits, verehrter Herr Flessing. Der Lack ist tatsächlich so was von ab, dass es nun noch nicht mal eine Sachsenhymne gibt. Und auch nie gab. Sagen Historiker. Und denken Sie nur, die Sachsen wollen auch gar keine. Sagt zumindest die Staatskanzlei in ihrer Imagebroschüre. Was hat denn die sächsische CDU da geträllert seinerzeit? "Gott segne Sachsenland" auf die schöne Melodei von "Heil Dir im Siegerkranz"? Oder doch eher "Gott sei mit dir mein Sachsenland"? Na egal, dafür gab´s ja am Wochenende wieder den "Tag der Sachsen" fürs Herze. Da hätten Sie hinfahren müssen Verehrter, da hätten Sie dann grün-weiße Flaggen zur Genüge sehen können, auch an Wohnhäusern, jawoll!
Lieber Aufrechter, irgendwo habe ich noch die Verfassung, die sich unser Freistaat einst gegeben hat. Da steht auch die Sachsenhymne drin. Welche es war, weiß ich heute auch nicht mehr.
Aber würde so etwas dem Image unseres Landes schaden?
Ach wissen Sie, es gibt Veranstaltungen, die muss man nicht mitmachen. Im Gedränge der Menschenmenge fühle ich mich nicht so sonderlich wohl. Zumal ich an manchen Tagen auch mal was tun darf.
Freilich habe ich eben auch bemerkt, dass die Euphorie von einst recht schnell verpufft ist.
Da frage ich mich schon, ob die Menschen, die sich verweigern, merken, was sich alles gut entwickelt hat.
Ich bin dankbar, das ich die Wende erleben konnte und den Aufschwung, den unser Land, ja den Europa genommen hat. Im Urlaub bin ich drei Wochen durch Polen gefahren. Auch dort ist die positive Entwicklung deutlich zu merken. Was ich dort nicht fand und was ich auch nicht vermisste, war das ewige und oft wehleidige Nörgeln, das mir hier manchmal begegnet und die Lustlosigkeit, mir der mancher hier so sein ding macht.
Gert Flessing
Herr Bischof, da machen Sie es sich aber mit der Belehrung für die Nichtwählern einfach. Erst päppeln die westdeutschen Schlapphüte (Verfassungsschützer) flächendeckend im Osten die NPD hoch und nun sollten wir durch hohe Wahlbeteiligung dafür sorgen, dass sie aus dem Landtag fliegen. Hätten Sie lieber zur Wahl geschwiegen. Noch zu den (gut bezahlten) Verfassungsschutz-Beamten: Sickert doch nun durch, dass sie um ihre teure Daseinsberechtigung zu beweisen nicht nur hier die NPD päppelten, sondern auch die mordende NSU ermöglichten. Ohne diese egoistischen Verfassungsschützer, hätten die ostdeutschen Jugendlichen Böhnhardt und Mundlos sich möglicherweise nicht zu Mördern entwickeln können.
L. Schuster
Natürlich war die NPD auch wegen den Versagen der etablierten Parteien in den Landtag gekommen. Ein Spuk der nicht vorbei ist, denn sie haben mit 4,95% den jetzt nur knapp verfehlt und das trotz AfD. Die ja jetzt eine echte Alternative darstellte. Die, wie auch die geringe Wahlbeteiligung kein „wehleidige Nörgeln“ darstellen, wie Herr Flessing es uns im Verhältnis zu den Polen unterstellt. 50,8% Nichtwähler und 1,8% Wähler die den Stimmzettel ungültig machten hat einzig damit zu tun, dass Politiker aller jetzigen Parteien ihr Vertrauen verspielt haben. Landesbischof Bohl sollte da jetzt vom Wahlvolk nicht enttäuscht sein. Solche öffentlichen Unmutsäußerungen, die er ja über diese Politiker auch nicht macht, kommen schlecht an. Die Kirche macht sich so zu sehr zum Bestandteil der Politik.
Lieber Herr Schuster, auch ein Bischof darf eine Meinung haben und er darf sie auch äußern. Er hat sie wesentlich qualifizierter geäußert als manches sonst, was da zu lesen ist.
Man muss seine Meinung nicht teilen, aber man sollte sie respektieren.
Die geringe Wahlbeteiligung hat schon etwas mit einer "es ändert sich eh nichts" Mentalität zu tun.
DAS ist Nörgeln. Dieses ganze hinter der DDR - Herrlichkeit herjammern und dieses ständige Gelaber, wie schlimm heute alles sei. Wenn der Mehrheit die Momentane Politik nicht past, dann hätten die 50,8% Nichtwähler aufstehen sollen und meinetwegen die "Piraten" wählen. Vielleicht würden sie dann besser bedient werden.
So sollen sie das hinnehmen, was, ohne ihr Mitwirken, halt über sie kommt und bei ihnen bleibt.
Was nun die Kirche anbelangt, so ist sie, wie alles und wie jeder, Bestandteil der Politik.
Ja, auch die Verweigerer sind es, ob sie es den wollen oder nicht.
Gert Flessing
Lieber Herr Flessing, sicher gehört es sich, dass man wählen geht. Aber manchmal, noch dazu bei einer Landtagswahl muss man verstehen wenn sich Wähler der Stimme enthalten. Wenn hier nur 49 % wählen gingen und noch 2% den Zettel durstrichen, sind sie bestimmt nicht so zu kritisieren. Als hätte Bohl Idioten vor sich, „ Wahlrecht ist ein hohes Gut“. Dazu, „Das während der friedlichen Revolution errungen wurde“, also mit einer Irreführung. Wo doch die Wahrheit ist, dass wir die Demokratie bekamen, geschah einzig aufgrund des Verrats von Gorbatschow an der DDR bzw. ihren Diktatoren und durch Helmut Kohl bzw. dem Westen.
Schuster
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Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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