Auf dem Weg nach Krakau
Lutheraner treffen sich vom 13. bis 19. September in Krakau (Polen) zur Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB). Aus Sachsen nehmen vier Delegierte daran teil, darunter die Beauftragte der Landeskirche für den Kirchlichen Entwicklungsdienst, Helena Funk. Mit ihr sprach Uwe Naumann.
Frau Funk, was muss man sich unter der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes vorstellen?
Helena Funk: Eine Zusammenkunft von Delegierten aus lutherischen Kirchen weltweit. Eine Mischung aus Familientreffen, Jugendfreizeit, Innovationsknoten und Weltreise. Verschiedene Kulturen, lutherische Prägungen und meist hoch engagierte und spannende Personen kommen zusammen, es wird intensiv diskutiert, sich ausgetauscht, Ideen und Projekte entwickelt und immer wieder gemeinsam Gottesdienst gefeiert.
Welche aktuellen Themen werden die Tagung bestimmen?
Im Detail wird es sich noch zeigen. Für mich persönlich steht das Thema Klimagerechtigkeit sehr weit oben in der Agenda und ich freue mich, dass ich dazu auch ein Podium moderieren darf. Zudem wird gewiss der Krieg in der Ukraine eine Rolle spielen – allein durch die Nähe von Polen zur Ukraine. Bewegend wird ebenfalls ein Besuch in Auschwitz mit allen Teilnehmenden. Das wird gewiss auch in die Diskurse einfließen.
Was bewegt Sie als Jugenddelegierte besonders?
Auf dem Europäischen Vortreffen in Oxford im März haben wir jungen Menschen uns auf drei Prioritäten geeinigt: Mentale Gesundheit, Klimagerechtigkeit und inklusive sowie zugängliche Kirche. Diese Themen sind für mich persönlich wichtig und auch im Einklang mit Themen, die auf den Landesjugendkonventen in letzter Zeit behandelt wurden.
Mit welchen Erwartungen fahren Sie nach Krakau?
Mit Hoffnung auf ein ertragreiches Treffen und verbindliche Absprachen gerade im Bereich Klimagerechtigkeit. Vor vierzig Jahren beschäftigten wir uns bereits auf ökumenischer Ebene mit Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Die Themen sind aktuell wie damals. Ich hoffe, dass unsere Gemeinsamkeiten und das Einssein in Christus überwiegen gegenüber Meinungsverschiedenheiten und Differenzen. Ich hoffe auf eine gute Gesprächskultur, die einen ehrlichen Austausch ermöglicht und auch Perspektiven zulässt, die uns vielleicht bisher fremd sind. Gerade individuelle Geschichten von Glaubensgeschwistern in anderen Kontexten finde ich sehr bereichernd. Ich erwarte, dass dann aus den Worten auch Taten folgen.
Das Thema ist »Ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung« – ist das nicht angesichts der Vielstimmigkeit in der Kirchengemeinschaft eine Utopie?
In der Tat gibt es in der weltweiten lutherischen Gemeinschaft eine Vielstimmigkeit und die halte ich für extrem wichtig und bereichernd. Für mich steht die Vielstimmigkeit nicht im Widerspruch zum Motto, da es für mich darum geht, dass man sich gerade wegen der Vielstimmigkeit als Einheit sieht und diese lebt, wie in einem Orchester.
Welche Aufgabe haben die Delegierten aus Sachsen bei dem Treffen?
Ich darf insbesondere die Perspektive der jungen Menschen einbringen sowie meine Erfahrungen im Bereich der Einen Welt. Als Delegierte haben wir alle Stimm- und Rederecht. Ich möchte davon so gut es geht Gebrauch machen. 2017 durfte ich bereits in Namibia dabei sein und habe es extrem bereichernd und bestärkend erlebt, neben den teilnehmenden Bischöfen auch als junger Mensch ernst genommen zu werden und dass unsere Stimme gehört wird. An konkreten Aufgaben kommen hinzu, bei der Jugendvorversammlung meine Erfahrungen vom letzten Mal einzubringen und einen Workshop anzubieten zur Frage: Wie können wir als junge Menschen uns wirkungsvoll einbringen? Daneben werde ich auf dem Vortreffen Ergebnisse der Gruppendiskussionen verschriftlichen, sodass sie in der Abschlussbotschaft der Jugend einfließen können. Auf der eigentlichen Vollversammlung bemühe ich mich, mit Ton- und Bildmaterial von vor Ort etwas zu berichten und darf ein Podium zu Klimagerechtigkeit moderieren. Ebenfalls bin ich angefragt, beim Gottesdienst am Samstagmorgen mitzuwirken.
