Streit ums Alte Testament
Das AT ist zweitrangig: Der Theologe Notger Slenczka bestreitet den kanonischen Rang des Alten Testaments. Denn es handelt nicht von Jesus Christus und richtet sich auch nicht an die Christen.Das AT ist zweitrangig: Der Theologe Notger Slenczka bestreitet den kanonischen Rang des Alten Testaments. Denn es handelt nicht von Jesus Christus und richtet sich auch nicht an die Christen.
Diesen neue Konsens in Theologie und Kirche bezeichnet Slenczka als eindeutigen »Bruch mit dem Schriftverständnis der Christenheit bis ins 20. Jahrhundert hinein«, die das AT christologisch verstand. Wenn das AT dem Judentum gilt, gebe es für Christen »kein Recht, sich auf diese Texte als Grund und Norm ihres Lebens im gleichen Rang neben den Texten des Neuen Testaments zu beziehen«.
Wenn kein christologischer Sinn im AT steckt, müsse vielmehr nach dem nicht-christologischen Sinn gesucht werden – dieser habe dann aber keine kanonische Bedeutung mehr, die eben den Christusbezug voraussetzt. Vielmehr könne das AT als »Apokryphe« (»verborgene Schrift«) ein wichtiger Sinnlieferant jenseits des christologischen Bezugs sein.
Notger Slenczka: Vom Alten Testament und vom Neuen. Beiträge zur Neuvermessung ihres Verhältnisses. EVA 2017, 506 S., 44 Euro.
Der jüdisch-christliche Dialog habe gezeigt, dass der ganze vielfältigen Reichtum der Schrift gemeinsam mit den jüdischen Glaubensgeschwistern zu entdecken ist. Dieser Reichtum der ganzen Bibel dürfe nicht verkürzt werden auf wenige biblische Bücher, einige Evangelien und den Römerbrief beispielsweise, gar das Neue Testament als einzigen im eigentlichen Sinn kanonischen Bibelteil.
Im AT stecke vielmehr ein »Verheißungsüberschuss« (Erich Zenger), der durch Jesus Christus nicht erschöpft sei. Ob nun die jüdische oder die christliche Erlösungshoffnung stimmt, werde Gott am jüngsten Tage klären.
Die neue Lektion besteht in der Wiederentdeckung, dass Jesus Jude war. Und dass das Christentum – laut Paulus – »in den Ölbaum (des Volkes Israel) eingepfropft« wurde. »Wer aber nur auf einen Baum eingepfropft wurde, sollte Wurzel und Stamm nicht exklusiv für sich beanspruchen«, so Markschies.
Es sei klar, »dass eine schlichte Reduktion von Kernbeständen christlicher Theologie der falsche Weg ist, um im Angesicht des Judentums (...)christliche Theologie zu betreiben.« Im Blick auf den einen Kanon der christlichen Bibel aus Altem und Neuem Testament sei das – von vereinzelten Stimmen abgesehen – immer deutlich gewesen.
Christoph Markschies: Reformationsjubiläum 2017 und der jüdisch-christliche Dialog. EVA 2017, 128 S., 15 Euro.