Gegen Kirchen-Klischees
Neuerscheinung: Manfred Lütz rollt in seinem neuen Buch viele Vorurteile gegen die Kirche auf. Weder gehen die Hexenverfolgungen noch die Kreuzzug-Massaker auf ihr Konto – so jedenfalls deutet er die neuere Forschung.
Keine Frage: die Kirche hat es nicht leicht mit ihrer Geschichte. Denn – so die tief eingeprägte landläufige Meinung: an ihr klebt Blut. Ob Kreuzzüge, Ketzerverfolgung oder Hexenverbrennung – das Sündenregister der Kirche sei lang. So jedenfalls die reflexhafte Kirchenkritik vieler Zeitgenossen. Für den Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz wogen diese Urteile schwer. Denn sie lassen durchaus am Christentum zweifeln. Wenn die angebliche kirchliche Schuldgeschichte so stimme, sei das für Lütz nichts weniger als ein »Todesstoß« für das Christentum. Denn wenn die Geschichts-Werdung Gottes in einer brutalen Schuldgeschichte endet, müsse das Christentum als widerlegt angesehen werden.
Inmitten dieser Zweifel stieß Manfred Lütz aber auf ein Buch des Historikers Arnold Angenendt mit dem Titel »Toleranz und Gewalt – Das Christentum zwischen Bibel und Schwert« (2007). Und was er hier las, änderte alles. Denn Angenendt entlarvt die meisten Klischees der Kirchen(geschichts)kritik als haltlos. Viele der im allgemeinen Gedächtnis so tief sitzenden Gräueltaten der Kirche haben gar nicht so stattgefunden – sie sind »Fake News«, die vor seriöser wissenschaftlich-historischer Forschung keinen Bestand haben.
Lütz bereitete das wissenschaftliche Buch Arnold Angenendts für eine breitere Öffentlichkeit auf. Es ist nun unter dem Titel »Der Skandal der Skandale. Die geheime Geschichte des Christentums« erschienen. Das Ergebnis sei keine »Reinwaschung« des Christentums, betont Lütz, aber doch eine deutliche Relativierung der meisten Vorurteile.
Da ist zum Beispiel die Hexenverfolgung. Für die meisten geht das auf das Konto der kirchlichen Inquisition. Doch die neue Forschung hat herausgefunden, dass die Kirche weitgehend sogar hemmend auf diese Verfolgungen eingewirkt habe. Denn es war zu Beginn des 16. Jahrhunderts oftmals die Lynchjustiz eines aufgebrachten Mobs, der aufgrund von Denunziation und Angst vor Zauberei die »Hexen« brutal verfolgte. Aufgrund dieser Pogrome mussten Staat und Kirche reagieren. Es waren die weltlichen Gerichte, die die Hexenprozesse aufnahmen – und dabei selten für die als Hexen angeklagten Frauen eine Hilfe waren. Besonders in Deutschland kam es zu tausenden Hinrichtungen. Hier wurde der Begriff »Justizmord« geprägt. Aber es waren weltliche Gerichte. Und es war der Jesuit Friedrich Spee (1591–1635), der mit seinem Buch »Cautio criminalis« die Hexenverfolgung beendete – mit einer juristisch durchschlagenden Argumentation, die christlich motiviert war. »Tatsächlich war es also das Christentum, das die aus heidnischem Volksaberglauben entstandenen Hexenverfolgungen beendete«, schreibt Lütz. Sein Buch ermöglicht tatsächlich eine ganz neue Sicht.
Manfred Lütz: Der Skandal der Skandale. Die geheime Geschichte des Christentums. Unter Mitarbeit von Arnold Angenendt. Herder Verlag 2018, 22 Euro.
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