Ja, so ist Recht, zum Reformationsjubiläum muß Alles rausgekramt werden, was man irgendwie Negatives am Luther finden kann!
Wie schön wäre es, am 9. November nur der epochalen Maueröffnung von Berlin zu gedenken. Doch wie ein Stachel im Fleisch der Deutschen bleibt der 9. November auch das Datum des Novemberpogroms von 1938.
Auch auf die evangelische Kirche wirft dieser Tag einen dunklen Schatten. Schließlich befeuerte der abscheuliche Judenhass Martin Luthers die antisemitische Hetze der Nationalsozialisten. Das Internationale Auschwitz-Komitee erklärte gerade, dass es auch der Bezug der Nazis auf Luther gewesen sei, der zum deutschlandweiten Niederbrennen der Synagogen in der Nacht vom 9. auf den 10. November – dem Geburtstag Luthers – geführt habe.
Das Komitee fordert eine kritische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus des Reformators. Denn es bestürze die Überlebenden des Holocaust bis heute, dass Hass und Ausgrenzung ihnen gegenüber auch in den antisemitischen Untiefen des Reformators beheimatet und verwurzelt waren, so das Komitee.
Doch wie umgehen mit dem schweren Erbe? Sollte etwa das unerträgliche Schmähbild der »Judensau« von der Wittenberger Stadtkirche entfernt werden, wie jüngst verstärkt gefordert wurde?
Es ist das alte Schlingern zwischen Verdrängung und Erinnerung, das den Umgang mit deutscher Geschichte seit je auszeichnet. Ein einfaches Entfernen des Schmähbildes allein dürfte nicht reichen. Der wunde Punkt muss wund bleiben. Doch neue Formen des Erinnerns sollten in der nun vierten Generation nach dem Holocaust erprobt werden. Statt die Wittenberger »Judensau« einfach verschwinden zu lassen, könnte ein Kunstwettbewerb nach einer künstlerischen Einbettung des Schmähbildes suchen, in der Erinnerung, Mahnung und Verurteilung neu sichtbar gemacht werden.
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