Das Fazit og. Studie: »Es besteht kein Grund mehr, sich vor den Entwicklungen der Ressourcenverringerung in der Gesamtkirche grundsätzlich zu fürchten. Denn auch in solchen Lagen lässt sich Kirche bauen und christlich leben.« ist mutmachend. Dass missionarische Gemeindeprojekte dann erfolgversprechend sind, wenn sie mit diakonischen Taten verbunden sind, ist zwar einerseits eine Binsenweisheit, aber andererseits noch längst nicht in jeder Gemeinde zur Praxis geworden.
Und nach meiner Erfahrung gehört dazu, dass kirchenleitendes Handeln (auch Kirchenvorstände handeln kirchenleitend) transparent sein muss, sowohl gemeindeintern als auch öffentlich. Und ganz am Rande: Wenn Pfarrer mit ihren Mitarbeitern (auch Ehrenamtliche gehören dazu!) nicht auf Augenhöhe umgehen, also ihre Tätigkeit nicht sichtbar wertschätzen, trägt das nicht zum Wachstum der Gemeinde bei; beides kann ich aus Jahrzehnte langer kirchlichen Tätigkeit mit Beispielen belegen.
Johannes Lehnert
Mit Weniger Kirche bauen
Schrumpfen: Wie kann Kirche mit viel weniger Geld und Personal lebendig bleiben? Der SONNTAG sucht in einer Serie nach Antworten – und hört aus der Wissenschaft Erstaunliches.Die sächsische Landeskirche steht vor einer Richtungsentscheidung, doch ihr scheinen Wegweiser zu fehlen. Als die Kirchenleitung Ende Oktober eine Zukunftsstrategie mit der Prognose von 40 Prozent weniger Gemeindegliedern, Einnahmen und Personal bis zum Jahr 2040 vorlegte, sorgte das in Gemeinde und Synode für viel Kritik. Und viele Ängste. Aber gibt es Alternativen? Von ihnen ist bislang wenig zu hören.
Der SONNTAG eröffnet deshalb ein »Zukunftslabor Kirche«. Eine Serie soll in den kommenden Wochen nach neuen Wegen für eine Kirche mit viel weniger Geld und Personal suchen, nach gelungenen Beispielen und geistlichen Impulsen.
In der akademischen Theologie ist die Suche nach neuen Modellen für eine ausgedünnte Kirche bisher nahezu ein blinder Fleck. In den vergangenen Monaten aber haben Theologen der Universitäten in Greifswald und Bonn unter dem Titel »Freiraum und Innovationsdruck« bei der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig zwei Studien dazu veröffentlicht. Ihr Fazit: »Es besteht kein Grund mehr, sich vor den Entwicklungen der Ressourcenverringerung in der Gesamtkirche grundsätzlich zu fürchten. Denn auch in solchen Lagen lässt sich Kirche bauen und christlich leben.«
Zehn Beispielgemeinden auf dem Land haben die Bonner Wissenschaftler um Professor Eberhard Hauschildt untersucht. Darunter einen Riesenverbund von 28 Kirchgemeinden nördlich von Zeitz, eine von einer ehrenamtlichen Kirchenkuratorin geleitete Gemeinde und das Modell von Reise-Pastoren in Finnland. Die Greifswalder vom Institut zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung betrachteten zwölf kirchliche Landprojekte und fragten: Ist auch im Schrumpfen noch Wachstum möglich?
Erste Erkenntnis: Das eine Erfolgsrezept gibt es nicht – und schon gar nicht kann es entstehen, wenn der Plan von oben oder außen kommt. Die Wissenschaftler plädieren dafür, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in verschiedenen Regionen ernst zu nehmen. »Wer Experimente mit offenem Ausgang gerade da, wo es wie bisher nicht mehr weitergeht, nicht zulässt, wird weniger als möglich lernen«, lautet eine ihrer Schlussfolgerungen. »Eine wichtige Aufgabe der Landeskirchen ist, dieses Lernen zuzulassen und zu fördern.«
Nähe vor Ort und die Bündelung in größeren Einheiten müssen dabei keine Gegensätze sein, wenn die Zusammenarbeit von unten wachse und die Vorteile allen Beteiligten deutlich werden, so die Forscher. Was beide Studien auch zeigen: Hauptamtliche Mitarbeiter und landeskirchliche Strukturen bleiben wichtig. Sie ermöglichen die neuen Wege erst. Und sie sind keine Konkurrenz zum allgemeinen Priestertum aller Gläubigen – sondern beide fördern sich im besten Fall gegenseitig. Freilich in neuen Rollen. Ehrenamtliche kommen zunehmend in die Schlüsselpositionen der Gemeinden, so die Bonner Studie, während Pfarrer, aber auch Gemeindepädagogen, Kirchenmusiker, Verwaltungskräfte sowie kirchliche Bau- und Rechtsspezialisten sie begleiten und beraten.
Ein Abschied auf Raten aus den Dörfern? Im Gegenteil: Kleinstformen von Gemeinde müssten theologisch aufgewertet und kirchlich gefördert werden, fordern die Bonner Wissenschaftler.
