Ruhe schön!
Gesellschaft und Klima verändern sich. Das hat auch Auswirkungen auf unsere Bestattungskultur.
Atlaszeder, Amberbaum, Silberlinde, Tulpenbaum. Wenn Matthias Fritz über die größte Grünfläche von Roßwein führt, dann klingt es für die Gäste nach einem botanischen oder englischen Garten. Fremde und zum Teil auch seltene Gehölze wachsen hier auf den Wiesen und am Wegesrand. GurkenMagnolie, Tulpenbaum oder Zierapfel blühen zudem sehr attraktiv und lassen die Besucher fast vergessen, dass sie über einen teils schon 600 Jahre alten Friedhof spazieren. Genau das sollen sie auch, denn der Stadtfriedhof will attraktiv bleiben – nicht nur als Erholungs- und Ruheort, sondern auch als Bestattungsort. „Viele Menschen wollen gern am Baum bestattet werden“, weiß Friedhofsverwalter Fritz von der Kirchgemeinde Roßwein-Niederstriegis. Der 60-Jährige weiß auch, dass deshalb die Friedwälder den Friedhöfen mächtig Konkurrenz machen.
Doch die Friedhöfe reagieren: Bestattungen am Baum sind möglich, in kostengünstigen und pflegearmen Urnengräbern. 90 Prozent der Beisetzungen seien Feuerbestattungen, sagt Fritz. Und mittlerweile würden 80 Prozent der neuen Gräber in Friedhofspflege gegeben. Häufig wohnten die Angehörigen nicht mehr am Ort. Der Friedhofsreferent der Landeskirche, Holger Enke, kennt diesen Trend und die Aufgabe, „Menschen von der Pflege zu entlasten“, wie er sagt. Ein weiterer Trend sei die naturnahe Gestaltung von Friedhöfen sowie die nötige Anpassung an den Klimawandel.
Friedhofsmeister Fritz, der ausgebildeter Landschaftsbauer ist, bietet in Roßwein seit 2015 deshalb Ruhegärten an (Foto oben) – mittlerweile fünf an der Zahl. Das sind landschaftlich komplett gestaltete Bereiche mit Urnengräbern, ganz ohne Pflegeaufwand für die Pächter. Allerdings auch ohne die aufwändige Wechselbepflanzung, dafür mit attraktiven Stauden. Der Klimawandel mit größeren Trockenperioden erfordere nämlich eine Anpassung bei der Pflanzenauswahl, zeigt Matthias Fritz auf jetzt häufiger verwendete Gräser. Sie brauchen weniger Wasser, müssen also seltener gegossen werden.
Sonst kommen die Friedhofsmitarbeiter bei Hitze- und Trockenperioden wie derzeit schnell an ihre Grenzen – und die Pflanzen dann auch. Das gilt übrigens ähnlich für die Bäume, weshalb der Friedhofsmeister auf robustere Gehölze aus Nordamerika oder auch aus wärmeren und trockeneren Gebieten setzt. Meister Fritz träumt derweil schon von einem Gießroboter, der dann abends und nachts die Bepflanzungen auf und an den Gräbern wässert. Das Friedhofsgelände biete derzeit aber nicht die Voraussetzungen dafür, sagt er.
Auf dem Trinitatisfriedhof in Meißen dagegen sind sie optimal. Das hat Pfarrer Christoph Rechenberg festgestellt und bilanziert nach gut einem Jahr mit dem Gießroboter: „Er ist sehr zuverlässig und sensibel.“ Und die Unterschiede zu den vom Friedhofsteam gegossenen Gräbern seien wirklich sichtbar, sagt der Pfarrer und ist überzeugt vom Nutzen der kostspieligen Neuanschaffung. Etwa 270 Gräber versorgt der Roboter derzeit. Es sei noch Luft nach oben, so der Pfarrer. Doch angesichts mangelnder Belegungszahlen will Friedhofsgärtnerin Rosa Pätzig aus Dresden den Menschen ins Bewusstsein zu rufen, dass Friedhöfe gerade in urbanen Gegenden wertvolle Naturorte sind. „Friedhöfe sind Parks und wichtige Erholungsanlagen für Besucher. Sie sind Trittsteine für die Natur und Umwelt.“ Wie in Roßwein.
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