Am 6. Sonntag nach Trinitatis, der in St. Wolfgang zugleich Kirchweih ist und an die Rückkehr des Lukas-Cranach-Altars vor 25 Jahren erinnert, fand die vorerst letzte von fünf Dialogpredigten statt. Mit jeweils zwei Teil-Predigten versuchten Pfarrer Frank Meinel und der Physiker und Philosoph Dr. Rainer-M.E. Jacobi einen Dialog zwischen Kirche und Wissenschaft zu führen. Der Auftakt für diese kleine Reihe erfolgte zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017.
Angesichts des großartigen Cranach-Altars in St. Wolfgang war das Thema dieser ersten Dialogpredigt wenig überraschend: Martin Luther und das Bild. Die Frage nach dem Bild verbindet die Anfänge der jüdisch-christlichen Tradition mit den Krisen der reformatorischen Bewegung und den Problemen der modernen Bilderflut in Wissenschaft und Öffentlichkeit. Das spannungsreiche Verhältnis von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit führt auf die von Martin Luther diskutierte Unterscheidung zwischen dem äußeren und dem inneren Menschen, wodurch der weitere Weg der Predigtreihe zurück bis zum Apostel Paulus vorgezeichnet war.
Im darauffolgenden Jahr ging es zunächst um Bernhard von Clairvaux und die Frage nach dem inneren Menschen. Mit Bernhard von Clairvaux wurde ein großer Lehrer Martin Luthers in den Blick genommen, der häufig vergessen wird. Am eindrucksvollsten begegnen wir ihm in den romanischen Abteien der Provence. Und dann kam im nächsten Jahr nicht nur ein weiterer Lehrer Martin Luthers zur Sprache, sondern wie es oft gesagt wird: der Lehrer des Abendlandes. Die dritte Dialogpredigt stand unter dem Thema Augustinus und die Frage nach Gott in der Welt. Mit dem Kirchenvater Aurelius Augustinus verbindet sich die einzigartige Besonderheit des Christentums, nämlich die Verschmelzung der hebräisch-jüdischen mit der griechischen Tradition. Exemplarisch zu sehen am Verhältnis zwischen dem Apostel Paulus und dem Philosophen Platon – was übrigens Konsequenzen bis in die aktuellen bioethischen Diskussionen hat.
Die vorletzte Dialogpredigt Paulus und die Stärke der Schwäche widmete sich nun dem Apostel selbst und versuchte einen Zugang zur oft verstörenden Paradoxie und scheinbaren Widersprüchlichkeit seiner Rede. Oft wird übersehen, dass sich auch die Wirklichkeit unserer Welt wie die des eigenen Lebens nicht auf Eindeutigkeiten reduzieren lässt. Ja, dass in diesen Reduktionen die Gefahr der Vernichtung lauert. Auf solche Art vorbereitet, galt die vorerst letzte Predigt jenem modernen Theologen, dem wir einen neuen Blick auf Paulus verdanken. Unter dem Thema Karl Barth und die Radikalität des Glaubens stand ein Buch im Zentrum, das nicht nur die Theologie, sondern das Denken in den Wissenschaften und Künsten des 20. Jahrhunderts verändert hat: Der Römerbrief von Karl Barth. Er erschien erstmals 1919 und wurde jetzt genau vor 100 Jahren für eine zweite Auflage völlig neu bearbeitet. Dieses Buch prägte nicht nur die berühmte »Barmer Erklärung«, sondern auch den kirchlichen Neuanfang nach der Katastrophe von 1945. Die Zerstörung von St. Wolfgang gibt hierfür ein bitteres Beispiel.
Es brauchte 70 Jahre bis diese große spätgotische Hallenkirche wieder zum lebendigen Mittelpunkt der Bergstadt Schneeberg werden konnte. Allein der 11-tafelige Cranach-Altar konnte seinerzeit gerettet werden. So dass sich die Erinnerung an dessen Rückkehr vor 25 Jahren bei der letzten Dialogpredigt mit der ganz anderen Erinnerung verband, die uns Karl Barth mit seiner Lektüre des Römerbriefs auf den Weg gibt. Es bedarf der Radikalität des paulinischen Glau-bens, um den Herausforderungen und Nöten unserer Welt gerecht werden zu können. Bislang liegen kleine Broschüren zu den ersten drei Predigten mit weiterführenden Texten und Quellen vor, die im Pfarramt St. Wolfgang erhältlich sind.
Über eine Weiterführung der Predigtreihe mit ähnlichem Format wird zukünftig nachzudenken sein.
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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