»Wir haben Buße zu tun für viele Verschuldungen. Wir haben Gott eben nicht gefürchtet, sondern unsern Instinkten gelebt. Das Ergebnis ist grauenhaft. Wir sind alle mitschuldig.«
Oh ja, dieses Bekenntnis wäre angesichts unbiblischer Äußerungen und Beschlüsse der "Hirten" und Synoden aktuell mehr als geboten!
Und vergib unserer Kirche
Buße: Nicht nur einzelne Menschen werden schuldig und müssen umkehren – auch die Kirche muss es. Und wie den Menschen fällt es auch ihr schwer.Am Buß- und Bettag gibt es keine Predigt in der Kapelle des diakonischen Epilepsiezentrums Kleinwachau. Stattdessen wird die Historikerin Bettina Westfeld Zahlen sprechen lassen und die Geschichten von Heimbewohnern. Sie handeln von Gewalt – und einer Kehrseite der evangelischen Barmherzigkeit. »Wir müssen das, was nicht gut war, zuerst kennen, um bekennen zu können«, sagt der Kleinwachauer Direktor Martin Wallmann über das von ihm in Auftrag gegebene Forschungsvorhaben (siehe Seite 3).
In den Kirchenbänken werden Menschen sitzen, die selbst Gewalt erlitten haben in Kleinwachau. Vor ihnen wird Martin Wallmann bekennen. Und auch vor Gott. »Wir als Christen haben es gut, dass wir das tun können«, sagt er. Buße tun. Ehrlich sein.
»Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns«, heißt es im ersten Brief des Johannes im Neuen Testament über die Menschen. Über Gott heißt es: »Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.« Das Bekennen aber fällt schwer. Je höher der eigene moralische Anspruch, um so schwerer. Desto größer die Fallhöhe. Die Kirche weiß das nur zu gut.
Dabei scheint es so einfach, was gut ist. Jesus sagte es so: »Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten.« (Matthäus 7, 12). Liebe deinen Nächsten, liebe Gott, liebe dich selbst. Die Wirklichkeit aber – auch und gerade die der Gutmeinenden – hat unübertroffen nüchtern bereits der Apostel Paulus beschrieben: »Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.« (Römerbrief 7, 18f.)
Es ist auch die Wirklichkeit der Kirche. Wenn an diesem Sonntag die sächsische Landessynode 50 Jahre Frauen im Pfarramt feiern wird, dann tut sie dies in einem Gottesdienst nicht ohne ein Bekenntnis der Schuld, das die Kirche Frauen gegenüber in fast 2000 Jahren angehäuft hat. Und noch einmal fünf Jahrzehnte hat es seit der Einführung der Frauenordination in Sachsen gebraucht, bis das einmal klar ausgesprochen wird. Gut möglich, dass dies bei einem anderen Thema ebenso lange dauert: dem Umgang mit gleichgeschlechtlich liebenden Gemeindegliedern und Mitarbeitern. Das sei auch eine Schuldgeschichte unserer Landeskirche, sagte unlängst sichtlich beunruhigt ein Kirchenleitender unter vier Augen.
Buße als Einsicht ist der erste Schritt. Aber für Gott nicht der letzte. »Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: ›Tut Buße‹, hat er gewollt, dass das ganze Leben der Glaubenden Buße sei«, schrieb Martin Luther an der Spitze seiner 95 Thesen. Buße als Einsicht in die eigene Fehlbarkeit, in die Notwendigkeit von Vergebung durch Gott und die Menschen. Und Buße als Umkehr, die alten Fehler nicht zu wiederholen.
»In einer Zeit des Gerichtes stehen wir jetzt«, schrieb das sächsische Landeskirchenamt drei Monate nach dem Ende des Krieges und millionenfachen Mordens 1945 an die Gemeinden. »Wir haben Buße zu tun für viele Verschuldungen. Wir haben Gott eben nicht gefürchtet, sondern unsern Instinkten gelebt. Das Ergebnis ist grauenhaft. Wir sind alle mitschuldig.«
Auch in Sachsen kehrten viele Christen um. Die einen mit etwas Selbstbetrug, die anderen schonungslos ehrlich. Leicht zu haben und schmerzfrei ist wahre Buße nicht. Wahre Vergebung auch nicht. Aber sie ist möglich. Auch der Kirche. Und das kann Mut machen jenen, die in den inneren Konflikten der Kirche heute an ihr irre werden.
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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