Lieber Andreas,
vielleicht ist es für den Rest der Welt + speziell „die Gemeinde“ ganz gut, daß sie von diesem Unsinn kaum etwas mitkriegt? So bleibt wenigsten bei vielen noch ein Redt von biblischen Grundlagen und Glaubens- und Lebenshilfe übrig.
Ob diese Methode des Verprassen von (Kirchen)steuergeldern wirklich "hochintelligent ist, sei mal dahin gestellt!
Christus hätte diese "Wechsler und Händler" sicher aus dem Hause Gottes (SEINER Kirche) herausgetrieben.
Gruß Joachim
Heilig oder historisch?
Theologen drehen jeden Satz in der Bibel um auf der Suche nach historischer Wahrheit. In Kirchgemeinden können das viele nicht nachvollziehen – auch ein Grund für die jüngsten innerkirchlichen Debatten.Was haben die Weihnachtsgeschichte, die Schöpfungserzählungen und die Übergabe der Zehn Gebote an Mose gemeinsam? Sie gehören zu den Kerntexten christlichen Glaubens – und sind, glaubt man historisch-kritischen Forschungsergebnissen, in Wirklichkeit wohl nie geschehen.
Seit der Zeit der Aufklärung klopfen Theologen ausgehend von Deutschland die Bibel Satz für Satz ab, fragen historisch-kritisch nach den Umständen ihrer Entstehung, ihrer Echtheit, sogar nach mündlichen Vorläuferquellen. Und entscheiden so mit dem Werkzeug wissenschaftlicher Wahrscheinlichkeiten, was Gotteswort ist – und was nur der jeweiligen Zeit geschuldet.
»Doch die Gemeindepraxis hat sich sehr weit entkoppelt von der akademischen Theologie«, sagt der Plauener Schulpfarrer Falk Klemm. »Die historisch-kritische Theologie schafft Distanz zur Bibel. Gemeindeglieder haben Trost in ihr erfahren und plötzlich sollen sie über sie urteilen.«
Klemm ist einer der Sprecher der Sächsischen Bekenntnisinitiative, die sich gegen die Öffnung von Pfarrhäusern für gleichgeschlechtliche Partnerschaften wendet. Die harte Debatte um die Haltung der Bibel zur Homosexualität hat hier eine ihrer Wurzeln: Viele Theologen sehen sie historisch-kritisch in der Zeit ihrer Entstehung begründet und damit als überholt an – viele konservative Christen in den Gemeinden verstehen das nicht.
Die Bekenntnisinitiative fordert deshalb Alternativen zur historisch-kritischen Theologie in den Ausbildungsstätten der Landeskirche. »Die historisch-kritische Methode geht aus ideologischen Gründen von dem Aberglauben aus, dass Gott in der Geschichte gar nicht direkt eingreifen kann. Das ist methodischer Atheismus«, kritisiert Falk Klemm. Wunder oder echte Prophetie? Die seien unter rationaler Perspektive undenkbar. »Die historisch-kritische Methode muss aus der Bevormundung durch die Vernunft herauskommen. Dann haben wir wieder Gott direkt«, fordert der Pfarrer.
Studierende mit einer konservativen Frömmigkeit haben auch an der Leipziger Universität mit der historisch-kritischen Methode zu kämpfen. »Das ist für sie oft ein schockierendes Moment«, weiß Cornelius Voigt, Studienassistent des konservativen Leipziger Theokreises. »Ich habe selbst auch großen Gewinn aus der historisch-kritischen Methode gezogen«, sagt Voigt. »Aber sie ist fast die einzige Methode in der universitären Theologie – da würde ich mir mehr Alternativen wünschen.«
Die gibt es vor allem außerhalb des historisch-kritischen Mutterlandes Deutschland. Amerikanische Theologen versuchen in der kanonischen Exegese, biblische Texte stärker von ihrer Stellung in der Bibel her zu verstehen. Aus der französischen Literaturwissenschaft kommt die Idee, die Geschichten der Bibel wie Erzählungen zu analysieren. Und dann gibt es noch die fundamentalistische Bibelauslegung.