Nicht zuletzt liege darin auch eine Chance, neue Menschen zu erreichen. Die Greifswalder Forscher waren erstaunt, wie stark missionarische Gemeindeprojekte auf dem ausgedünnten Land mit der diakonischen Tat verbunden waren. Offenbar wissen die Menschen in den Dörfern selbst am besten, was nottut. Für ihre Kirche und auch im Ort. Und das kann ausstrahlen.
Lieber Herr Lehnert,
ich kann dem meisten von Ihnen zustimmen.
Nur eine Frage sei erlaubt - zu Ihren Schlussgedanken: Schätzen eigentlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Tätigkeiten ihrer Pfarrer ausreichend? Oder begnügt man sich da mit dem Hinweis: "Die verdienen ja auch genügend."? Oder wird deren Tätigkeit kommentiert mit: "Die sitzen doch eh nur am Schreibtisch...." Also unser Pfarrer lässt dies manchmal durchblicken - und ich frage mich, ob er nicht vielleicht recht hat. Wertschätzung und Augenhöhe müssen alle signalisieren. Ich kenne auch keinen Beruf, in dem jeder meint kompetent mitdiskutieren und mitfummeln zu können wie den Pfarrberuf. Jeder "Dödel" meint, dem Pfarrer sagen zu können, wie es richtig gehen müsste. Und "Ahnung vom Leben haben die doch sowieso nicht." Manchmal fragen sich Pfarrer vielleicht, wieso die Gemeinden alle so panisch reagieren, wenn Pfarrstellen gestrichen werden. Alle wissen doch besser, wie es richtig geht - manchmal scheinen doch die Pfarrer die Haupthindernisse für das Gemeindewachstum zu sein.... So was muss sich kein Arzt, kein Anwalt, kein Automechaniker, kein PC-Fachmann gefallen lassen. Deren Kompetenzen werden respektiert. Die der Pfarrer manchmal nicht ausreichend.
Die Gemeinden wachsen - zumindest in wachsenden Gemeinden - durch das, was ihre Mitglieder ausstrahlen. Die Pfarrer machen ihr Ding - und die Mitarbeiter ihres - und gemeinsam ergibt sich was. Wertschätzen muss dies der Kirchenvorstand - und das allen Berufen gegenüber. Denn der Kirchenvorstand ist eigentlich die Gemeindeleitung. Es sei denn, man empfindet den Pfarrer als "König der Gemeinde", der für alles zuständig ist. Dann frage ich mich aber, wer hier eigentlich ein antiquiertes Pfarrerbild hat.....
Lieber Manuel,
die sächsische Landeskirche ist nun mal eine Pfarrerkirche (manchmal katholischer als die katholische). Und wer die größte Machtfülle und die größte Ehre hat, muss auch die größte Verantwortung wahrnehmen. Also muss auch von ihm die Wertschätzung ausgehen. Ich habe selten erlebt, dass die Gemeinde ihren Pfarrer nicht wertschätzt, aber oft genug, dass Pfarrer der Versuchung zur Macht unterliegen. (Das erlaube ich mir nach 20jähriger Personalratsarbeit in der Kirche festzustellen!) - Ich rede dabei nicht von meiner Gemeinde; sie gehört zu den 5%, die in der Landeskirche wachsen. Und das sicher auch deshalb, weil die Pfarrer, die ha. Mitarbeiter, die KirchvorsteherInnen und die vielen Ehrenamtlichen auf Augenhöhe miteinander verkehren. Und weil das diakonische Engagement mit zwei Kindergärten und dem Sozialprojekt "TeeKeller Quelle" zur Gemeindearbeit gehört.
Mit freundlichem Gruß
Johannes Lehnert
"Das eine Erfolgsrezept gibt es nicht " Hätte man auch ohne teuere Untersuchungen wissen können!
"Was beide Studien auch zeigen: Hauptamtliche Mitarbeiter und landeskirchliche Strukturen bleiben wichtig. Sie ermöglichen die neuen Wege erst. Und sie sind keine Konkurrenz zum allgemeinen Priestertum aller Gläubigen – sondern beide fördern sich im besten Fall gegenseitig. "
Im b e s t e n Fall vielleicht, aber wo gibt es den noch? Zur Zeit erlebt man doch eher, in Sachsen eventuell noch ein wenig weniger als anderswo, daß diese "Strukturen" das allgemeine Priestertum aller Gläubigen- (bibel)treue blockkieren oder disziplinieren!
Das Signet des Zukunftslabors erinnert stark an eine Glühbirne (Leuchtmittel der Zukunft?). Ein Schelm, wer Arges dabei denkt.
Lieber Pfarrer Beyer, ja, der Gedanke könnte einem kommen. Andererseits wird man auch an eine Dampf- ( viel heißer Dampf) oder Staubwolke (Staub aufwirbeln!) erinnert?
Das Signet assoziiert zwei Hirnhälften. Ein Schelm, wer nicht Arges dabei denkt.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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