Lebensgeschichten suchen
Tilo von Ameln sucht nach Material zur Geschichte von Frauendienst und Innerer MissionDie Festplatte ist handlich. Man sieht ihr nicht an, wie viel Geschichte der Wohlfahrtsverbände in Sachsen auf ihr gespeichert ist. Seit mehr als 30 Jahren trägt Tilo von Ameln alles zusammen, was er an historischen Dokumenten bekommen kann und digitalisiert es – Bücher, Berichte, Zeitschriften und Periodika, Biografien. Ganz besonders aber interessieren ihn Fotos und Filme. Mit Lebensgeschichten und Bildern nämlich werde Geschichte anschaulich – für alle, sagt er. Wie viele Texte über die Vergangenheit von Vereinen oder Verbänden habe er nicht schon gelesen, die ihm dröge vorkamen.
Dabei sollte es doch einleuchtend sein, dass Sozialarbeit von Menschen geprägt wird. Von ihnen also müsse die Rede sein. »Mich interessiert immer: Wo kommen diese Leute her? Welche Lebensgeschichte haben sie?«
Vielleicht liegt es daran, dass Tilo von Ameln, Jahrgang 1961, aufgewachsen in Dresden, nicht von Berufs wegen Historiker ist, sondern einer aus der Praxis: Als Christ und Waffendienstverweigerer, ohne Chance auf ein Abitur, studierte er in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre Sozialarbeit beim Bund der Evangelischen Kirchen der DDR in Potsdam. 1990 gründete er in Dresden den Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO), leitete später den Landesvorstand der Johanniter, als Verwaltungschef die Reha-Kliniken Heidehof der Diakonie bei Steinbach und in Gohrisch. Seit 2017 vermietet er zusammen mit seiner Frau Ferienwohnungen.
Etwa 34 Gigabyte Material zu mehr als 2000 Personen umfasst seine Datenbank. Ein Schwerpunkt ist die »Innere Mission«, in Sachsen 1867 gegründet, seit 1990 Diakonisches Werk. Zu deren Direktoren bewahrt Tilo von Ameln historische Dokumente auf. Von Friedhelm Merchel (1930–2021) beispielsweise, Oberkirchenrat und Diakonie-Direktor bis 1995, hat er neben einem Buch, Jahresberichten, vor allem dessen Lebenslauf, Fotos und Fernsehberichte.
Hochinteressant findet er auch Esther von Kirchbach (1894–1946), die manche die »Mutter der Landeskirche« nannten. »Sie hat sich damals als Frau in eine von Männern dominierte Welt eingebracht.« Der 1907 gegründete Christliche Frauendienst, Vorläuferorganisation der heutigen Evangelischen Frauenarbeit, sei zu einer kirchlichen Emanzipationsbewegung geworden. »Nach 1918 haben sie mit den Frauen die freie Rede geübt, damit die sich in Versammlungen zu artikulieren getrauten. Sie sind in Kirchgemeinden gegangen, haben Vorträge über Kindererziehung und Sexualität gehalten, das, worüber damals nicht gesprochen wurde.« Er sammle nicht nur Material über Persönlichkeiten, sagt Tilo von Ameln. »Ich stelle Zusammenhänge her. So bekommt man neue Erkenntnisse, warum welche Entscheidung getroffen wurde.«
Was er jetzt sucht: Bilderreihen auf Filmmaterial und Dias zur Arbeit der Inneren Mission, des Christlichen Frauendienstes und der Landeskirche. »Seit 1930 wurden zu Werbe- und Informationszwecken Filme und Bilderreihen produziert. Die muss es noch irgendwo geben.« Mit historischen Fotos könne man schon viel erzählen, meint er. »Aber bewegte Bilder sind noch was anderes.«
Kontakt: Tilo von Ameln: tilo.v.ameln@t-online.de, Tel. 01 51-61 37 87 04
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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