»Jede Methode braucht Kritik und Ergänzungen«, sagt Sachsens Landesbischof Carsten Rentzing. »Den Mut dazu wünsche ich mir an den Theologischen Fakultäten – aber dafür sind sie in akademischer Freiheit selbst zuständig und diese Debatten sind in ihnen auch schon angekommen.«
Er selbst habe als Theologe immer historisch-kritisch gearbeitet und diese Methode als Segen empfunden, weil sie auch von Irrtümern befreie, betont der Bischof. »Man muss die Vernunft gebrauchen, um die Heilige Schrift zu verstehen – aber eine Verkündigung wird nur möglich sein, wenn man die Schrift selbst zu Wort kommen lässt neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen.« Für den Landesbischof ist das kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander.
Ergebnis II:
Mich als Laien erinnert das Werden biblischer Texte an das Werden eines Menschen. Dazu gehören a) die Zeugung, b) die Schwangerschaft und c) die Geburt des Kindes. a) ist ein konkretes Ereignis (Jesus erzählt ein Gleichnis, tut ein Wunder, Auferstehung am Ostermorgen usw.); das wird b) zunächst mündlich weitererzählt, dann aufgeschrieben usw., bis c) der fertige Text im biblischen Kanon gelandet ist. Mein Glaube stützt sich deshalb auf c), d. h. auf den Text, der mir in der Bibel vorliegt. Und gewissermaßen durch diesen Text hindurch stützt sich mein Glaube auf das Ereignis, das diesen Text „gezeugt“ hat. Die Schwangerschaft, b), ist mir relativ wurscht, denn die ist für mich belanglos.
Nun kann man bei Wikipedia lesen: „Während die klassische historisch-kritische Methode sich vor allem darauf konzentrierte, die vermutete Entstehungsgeschichte des Bibeltextes zu rekonstruieren („diachron“), geht man in der Exegese neuerdings verstärkt dazu über, den Bibeltext als solchen in seiner Endgestalt zu betrachten („synchron“).“ Auf deutsch wohl: die (klassische) HKM konzentriert sich auf die Schwangerschaft, während ihr das Kind selber relativ egal ist.
Hinzu kommt: Nach allem, was man so hört, interessiert sich die HKM auch nicht für a), die Zeugung. Im Gegenteil, da geht man davon aus, dass es die gar nicht gegeben hat; d. h. dass die Ereignisse, die z. B. in den Evangelien geschildert werden, gar nicht stattgefunden haben. Sie seien mehr oder weniger frei erfunden. Deshalb glaubt man dort ja auch an einen „kerygmatischen“ Christus. (In Klammer: Der Gag dabei ist, dass der wirkliche, der historische Jesus ausdrücklich nicht das Ergebnis einer Jungfrauengeburt sei – der kerygmatische Christus dagegen ist für die B- HKM-Apostel offenbar sehr wohl das Ergebnis einer „literarischen Jungfrauengeburt“. Denn der wurde nicht von konkreten historischen Ereignissen gezeugt, sondern ist durch eine rein literarische Schwangerschaft zur Welt gekommen. Klammer zu.)
Damit aber bewirkt die HKM eine völlige Verschiebung der Fundamente von Glauben, Theologie und Kirche. Denn an die Stelle des uns objektiv gegebenen „sola scriptura“ bzw. historischer Ereignisse setzt sie die subjektive Deutung angeblicher literarischer Prozesse. Man mag das „Wissenschaft“ nennen, doch mit deren Ergebnissen könnten weder ich noch unsere Kirche auf Dauer überleben.
A.Rau
Zunächst herzlichen Dank an Andreas Roth bzw. den SONNTAG, dass dieses Thema aufgegriffen wurde. (Der Dank bezieht sich allerdings nicht auf die Qualität des Artikels.) Aus Sicht eines Laien bzw. „der Gemeinde“ sollten aus dem dadurch angestoßenen Gespräch zunächst drei Ergebnisse festgehalten werden.
