
In einer Kirche der Zeugen Jehovas in Hamburg sind am Donnerstagabend tödliche Schüsse abgegeben worden. Bei der Gewalttat im Stadtteil Groß Borstel gab es nach Polizeiangaben mehrere Tote und Verletzte. In der Nacht hieß es, in einem Gemeindehaus sei eine leblose Person aufgefunden worden, bei der es sich um den Täter handeln soll. „Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat dauern an“, hieß es weiter.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter: „Schlimme Nachrichten aus Hamburg“. Er nannte das Verbrechen eine „brutale Gewalttat“, der mehrere Gemeindemitglieder zum Opfer gefallen seien. Seine Gedanken seien bei den Opfern, deren Angehörigen und den Sicherheitskräften, „die einen schweren Einsatz hinter sich haben“, schrieb Scholz, der bis 2018 Erster Bürgermeister von Hamburg war.
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich entsetzt. „Ich bin erschüttert über die furchtbare Gewalttat in einer Gemeinde der Zeugen Jehovas in Hamburg“, schrieb Faeser am Freitagmorgen auf ihrem persönlichen Twitterprofil. Ihre Gedanken seien bei den Opfern, deren Angehörigen und den Gemeindemitgliedern. Die Hintergründe würden mit Hochdruck ermittelt, erklärte Faeser. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) äußerte sich ebenfalls erschüttert. „Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl“, schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. Zunächst wurde nach weiteren mutmaßlich an der Tat Beteiligten gefahndet. Am frühen Morgen meldete die Polizei, sie gehe nach aktuellem Sachstand von einem Täter aus. Zur Zahl der Opfer machte sie keine genaueren Angaben.
Hintergrund zu Zeugen Jehovas:
Die Zeugen Jehovas haben nach eigenen Angaben weltweit rund 8,7 Millionen Mitglieder, in Deutschland seien es rund 170.000. Die Zentrale befindet sich in Brooklyn (New York), die deutsche Leitung hat ihren Sitz in Selters im Taunus. Heute ist die Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Die Lehre der Zeugen Jehovas beruht auf einer wörtlichen Auslegung biblischer Texte. Im Mittelpunkt steht die Erwartung des Weltuntergangs, der endzeitlichen Vernichtungsschlacht „Harmagedon“, bei der Gott alles „Böse“ ausrotten und nur die Zeugen Jehovas verschonen werde. Kirchliche Traditionen und Gebräuche wie das Weihnachtsfest oder die Kindertaufe verwerfen die Zeugen Jehovas als unbiblisch. Sie respektieren Gesetze, haben jedoch eine kritische Haltung in Bezug auf staatliche Strukturen. Den Wehrdienst lehnen sie ab. In der NS-Zeit wurden sie daher verfolgt, auch in der DDR waren sie verboten. Kirchliche und staatliche Sektenexperten werfen der Glaubensgemeinschaft totalitäre Strukturen vor. Nach Angaben der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen erwarten die Zeugen Jehovas unbedingten Gehorsam, für kritische Rückfragen oder Bedenken lassen sie keinen Raum.