Den Überfluss zu schätzen wissen
Tag der Schöpfung: Unter dem Motto »Damit ihr das Leben in Fülle habt« (Johannes 10,10) wurde in Herrnhut der dritte sächsische Tag der Schöpfung gefeiert – mit einer Fülle von Überraschungen.Leon und Max sind Hirten. Gute Hirten, wie sie sagen. In ihrer Freizeit kümmern sich die Schüler um Schafe und schauen, dass es ihnen gut geht. Sie achten auch darauf, dass die Tür zum Stall abends immer gut verschlossen wird. Deshalb standen die beiden Hirten am 1. September in Herrnhut auf der großen Bühne. Denn das Gleichnis von den Schafen aus dem Johannes-Evangelium stand im Mittelpunkt des »jungen Gottesdienstes« am Ende des Tages der Schöpfung.
Jesus hatte gesagt, der Dieb kommt, um zu stehlen, zu schlachten, zu vernichten. Er kommt nicht durch die Tür. Der gute Hirte aber, der kommt durch die Tür. Ihm vertrauen die Schafe, weil sie seine Stimme kennen. Jesus sagt, ich bin der gute Hirte. Ein guter Hirte setzt sein Leben für die Schafe ein. Jesus hatte gesagt »Ich aber bringe Leben – und dies im Überfluss«.
Magdalena und Daniel Huth, die sich in ihrer Predigt mit dem Johannes-Evangelium auseinandersetzten, interviewten dafür die Hirten Leon und Max. Magdalena und Daniel Huth sagten, dass die Menschen heute und hier reich beschenkt sind. Doch manche wüssten den Überfluss gar nicht mehr zu schätzen.
Der ökumenische Tag der Schöpfung will Menschen dazu ermutigen, die Schöpfung zu bewahren. Dies geschah an jenem Tag auf vielfältige Weise. Gastgeber waren die christlichen Gemeinden aus Herrnhut und Umgebung, eingeladen hatten traditionell die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen zusammen mit Landeskirche und Bistum Dresden-Meißen. So fanden mehrere Wanderungen und Exkursionen in die Natur rund um Herrnhut statt. 40 Schüler vom Zinzendorf-Gymnasium pflanzten unter Anleitung von Revierförster Matthias Clemens Bäume im Unitäts-Forst. Die Gemeindepädagogin und Heilpraktikerin Christine Czieslak führte Interessierte in die Welt der Heilkräuter ein. Die Pfadfinder »Royal Rangers« forderten Kinder zu einer abenteuerlichen Schnitzeljagd durch die Natur heraus. So war für alle Altersgruppen etwas dabei.
Doch die Besucher des Tages der Schöpfung begaben sich nicht nur auf Schusters Rappen, sondern sie ließen sich auch auf geistige Abenteuer ein. Die Frage »Was tun die Kirchen für den Erhalt der Schöpfung?« wurde zunächst im Podium, später in kleineren Gesprächskreisen mit Anne-Kristin Römpke, der Beauftragten für Schöpfungsverantwortung der sächsischen Landeskirche, diskutiert.
Stark ins Zeug legen sich junge Menschen dafür, dass Herrnhut den Titel des UNESCO-Weltkulturerbes zuerkannt bekommt. Im Zinzendorf-Gymnasium stellten Schüler dieser Schule, der Richard von Schlieben-Oberschule Zittau und einer Berufsschule aus Kamenicky Senov im benachbarten Tschechien die Ergebnisse von Workshops im Rahmen eines Weltkulturerbe-Projektes vor. Die jungen Tschechinnen hatten sich künstlerisch mit dem Thema auseinandergesetzt und den Herrnhutern eine Tafel mit geätzten Glasbildern mit Ansichten von Herrnhuter Sehenswürdigkeiten übergeben. Die deutschen Schüler hatten einen Quizparcours zu den Themen Nachhaltigkeit und Weltkulturerbe entwickelt, deren kniffligen Fragen sich die Besucher stellen konnten.
Knifflig ist auch die Sache mit der Eisenbahn. In den letzten Jahren wurde ihre Bedeutung für ein nachhaltiges Verkehrskonzept zunehmend deutlich. Leider war das vor 30 Jahren anders. Da wurde ein regelrechter Kahlschlag an ländlichen Eisenbahnstrecken betrieben. Eine der ältesten Bahnstrecken Sachsens, die 1848 eröffnete Verbindung Löbau – Herrnhut – Zittau, wurde schrittweise gekappt. Für die Reaktivierung des Abschnittes zwischen Niedercunnersdorf und Oderwitz über Herrnhut macht sich seit 2018 der Verein Pro Herrnhuter Bahn stark. Ihm gehört auch der Bautzener Pfarrer Kay Weißflog an, der ein passionierter Eisenbahnfreund ist. Zusammen mit seinen Mitstreitern Matthias Böhm und Bettina Gehring betreute er einen Info-Stand, um die Besucher des Tages der Schöpfung auf das Anliegen des Vereins aufmerksam zu machen.
In der Vorbereitung des Tages der Schöpfung machte Koordinatorin Benigna Carstens eine überraschende Entdeckung: Durch einen Tipp von Michael Kießling, Mitarbeiter im Unitätsarchiv, wurde sie auf einen Baum mit besonderer Geschichte im Herrschaftsgarten aufmerksam: Eine Kastanie, die 1989 hinter dem Vogtshof gepflanzt worden war. Da dort ein Parkplatz erweitert wurde, pflanzte man den Baum – weitgehend unbemerkt – um. Was macht die Kastanie so besonders? In den letzten Jahren der DDR wurde die ökumenische Idee »Konziliarer Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung« aufgegriffen. Bei ökumenischen Versammlungen arbeiteten erstmals evangelische und katholische Kirche und Freikirchen zusammen. Am 29. April 1989 wurde an jede der 19 beteiligten Kirchen eine kleine Kastanie übergeben. Wie Benigna Carstens ankündigt, soll demnächst an der wiederentdeckten Kastanie eine Erinnerungstafel angebracht werden.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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