Lieber Herr Roth,
vielen Dank für Ihresn sachlichen, in manchen Dingen aber auch erhellenden Betrag.
Ich "freue" mich schon auf die Reaktionen darauf!
Der überraschende Bischof
In der längsten Bischofswahl Sachsens gewann knapp der konservative Carsten Rentzing. Wie kam es dazu – und was sagt das über die Situation der Landeskirche?Plötzlich stand Energie im Raum. Hitzige Diskussionen in kleinen Gruppen, Kopfschütteln, lauter wurde es auch. Drei erfolglose Wahlgänge brauchte die Synode, bis den meisten in ihr klar wurde: Diese Wahl wird sehr knapp, sehr lang – und sie wird sehr viel sagen über die augenblickliche Lage der Landeskirche.
Sie bot das ganze Panorama. Und rüttelte es zugleich gehörig durcheinander. Ging es um einen Lager-Wahlkampf zwischen so genannten Liberalen und Konservativen? Wäre es so, wäre der Ausgang klar gewesen: Der Sächsischen Bekenntnisinitiative, die sich gegen den Kirchenleitungsbeschluss zur Öffnung von Pfarrhäusern für homosexuelle Paare stark gemacht hatte, stehen nur höchstens 15 von 80 Synodalen nahe.
Doch vom ersten Wahlgang an lag überraschend der auch in dieser Frage konservative Markneukirchener Pfarrer Carsten Rentzing – dem Beobachter wie viele Synodale nur Außenseiterchancen zumaßen – mit über 33 Stimmen im Vorsprung. Viel spricht dafür, dass dies in erster Linie kein Votum etwa gegen eine Öffnung in Sachen Homosexualität war – sondern für einen Theologen mit Profil, freundlichem Mut zur Kante und einen Mann der Gemeindebasis. Nicht wenige Synodale, die durchaus nicht in allen Punkten eins sind mit Rentzing, unterstützten ihn deshalb. Eine Mehrheit aber fehlte ihm.
23 Synodale stimmten im dritten Wahlgang am Sonnabendnachmittag für Landesjugendpfarrer Tobias Bilz, 17 für die Dresdner Pfarrerin Margrit Klatte und vier für Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer. Deren Anhängern waren es, die am heftigsten diskutierten: Sie wollten einen etwa in der Frage der Homosexualität konservativen Kandidaten verhindern – doch auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können sie sich nicht. Den einen war dieser Kandidat zu nebulös, den anderen jener zu wenig theologisch – oder zu hochtheologisch. Oder es gab menschliche Dissonanzen.
Geschlossene Reihen gab es nicht einmal unter den Frauen. 28 weibliche Synodale wählten mit, doch die erste mögliche Bischöfin Margrit Klatte erhielt im vierten Wahlgang am Sonnabendabend nur noch zwölf Stimmen. Die Zustimmung zu Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer war von zehn Stimmen im ersten Wahlgang auf zwei am Abend ebenfalls geschmolzen – offenbar zugunsten von Tobias Bilz, der mit 31 Stimmen nah an Carsten Rentzing heranreichte. Aber eben nur fast.
Vor der Stichwahl zwischen Rentzing und Bilz lag eine harte Nacht für einige Synodale. Mit vielen Gesprächen, mit Zweifeln, Gewissensfragen. Das Ergebnis am Sonntagvormittag: Fast die Hälfte der Klatte-Wähler wechselten zu Rentzing, der mit 39 Stimmen nur noch zwei Wähler mehr gewann als Bilz. Doch drei Synodale konnten sich für keinen der beiden Kandidaten entscheiden und machten damit eine Mehrheit unmöglich.
Nun stand viel auf dem Spiel: Die Wahl, der Zeitplan – und das öffentliche Bild der Landeskirche. Wieder Gespräche. Wieder Gewissensfragen.
14.57 Uhr das Ergebnis des sechsten Wahlgangs: Ein Synodaler wechselte zu Carsten Rentzing – diese 40. Stimme brachte die Mehrheit. 38 Synodale stimmten für Tobias Bilz, eine Stimme war ungültig. Carsten Rentzing atmete tief durch.