Ergebnis I: Die HKM-Verfechter beschreiben diese Methode als ein „rein mechanisches“, wertfreies, weltanschaulich neutrales, streng wissenschaftliches Verfahren. Sie arbeitet (als einzige Methode) „mit ‚objektiven Kriterien’. Das heißt, alles was sie macht, ist prinzipiell überprüfbar. Sie stellt einen Werkzeugkasten zur Verfügung. Wer will, kann die Werkzeuge nehmen und damit arbeiten. Alle anderen können das überprüfen.“ (s. Gast)
Die Kritiker dagegen bestreiten genau das. Sie unterstellen, die HKM arbeitet mit einem weltanschaulichen Vorverständnis, das klammheimlich etabliert wird. Oder wie Paul in einem Moment prophetischer Klarheit am 18. Juli 2013 um 05:56 schrieb: „Lieber Herr Rau … Zu Ihrer Verdrängungstheorie: Nun ja, über fast zwei Jahrtausende waren Ihre Axiome in Geltung … Jetzt sind andere dran.“
Genau das ist die Frage: Ist die HKM eine Art trojanisches Pferd, mit dessen Hilfe die „Axiome“ des christlichen Glaubens aus Theologie und Kirche gedrängt und durch die der Aufklärung ersetzt wurden?
A.Rau
Liebe Britta,
falls Sie hier doch reinschauen sollten, bitte ich Sie, sich das hier gebotene Bild einmal "plastisch" vor Augen zu halten: Da gibt es eine wissenschaftliche Methode, die in Theologie und Kirche das absolute Monopol besitzt. (Das wird auch vom Bischof. s. oben, diplomatisch bestätigt.) Dann kommt ein dummer Eisenbahner, der sein Leben lang nichts anderes gemacht hat, als Schranken zu drehen, und stellt paar Fragen. Und siehe da, es findet sich hier niemand, der sich auf diese Fragen einläßt. All die großartigen Kämpfer für den wahren B-Glauben kneifen! Ist das nicht eine famose Wissenschaft?
A.Rau
Lieber HKM-unwürdiger Herr Rau,
Sie wagen es, in den erlauchten Zirkel jener hineinschauen zu wollen, die, wie im Mittelalter, als das Volk die Kirchensprache Latein nicht verstehen konnte und sollte, allein den Schlüssel zur Himmelstür als ihren Besitz wähnen? Sie dürfen sie allenfalls mit der Bahn zur großen Allversöhnungsparty bringen, ob Sie mit rein dürfen, entscheidet sich je nach politischer Lage an diesem Zeitpunkt. (Andererseit, einer muß ja die Häppchen und die Getränke servieren und dann den Dreck wegmachen, den solche Truppen zwangsläufig hinterlassen).
Nein, es gilt nicht mehr, daß wir so werden sollen wie die Kindlein, um das Himmelreich zu schauen und Jesus ist auf dem Weg zum Vater wahrscheinlich auch entbehrlich geworden, weil es ihn ja in der Form nicht gab oder gibt, wie wir unser Leben lang glaubten. Selbst den Vater, der ja kein Gott ist, den es gibt, wird sicher nur eine Hilfskonstruktion zur Rechtfertigung von allem Möglichen, was so in der Weltgeschichte durch Christentum gerechtfertigt werden sollte, sein. Dieser Rang wird ihm allerdings abgelaufen, wobei sicher bald eine neue Methode sich durchsetzen wird: alles ein Gott, egal ob Allah oder Jahwe. Und dann wird es schnell "Wissenschaftler" geben, die herausfinden, daß das schon immer in der Bibel stand bzw. so zu interpretieren ist. Ein paar Kostproben von unterhaltsamen Interpretationen hatten wir hier doch schon.
