
Der Igel ist in einer Abstimmung der Heinz Sielmann Stiftung zum »Gartentier des Jahres 2020« gewählt worden. Unter sechs zur Wahl stehenden Tieren entschieden sich 31,75 Prozent der Teilnehmer für den Braunbrust-Igel, teilte die Stiftung am Mittwoch in Berlin mit. Die Wahl fand zum zehnten Mal statt. Diesmal beteiligten sich 7.819 Naturfreunde – ein Teilnehmerrekord. Zwischen 17. April und 1. Juni konnten Interessierte online abstimmen.
Mit der Aktion will die Stiftung auf den dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt hinweisen. Auf Platz zwei nach dem Igel kam bei der Abstimmung die Gehörnte Mauerbiene (23 Prozent), gefolgt vom Gartenrotschwanz (17,23 Prozent). Der Igel sei inzwischen europaweit in Bedrängnis geraten, erklärte die Stiftung. Lange hätten die Bestände als gesichert gegolten. In Wahrheit gehe die Zahl der Igel aber spätestens seit Mitte der 1990er Jahre stark zurück. Bis heute sei der Bestand regelrecht zusammengebrochen. Die Gründe für den Rückgang seien vielfältig und reichten vom Insektensterben über die Zerstörung der Lebensräume und intensivere Landwirtschaft bis hin zum Klimawandel.
Der Bestand der Igel lässt sich nach Angaben der Stiftung anhand der Verkehrsopfer einschätzen: Viele tote Igel am Straßenrand deuteten auf einen hohen Bestand hin, wenig tote Igel auf einen Niedrigen. Bis heute sei der Bestand regelrecht zusammengebrochen, so die Stiftung. Die Gründe für den Rückgang seien vielfältig: Die Igel leiden besonders unter dem Insektensterben, denn sie finden immer schwerer ausreichend Nahrung. Auch die Zerstörung der Lebensräume, die intensivere Landwirtschaft und der Klimawandel spielen eine Rolle: Wird es zwischen November und Februar zu warm, wachen die Winterschläfer zu früh auf und verlieren bei der Nahrungssuche zu viel Energie.
In jüngster Zeit sind den Angaben zu Folge neue technische Gefahren hinzugekommen: Mähroboter machen vor kleinen, zusammengerollten Igel nicht Halt. Auch Laubbläser und Motorsensen sind eine Gefahr für die Tiere. Die Zahl der Igel, die mit schlimmsten Verletzungen zu Auffangstationen gebracht werden, hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Mähroboter sollten am späten Nachmittag wieder die Ladestation aufsuchen und nachts ihre verdiente Pause bekommen. Vor dem Einsatz von Motorsensen, soweit er denn absolut nötig ist, sollten Hecken, Holzstapel oder Reisighaufen nach Igeln abgesucht werden.
Igel lassen sich dort nieder, wo sie genügend Nahrung und Versteckmöglichkeiten finden. Da seien auch Kommunen gefragt, die Friedhöfe und Parkanlagen pflegen – und Gartenbesitzer. Wer Schneckenkorn im Garten ausbringt, darf sich nicht wundern, dass keine Igel unterwegs sind. Beinahe jedes Ordnungsstreben im Garten schade den Igeln. Ein kurz geschorener Rasen biete keine Nahrung und keine Deckung für Insekten und damit auch nicht für Igel. Die Wildtiere profitierten davon, wenn sich wenigstens in einigen Bereichen der Gärten richtige Wiesen entwickeln können. Alles, was möglichst naturnah ist, hilft: Der Verzicht auf Pestizide, das Verwenden heimischer Pflanzen und Gehölze, weil heimische Insekten nur mit diesen auch etwas anzufangen können. Und nur, wenn es genug „Schmuddelecken“ im Garten gibt, wo das Laub nicht weggefegt wird, wo ein paar Äste herumliegen dürfen, finden Igel genügend Möglichkeiten, sich ein Nest für den Tag und für den Winterschlaf zu bauen.
»Jeder Gartenfreund kann selbst etwas für das Gartentier des Jahres tun«, erklärt Nora Künkler, Biologin bei der Heinz Sielmann Stiftung. »Die aktuellen wissenschaftlichen Ergebnisse zum Zustand der biologischen Vielfalt zeigen, dass wir auf einen dramatischen Wendepunkt zusteuern, wenn wir den Verlust der Artenvielfalt nicht jetzt aufhalten. Jeder zweite Haushalt besitzt einen Garten, das sind etwa 20 Millionen Gärten in Deutschland. Allein alle Kleingärten, etwa eine Million insgesamt, bedecken eine Gesamtfläche von 40.000 Hektar. Gärten haben eine wichtige Funktion als Ersatzlebensräume und Trittsteine für Tier- und Pflanzenarten. Gärtner müssten sich ihrer Verantwortung für den Artenschutz bewusst sein. Mit einer naturnahen Gestaltung können sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten«, so Künkler. Im naturnahen Garten sollte auf Insektizide, Pflanzenschutzmittel und chemische Dünger verzichtet werden. Durch die kluge Kombination von Pflanzenarten liese sich ihre natürliche Abwehr stärken. Wilde Ecken im Garten bieten Nahrung und Rückzugsräume für Tiere. Totholzstapel etwa werden zum Winterquartier für Erdkröte oder Igel. Blumenwiesen statt Golfrasen locken Nützlinge wie Schmetterlinge, Käfer oder Hummeln in den Garten und bedeuten Zeitersparnis für den Gärtner. Statt den lärmenden Mäher über den Rasen zu schieben, kann der sich im Liegestuhl zurücklehnen und das bunte Treiben im Garten beobachten.