Neben ihm saß der knapp unterlegene Landesjugendpfarrer und reichte ihm die Hand, dann ging er leise davon, während die Gratulanten Aufstellung nahmen. Manche Gesichter strahlten. Andere waren gerötet.
Bis knapp vor den letzten Wahlgang hatten Synodale Gott um eine weise Entscheidung gebeten – nach der Wahl hatten einige sichtlich Mühe mit ihr. Der künftige Bischof versprach ihnen in seinen ersten Worten, »ein offenes Ohr und ein offenes Herz« haben zu wollen für jeden in der Landeskirche. »Ich reiche Ihnen allen die Hand.«
Wie der künftige Landesbischof Carsten Rentzing seine Kritiker überzeugen will, seine Kinder sein Amt mitprägen werden – und warum vielleicht gerade Konservative einen Sprung nach vorn ermöglichen können, lesen Sie im SONNTAG-Digital-Abo hier.
Zu Trinitatis gabs ein Lob auf Nikodemus, den Distanzierten. Könnte mein Platz die nächsten 12 Jahre werden, Sachsen ist zwar meine körperliche, nicht aber meine geistige Heimat. Haben eine nette katholische Partnergemeinde, die verstossen mich bestimmt nicht.
scheint die Sachsen haben den rotgrüne Irrweg satt.
Damit es nicht im Wust der Wortmeldungen im anderen Thread untergeht (und zustimmend nochmals eingestellt!):
Albrecht Häußler schreibt:
03. Juni 2015, 11:54
Sehr geehrte Frau Graul,
danke für Ihre Stellungnahme, denn sie spricht mir aus dem Herzen. Besonders gefällt mir, dass Sie mit vollem Namen für Ihre Meinung stehen!
Ihre Gefühlslage entspricht auch der meinen. Statt einer Reaktion wie "es geht ja nur um einen Landesischof" war ich tief schockiert und deprimiert. Zumindest war ich auf diese Entscheidung nicht vorbereitet.
Kurios fand ich einen "freudschen Verschreiber" in der Onlineausgabe der sächsischen Zeitung, der inzwischen korrigiert wurde. Es wurde der frisch gewählte Landesbischof mit der Bitte "um ein Quäntchen Gehorsam" zitiert. Der Autor oder die Autorin hat wohl intuitiv erfasst, was nach Herrn Dr. Rentzing "Vertrauen" bedeutet.
Was mir Angst macht ist eben diese Frömmigkeitsrichtung, die aus Autorität und Gehorsam besteht. Eine einseitige und willkürliche, mit kulturellen Vorurteilen belastete Schriftauslegung wird als "die Wahrheit" tituliert, der mit der Strafe des Verlusts der ewigen Seligkeit unbedingt Gehorsam zu leisten ist. Alle andere Herangehensweise an die Bibel stehen sowieso unter Höllenstrafen.
Wie meine Wortwahl zeigt, braucht diese Art von Gehorsam vor allem die Angst vor Sünde, Tod und Teufel als Motivation. Dieser Angst wegen ist ein Abweichen von den Grundaussagen der evangelikalen Richtung zur Schöpfung, zum Bibelverständnis und zur Homosexualität oder die Toleranz abweichender Meinungen völlig ausgeschlossen. Da diese eingeengte Wahrnehmung als "die Wahrheit" empfunden wird, wird erbittert für sie gekämpft.
Das muss nicht alles auf den künftigen Landesbischof Dr. Rentzing zutreffen. Bei der Vorstellung in der Leipziger Peterskirche fiel er als besonders kluger Taktiker auf. Auf kritische Fragen antwortete er
1. ganz formal: Er sei nicht Mitglied der Bekenntnisinitiative. Das mag stimmen. Aber als Inspirator und als deren Vertreter im Gesprächsprozess ist er inhaltlich mitten drin (gewesen). Dennoch hat seine Aussage ihn für Synodale wählbar gemacht, die nicht zum engen Kreis der Bekenntnisinitiative gehören.
