Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat davor gewarnt, durch medizinische Einflussnahme genetisch verbesserte Kinder schaffen zu wollen. Es sei ein Täuschung zu meinen, dass Kinder durch eine veränderte genetische Ausstattung ein glücklicheres Leben führten, sagte der frühere Berliner Bischof am Dienstag in Hannover bei einer Debatte zu ethischen Fragen der Reproduktionsmedizin. Entscheidend seien die Lebensbedingungen und die elterliche Liebe, die das Kind erfahre.
Zudem wandte sich Huber gegen die »verbrauchende Forschung« mit Embryonen oder Eizellen. »Aus jedem Embryo kann ein Mensch werden, zu dem man Du sagen kann«, unterstrich er. Es sei wichtig, bei technischen Neuerungen etwa in der Medizin auch immer mögliche negative Folgen im Blick zu haben. Die Podiumsdiskussion fand anlässlich eines Lehrkräfte-Forums der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers statt, zu der rund 700 Lehrerinnen und Lehrer ins Kongresszentrum kamen.
Die gesetzlichen Regelungen zu Gentests an künstlich erzeugten Embryonen in Deutschland seien ausreichend, sagte Huber. Mit den Tests könne verhindert werden, dass sich schwere Erbkrankheiten der Eltern bei den Kindern fortsetzten. Würde diese sogenannte Präimplantationsdiagnostik (PID) jedoch nicht reguliert, bestünde die Gefahr, dass Mediziner auch andere Eigenschaften entfernen oder hinzufügen könnten. Dies liefe auf »Selektion« und »Humandarwinismus« hinaus. Menschen mit genetischen Krankheiten hätten die gleiche Würde und das gleiche Lebensrecht wie alle anderen, betonte Huber.
Die Göttinger Medizinethikerin Claudia Wiesemann kritisierte, dass sich nur wohlhabende Menschen eine Erlaubnis zur PID leisten könnten. Menschen mit schwerwiegenden Erbkrankheiten müssten sich bei Interesse an den Gentests vorher unter anderem an eine Ethik-Kommission wenden, deren Votum rund 3000 Euro koste. »Und die Kosten der medizinischen Behandlung sind da noch nicht drin«, sagte die Professorin.
Wiesemann ist auch stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. Die hannoversche Oberärztin Cordula Schippert ergänzte, nur ein bis zwei Prozent aller PID-Anfragen in Kinderwunschzentren führten letztlich zu dieser medizinischen Behandlung.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.