HKM ist - wenn Werkzeug über Meister steht - die Methode, Politkirche salonfähig zu machen und die Gemeinde als gemeines Fußvolk aus den tieferen Geheimnissen des Glaubens herauszuhalten, verschwurbelt mit manch seltsamen bis beleidigenden Begründungen, warum ein Normaldenkender aber Nichttheologe nie Zugang zur HKM haben könne...
nehmen Sie es sportlich, der HERR wird die seinen schon finden
Herzlichst
Ihr HKM-unwürdige Britta
Liebe Gemeinde,
vielleicht ist es noch etwas früh, aber für mich wird es Zeit, hier einen Schlußstrich zu ziehen. Eta Linnemann schreibt: "Als ich seinerzeit bei Rudolf Bultmann studierte, machte er uns deutlich, daß wir - ungeachtet unseres persönlichen Glaubens - in der neutestamentlichen Wissenschaft zu arbeiten hätten "ut si Deus non daretur", als ob Gott nicht existiere. Ob man das heute den Studierenden an den theologischen Fakultäten noch so deutlich sagt, ist mir nicht bekannt. Die Theologie, die dort gelehrt wird, und die "Methoden", die man den Studierenden dort beibringt, gehen aber nach wie vor von dieser Voraussetzung aus, einerlei, ob man sie zur Sprache bringt oder nicht."
Hat jemand schon mal etwas ghört von einer Wissenschaft, die Anthropologie betreibt, als ob der Mensch nicht existiert? Oder von einer, die Biologie betreibt, als ob es kein Leben gebe; oder von Philologie oder Geologie, die arbeiten als ob ... Aber immerhin, es gibt eine Wissenschaft, die treibt Theologie, als ob Gott nicht existiert. Und diese "Wissenschaft" herrscht über die Ausbildung des Pfarrernachwuchses der ev. Kirche.
HERR, ERBARME DICH!!!
A.Rau
Liebe Gemeinde,
zugegeben mein Schlußstrich war etwas suboptimal, deshalb hier noch ein richtiger. Über Prof. Dr. Eta Linnemann kann man lesen: Sie "war Bibelkritikerin. Sie war Schülerin von Bultmann, Fuchs, Gogarten und Ebeling. Ihr erstes Buch wurde ein Standardwerk der historisch-kritischen Theologie." Doch dann ist ihr ein Missgeschick passiert, und zwar das gleiche, das auch unserem Paul passiert ist. Sie ist in den Graben gestürzt und auf der anderen Seite wieder herausgeklettert. Der Unterschied ist nur, Paul ist von der A-Seite aus hineingefallen und auf der B-Seite wieder herausgekommen; Eta Linnemann ist von der B-Seite aus hineingefallen und auf der A-Seite herausgklettert. Nach diesem Abenteuer vertritt sie folgende Überzeugung zur HKM:
"Ihre Anwendung ist keine Ausübung erlernter wissenschaftlicher Arbeit. Vielmehr wird durch die Initiation in einen auf Vorurteilen begründeten Vorstellungskomplex das Denken reguliert, so daß es fortan in den durch die angeblichen Methoden vorgegebenen Bahnen verläuft. Das Prestige der Wissenschaft, das die Eingeweihten besitzen, macht die Adepten willig, die Initiation an sich vollziehen zu lassen.
Wir sollte aber nicht länger den ausgeklügelten Mythen der Bibelkritiker folgen, sondern das Katzengold ihrer angeblichen Wissenschaftlichkeit als wertlos liegen lassen und uns einfältig an Gottes inspiriertes Wort halten, das Worte des ewigen Lebens für uns bereithält."
Amen!
A.Rau
Lieber Andreas,
dazu passt auch dieses Zitat von Bodelschwingh. Ich glaube, dass die meisten Befürworter der HKM nicht wiedergeboren sind und somit den Geist Gottes nicht haben.
Dein Vergleich ist gut. Ein Anthropologe, der so forscht, als gäbe es keine Menschen, wäre eine Witzfigur. Aber in der Theologie ist das möglich.
