Sehr geehrter Herr Lamprecht,
es mag durchaus so sein, dass es an meiner katholischen Erziehung liegt, dass ich bei Ihrem Text mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem Kopfschütteln vor dem Bildschirm saß.
Ich gehe mal von der Hypothese aus, dass auch in der evangelischen Kirche die Lehre von der Trinität Gottes gelehrt wird.
Falls ich mich hier irren sollte, korrigieren Sie mich bitte.
Ich gehe ferner davon aus, dass auch die Omnipotenz Gottes eine Glaubenslehrsatz der ev. Kirche ist.
Wenn also Gott, der gleichzeitig Vater, Sohn und heiliger Geist ist, den Sohn auf die Erde geschickt hat, um uns unsere Sünden durch seinen Tod am Kreuz zu vergeben, an welcher Stelle lesen Sie, dass Jesus in Ungewissheit ob seines Schicksals, eine Wahl gehabt hätte?
Er ist immerhin ein Teil der Trinität, die sich das Ganze doch noch vor der Menschwerdung Jesu ausgedacht hat, oder?
Soweit ich die Geschichte um den Garten Gethsemane verstanden habe, war sich Jesus in jeder Phase seines Lebens zweier Dinge immer bewusst, erstens, dass er der Sohn des Vaters ist und zweitens, dass er das Opferlamm ist. "Lasse diesen Kelch an mir vorübergehen, doch Dein Wille geschehe."
Das klingt nicht nach Wahlfreiheit, oder?
Für mich klingt das nach ultimativem Gehorsam.
Wenn Jesus an irgendeiner Wegegabelung zu einem seiner Jünger gesagt hätte, lass uns den Weg von Jerusalem weg nehmen, welchen Sinn hätte dann wohl die Geschichte um Jesus noch gehabt.
Jesaja 53, ist das wirklich Ihr werter Ernst?
Haben Sie sich den Text mal durchgelesen?
Da ist von einer missgestalteten, kranken und ungeliebten Person die Rede.
Das deckt sich nicht mal entfernt mit den Beschreibungen Jesu in der Bibel, die ihn auf der Hochzeit zu Kana als einen willkommenen Gast beschreibt.
Jesus hatte sich zwölf Jünger gesucht und es zogen manchmal hunderte Menschen hinter ihm her, um ihn reden zu hören.
Das ist schwerlich der Mann, von dem Jesaja schreibt, dass man sein Anlitz vor ihm verbirgt, weil man ihn nicht anschauen mag.
Der Jesaja, den ich gelesen haben, schreibt von einem Mann, an dem Gott wegen seiner Duldsamkeit gefallen gefunden hat und ihn deshalb von den Toten erweckte.
Er sollte teilhaben an der Beute der Großen, er sollte also für seine Leiden entlohnt werden.
Da steht kein Wort davon, dass der Mann, von dem hier die Rede ist, Gottes Sohn ist.
Sicherlich beschreibt Jesaja einen Mann, der vor Gott besteht, weil er alle Leiden und Prüfungen erduldet hat.
Aber nur weil dort im Text ein Lamm als Metapher für eine besonders duldsame Kreatur genannt wird, macht das den Text nicht zu einer Prophezeiung für das Erscheinen eines Messias Jesus von Nazaret.
Der Text beschreibt vielmehr, nach alter jüdischer Tradition, in den schillernsten Farben, wie ein wahrer Gläubiger, ein Mann nach Gottes Willen zu sein hat.
Und den lässt der Herr vorher üblicherweise auf Eisen und Stein beissen.
Biblische Prinzipien...ich hoffe sehr, dass ich nie erleben werde, dass das zum Masstab unseres Zusammenlebens wird.
Versuchen Sie bitte mal das erste Gebot mit der Religionsfreiheit aus unserem Grundgesetz in Einklang zu bringen.
Darauf wäre ich wirklich sehr gespannt.
Was ist mit der Gleichstellung von Mann und Frau? Biblisch ist, dass der Mann der Herr über die Frau ist, so wie Gott der Herr über den Mann ist. Das steht so in jeder Bibel, die ich jemals in Händen hatte.
Steinigen wir dann unsere ungehorsamen Kinder und Menschen wie mich, die am Sonntag Notdienste anbieten?
Ich denke, ich weiß, was Sie mit "biblischen Werten" meinen, aber die heißen seit der Aufklärung humanistische Werte.
Und nach denen will ich gerne mein Leben ausrichten.
Mit freundlichem Gruß
Marco Krieger
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