Öffnet die Quellen!
Jahreslosung: Gott verspricht, dem Durstigen zu geben von der Quelle des lebendigen Wassers. Den Landesbischof erinnert das an ein Dursterlebnis. Er hat erlebt, dass Gott mitgeht und stärkt. Wir sind gerufen, unsere Quelle zu öffnen und auszuteilen.Ich befand mich in den Sommerferien auf einer damals noch jugoslawischen Mittelmeerinsel. Die Ferienanlage versprühte den Charme des real existierenden Sozialismus. Doch Landschaft, Meer und Menschen waren faszinierend. Der besondere Status von Jugoslawien führte dazu, dass sich auf der Urlaubsinsel Tschechen, Ungarn und Westeuropäer vermischten. Alle genossen gemeinsam die Sonne und verbrachten unbeschwerte Tage. Nach einigen Tagen am Meeresstrand, der sich in Sichtweite befand, fassten wir den Beschluss, über einen kleinen Berg auf die andere Seite der Insel zu laufen. Dort sollte es einzigartige Fels- und Küstenbuchten geben mit kristallklarem Meereswasser. Wir packten die Badesachen und machten uns auf den Weg. Allerdings hatten wir die Länge des Anmarsches ziemlich unterschätzt. Auch war uns zunächst nicht bewusst, wieviel Energie und Flüssigkeit ein Bergpfad unter südlicher Sonne forderte.
Bald schon waren unsere Vorräte aufgebraucht. Der Schweiß lief in Strömen und noch war kein Ende in Sicht. Wir hatten nicht einmal die Bergkuppe erreicht. Schon begann der Gaumen zu vertrocknen und das unangenehme Gefühl des unbändigen Durstes machte sich breit. Die Sonne stach vom Himmel. Kein Schatten war zu finden. Kein Bach versprach Linderung. Das Gebirge war längst vertrocknet.
So quälten wir uns weiter. Irgendwann war die Bergkuppe erreicht. Schon sahen wir das Ziel vor Augen. Die ganze Zeit waren wir alleine unterwegs gewesen. Da erschien vor uns eine männliche Gestalt, die sich in der Landschaft an irgendetwas zu schaffen machte. Wir näherten uns und sahen, dass der Mann die Abdeckung eines alten Brunnen beiseitegeschoben hatte. Er ließ etwas in den Brunnen hinab. Die Szene schien verheißungsvoll. So sprachen wir ihn an.
Es war ein tschechischer Urlauber, der von der Hitze der Wanderung wusste und auch von diesem Brunnen. Vorsorglich hatte er ein Gefäß und ein Seil dabei, um diesen Brunnen für die Wasserversorgung zu nutzen. Mein verklebter Gaumen ahnte die Verheißung des Paradieses. Und tatsächlich zog der Tscheche eine Kanne voll frischen, kühlen und klaren Wassers hinauf.
Der Brunnen war von einer lebendigen Quelle gespeist. Er bot uns an mitzutrinken, was wir uns nicht zweimal sagen ließen. Ein Gefühl der Kraft, der Stärke, der Erlösung ungeahnten Ausmaßes durchströmte meinen Körper. Der Eindruck dieses Gefühls hat mich bis heute nicht verlassen. Eindrücklich tritt mir diese Szene wieder vor Augen beim Lesen der diesjährigen Jahreslosung. Der Durst steht für eines der elementaren Bedürfnisse des Menschen. Wo dieses Bedürfnis nicht befriedigt werden kann, entstehen Not und schließlich Tod. Drei Tage vermag ein Mensch ohne Wasser zu überleben.Und so brechen schon jetzt Konflikte um knappe Wasservorräte auf der Welt aus. Eine Situation, die wir uns kaum vorstellen können.
Eine Situation, die die Fragen der Gerechtigkeit aufwirft. Nicht von ungefähr spricht Jesus in den Seligpreisungen den Hunger und den Durst nach der Gerechtigkeit an, der gesättigt werden soll. Es kommt der Zeitpunkt der Erlösung, der Kraft und der Stärke. Geschenkt wird uns dieser Moment durch Christus. So wie mir das Wasser des Brunnens geschenkt wurde, das ich umsonst erhielt.
Fröhlich kann man so durch das neue Jahr gehen. Im Wissen um die Stärkung auf dem Weg, kann man sogar Schweres erdulden. Und als Gläubige sind wir so in der Lage für andere zum Wasserträger zu werden, indem wir die Quelle öffnen und austeilen, was wir selbst empfangen haben. Das aber ist der Beginn der Gerechtigkeit.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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