Unaufhaltsam ergießt sich eine Flut glaubensloser und oft pietätloser Kritik von den theologischen Lehrstühlen unserer deutschen Hochschulen über unsere arme theologische Jugend und rüttelt an der Grundlage unseres Glaubens, nämlich an der Heiligen Schrift. Viele junge Theologen ziehen fröhlich im Glauben auf die Universität und kommen mit gebrochenen Glauben zurück. Es schreien viele Vater- und Muttertränen gegen solche grausamen Seelenhirten auf evangelischen Lehrstühlen. (…) Wer zwingt die Leute zu solchem grausamen Dienst? Um Glauben kämpfende, um Gewissheit ringende, wissenschaftlich fleißige und gründliche, nicht fertige, aber immer tiefer in die Wahrheit eindringende Männer der Schule kann ich gut leiden; aber nicht solche, die ihre leichtfertigen Zweifel und hoffärtigen Fündlein als sichere Resultate der Wissenschaft ihren Schülern darbieten.
(Friedrich von Bodelschwingh)
Lieber Andreas,
auch ich habe das Gespräch hier nebenbei etwas mitverfolgt. Es scheint schon so zu sein, dass die übergroße Mehrheit der universitären Lehrkäfte unter genau diesen Prämissen der HKM, die du angeführt hast, lehrt. Das bestätigt auch eine Aussage von Siegfried Schneebrenner (dessen sachliche Herangehensweise ich sehr schätze) aus dem Idea-Forum: "Diesen Standpunkt, dass historische und geistliche Exegese zusammengehören, ..., teile ich auch! Leider kenne ich außer mir nur sehr wenige evangelische Theologen, die auch so denken - keiner von ihnen ist aktiver Vertreter eines exegetischen Fachs. ... Aktuell ist die Exegese an den evangelischen Fakultäten aber weithin rein historisch-kritisch (auch feministisch und sozialgeschichtlich o.ä.). Wie man die Bibel auslegen soll für Predigt und Seelsorge lernt man hier nicht einmal im Ansatz."
Sei es, wie es sei. Es gibt neben und in Reaktion auf die negativen Schlagzeilen der letzten Wochen auch manches Hoffnungsvolle. Ulrich Parzany wäre hier zu nennen - und das, was da in Reaktion auf M. Diener geschieht. Aber auch da braucht es die Bereitschaft, den Rahmen nicht übereng zu ziehen, sonst kocht wieder jeder sein eigenes Süppchen. Das dürfte in Zukunft die größte Herausforderung sein.
Ansonsten hat der gegenwärtige Papst mit seinem Video auf Youtube auch für heilsames Erschrecken gesorgt. Scheint fast, als öffne sich der zukünftige Horizont: Einigkeit unter den Religionen unter der Führung Roms. Es wird langsam einsamer.
Viele Grüße
Christoph
Lieber Herr Rau,
mich beschäftigen gerade andere Dinge. Der Zusammenfall der Zivilgesellschaft und die Sehnsucht vieler nach dem Bürger*innenkrieg etwa. Und die Tatsache, dass sich viele, die sich als Christ*innen bezeichnen – als treue noch dazu – sich mit den Nazis von Pegida und Legida verbinden, um als besorgte Bürger*innen auf der Straße Terror zu billigen – wie wir es gerade in Leipzig erlebt haben. Mich bekümmert die radikale Infragestellung des Rechtsstaates (den Nationalstaat können Sie von mir aus in der Pfeife rauchen). Und ich studiere im Moment intensiv den, von dem Luther meint, dass er ein verdammte(r), hochmütige(r), schalkhafte(r) Heide sei. Wenn Sie Interesse haben, schicke ich Ihnen zwei Texte dazu aus der Reihe, die mit Wittgenstein begonnen hat.
Nun aber einmal: Die HKM ist eine Methode – aber keine Methode für alles. Sie ist eine Methode für das Textverständnis. Wenn ich mit den Mitteln der HKM arbeite, weiß ich am Ende etwas über den Text. Das berechtigt nicht zu dogmatischen Aussagen oder zu anderen Aussagen. Dafür sind andere Methoden zuständig oder andere Fachbereiche. Wenn ein Mörder ein Skalpell nutzt, machen Sie doch nicht den Chirurgen verantwortlich – oder?