Welche Auswirkungen und welchen Nutzen kann die Vollversammlung bestenfalls für die Kirchgemeinden in Sachsen haben?
Für viele Herausforderungen, die wir in den Gemeinden haben, haben andere Glaubensgeschwister schon eine Lösung gefunden. Wir können von- und miteinander lernen, Ansätze auf unsere Situation übertragen. Auch auf Gemeindeebene sollten wir uns bewusst sein, dass die Kirchgemeinde und auch die Nächstenliebe nicht hinterm Kirchturm aufhört, sondern rund um die Erde geht. Gerade der Weltdienst des Lutherischen Weltbundes leistet hervorragendes im Bereich humanitäre Nothilfe. Und jede und jeder Einzelne in den Kirchgemeinden kann ebenfalls profitieren: Immer wieder stellt der LWB Projektfinanzierung in Aussicht für kleine oder größere Projekte. So wurde der Grüne Leitfaden für nachhaltige Freizeiten der Evangelischen Jugend finanziert, die Initiative »anders wachsen« wird unterstützt und sächsische Studierende konnten dank Stipendien schon ins Ausland gehen.
Was für ein Ergebnis wünschen Sie sich am Ende der Tagung?
Eine aussagekräftige Abschluss-Botschaft, ein wertschätzendes Miteinander, Bestärkung im Glauben und im internationalen Miteinander.
»Die Suche nach Einheit bleibt eine Aufgabe« – Erwartungen sächsischer Delegierter
Aus der Landeskirche Sachsens reisen neben Helena Funk noch drei weitere Delegierte zur Vollversammlung des LWB nach Krakau. Uwe Naumann hat sie zu ihren Erwartungen befragt.
Bettina Westfeld ist Sachsens Synodalpräsidentin und LWB-Ratsmitglied. Foto: Giersch
Ich freue mich vor allem darauf, das Motto der Vollversammlung »Ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung« gemeinsam mit den Geschwistern aus der lutherischen Welt praktisch zu erleben, miteinander Gottesdienste zu feiern und über Bibeltexte zu diskutieren. Ich erhoffe mir Impulse dafür, was es gerade heute bedeutet, als lutherische Christin zu leben und in diese scheinbar so zerrissene Welt die Botschaft der Hoffnung zu senden. Das Motto gibt nach meiner Überzeugung auch die Möglichkeit zu zeigen, dass wir trotz aller Verschiedenheit zusammengehören, dass ein Leib nicht Uniformität bedeutet, sondern uns vielmehr auffordert, auf den Nächsten, die Nächste zu achten und für deren Rechte einzutreten.
Dr. Thilo Daniel ist Dezernent für theologische Grundsatzfragen. Foto: EVLKS
Die dreizehnte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Krakau wird die lutherische Communio in der Mitte Europas zusammenführen. Ich hoffe, es wird erfahrbar werden, dass Einheit eine Gabe Gottes ist und dass gerade deshalb die Suche nach Einheit eine Aufgabe bleibt. Deshalb freue ich mich auf die Gelegenheit, unsere Anliegen zur Sprache zu bringen. Mindestens in gleichem Maße wünsche ich mir, ausreichend Gelegenheit zu haben, die Anliegen der Glaubensgeschwister aus der weltweiten lutherischen Ökumene zu hören und zu verstehen. Ich hoffe auf gemeinsame gute Entscheidungen – dem Motto entsprechend: »Ein Leib. Ein Geist. Eine Hoffnung«
Ulrike Weyer ist Superintendentin im Kirchenbezirk Plauen. Foto: Richter
Krakau wird in vielerlei Hinsicht für uns interessant: Die Einheit in Christus zu suchen und im Gottesdienst miteinander zu feiern stärkt uns, denn wir sind uns bewusst, wie polarisiert und zerstritten, wie uneins und unfriedlich unsere Welt ist. In Krakau stehen wichtige Themen wie jüdisch-christlicher Dialog und Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung auf der Agenda. Ein Nachmittag in Auschwitz wird uns erinnern, dass Menschen aneinander in furchtbarer Weise schuldig geworden sind und wird uns zum Nachdenken anregen, was das für die Gestaltung der Gegenwart bedeutet. Als weltweite Lutherische Gemeinschaft die Zukunft zu gestalten und gemeinsam zu diskutieren, welche Botschaft wir senden und wozu wir uns verpflichten, ist eine Ehre und Herausforderung zugleich. Ich freue mich auf die vielen Begegnungen, Gespräche und Gottesdienste.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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