2. inhaltstfrei: Direkt auf seine Stellung zu gelebter homosexueller Liebe angesprochen, sprach er mit sorgenvoller Miene, dass dieses Thema zu komplex sei, um es "plakativ" zu beantworten. Er vermied eine Positionierung, was gutwillige Hörer und Hörerinnen als eine vorsichtige Abkehr von der Bekenntnisinitiative interpretieren können. Auch damit wurde er für weitere Kreise wählbar.
3. Theologisch stellte er sich als Lutheraner vor. Erst beim späteren Nachlesen von Veröffentlichungen Dr. Rentzings im Internet bemerkte ich den großen inhaltlichen Unterschied zu dem, was ich an Luther und der Reformation schätze. Spüre ich beim Wirken Martin Luthers vor allem die Freiheit des Gewissens und des Geistes, für die er ein großes Tor geöffnet hat, so bezieht sich Dr. Rentzing im Wesentlichen auf die Konkordienformel. In dieser späten Bekenntnisschrift wird zementiert, was rechtgläubiges Luthertum ist. Die Verpflichtung auf die Bekenntnisschriften für evangelische Pfarrer wird dann nicht im Geist der Freiheit verstanden, sondern im Geist unbedingten Gehorsams. Das bedeutet auch, dass das spätmittelalterliche Weltbild, das Luther und seine Freunde trotz aller Aufbrüche prägte, maßgeblich für alle lutherischen Christen sein soll oder gar muss.
Wenn ich mich nicht sehr irre, zeigen diese Überlegungen, welcher Geist durch die Landeskirche in den nächsten zwölf Jahren wehen wird. Dennoch will ich darauf vertrauen, dass auch bei schwierigen und kritischen Entscheidungen der Heilige Geist wirkt. Dieser Geist verdammt die "Schwachen" nicht, die sich an Autorität und Gehorsam klammern. Aber dieser Geist macht vor allem Mut, den eigenen Glaubensweg in freier Verantwortung vor Gott weiterzugehen. Ich hoffe sehr, dass der Geist der Freiheit auch überall wehen wird, wo Christen mit dem neu gewählten Landesbischof zusammentreffen.
In dem Punkt stimme ich Ihnen sehr zu: Dr. Rentzing hat jetzt eine Bringeschuld. Er muss die Gräben, die er durch die Unterstützung der Bekenntnisinitiative aufgerissen hat, selbst wieder verfüllen, will er glaubwürdig Landesbischof sein. Ich habe die leise, vielleicht naive Hoffnung, dass er auch der richtige Mann (!) dafür ist. - Anmerkung: Das Ausrufezeichen steht dafür, dass eine Frau an der Spitze der Landeskirche im konservativ geprägten Sachsen auf lange Zeit nicht akzeptiert werden wird.
Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Häußler, Pfarrer
Richtig, Bischof Rentzing wurde demokratisch gewählt und das ist gut und richtig so und alle Anhänger anderer Kandidaten haben das zu akzeptieren. Aber sich im Vorfeld offen gegen Beschlüsse der EKD zu stellen ist in meinen Augen auch nicht sehr demokratisch. Wenn er dies als Pfarrer aufgrund SEINER Auslegung des Luthertums in SEINER Gemeinde nicht kann ist es das etwas anders, dann gehen die, die das anders sehen, eben woanders hin. Aber als Bischof steht er eben für alle sächs. Christen. Es wurde geschrieben, wir sollen ihn nicht allein an seiner Haltung zur Homosexualität messen. Ja, ich habe mir seine anderen Positionen ebenfalls durchgelesen, aber es ist schwer, ihn nicht an einem Thema zu messen, welches von ihm selbst so leidenschaftlich abgehandelt wurde.
In der Landeshauptstadt tobt gerade ein Streit um drei aufgezogene Regenbogenfahnen und den damit begangenen Verstoss einer Ministerin gegen die Flaggenordnung. Welches Gewicht hat ein EKD-Beschluss, welches eine Flaggenordnung? In einer Demokratie sollte es auch immer genug Freiraum für die Nicht-Mehrheitsmeinung geben. Als (Noch-)Protestant fühle ich mich von katholischen Kirchentagen ja auch kein bisschen diskriminiert.
@Herr Häußler, Sie machen mir Mut, auch wenn ich die Wortwahl für etwas überspitzt halte.
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Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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