Nun aber – in der Tat entsteht die HKM in einem bestimmten Kontext – und sie dient nicht allein zum Verständnis der biblischen Schriften.
Im Fall der Bibel können Sie sich das so erklären: Menschen mit wachem Geist lesen die Bibel und merken, dass da etwas nicht stimmen kann. Entweder ist Gott schizophren – denn sonst würde er die gleichen Ereignisse nicht unterschiedlich diktieren. Oder er war bei der Auswahl der Aufschreiber sehr nachlässig, da diese nicht richtig zuhören oder richtig aufschreiben konnten. (Zwei Beispiele, die ich schon mal gebracht hatte: Wie viele Tiere von jeder Art auf der Arche? Wie wird das Sabbatgebot begründet – also, was stand auf der Tafel, die Mose vom Berg mitgebracht hatte?) Beides kann aber doch auf Gott nicht zutreffen – oder sehen Sie das anders? Als dritte Möglichkeit: In der Bibel gibt es verschiedene Textebenen, mehrere Texte wurden zusammengeschrieben, es gibt verschiedene Quellen u.s.w. Wenn man diesen Gedanken einmal gedacht hat, folgt das andere von selbst. Und nun ist es leider so, dass Leute, die eine Methode gefunden haben, meinen, sie hätten die Methode gefunden. Dabei lehrt Aristoteles schon in seinem Buch Περὶ Ψυχῆς, dass verschiedene Bereiche verschiedene Methoden brauchen. Und manchmal beweisen sie etwas, was mit der Methode gar nicht zu beweisen ist. Vor einigen Jahren hatte ich Herrn Gerbeth darauf aufmerksam gemacht. Sie können das hier nachlesen: http://a.sonntag-sachsen.de/2012/07/19/erst-horen-dann-reden/comment-pag...
In diesem Sinne können Herr Dr. Rentzing und wahrscheinlich Herr Voigt mit der Methode etwas anfangen. Ob Herr Voigt in gleicher Weise wie Dr. Rentzing kann ich nicht einschätzen; ich fürchte: Eher nicht.
Nun hat die Methode Grenzen. Aber sie liefert im Rahmen ihrer Möglichkeiten Erkenntnisse, die für die weitere theologische Arbeit wichtig sind. Außerdem ist sie ein wichtiges Werkzeug, um den verschwurbelten Ansichten mancher Theolog*innen etwas entgegenzusetzen. Und zwar in alle Richtungen. Der Unfug, der z.B. von Bastls Seite immer kommt, ist ja nicht besser als das, was zum Teil von denen kommt, die Sie des Zeitgeistes zeihen. Mit Hilfe dieser Methode kann man zeigen, dass beide Gruppen sich nicht zurecht auf die Bibel berufen. Was sie machen, mag falsch oder richtig, angemessen oder unangemessen sein – das zu entscheiden ist nicht die Aufgabe der HKM. Nur die Sachbezogenheit kann mit Hilfe der HKM festgestellt werden. Und deshalb geht die Forschung immer weiter, weil Menschen gern mal ihre Erkenntnis objektiv machen wollen.
Eine witzige Geschichte: Ein Bekannter von mir hatte sich mit Tübinger Stud. Nach Ihrem Herzen unterhalten. Da es ein Bekannter von mir war, stellte er ihm die Frage nach Auge und Hand. Der Stud. verstand nicht gleich. Als er merkte, dass er gerade in der Graben zu stürzen drohte, sagte er: „Das hat mir der Heilige Geist gesagt.“ Ein absolut unschlagbares Argument – finden Sie nicht auch? Ich meine – Sie als lutherischer Laie.
Wenn Sie die Methode nicht mögen, müssen Sie sie nicht benutzen. An der Uni finde ich sie in ihrem Fachbereich alternativlos. Im Leben wäre es traurig, wenn wir keine andere Erschließungsmöglichkeiten hätten.
Herzlich
Ihr Paul
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