Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums in diesem Jahr hat der polnische Senat die Protestanten in dem überwiegend katholischen Land und ihren gesellschaftlichen Beitrag gewürdigt. Der Protestantismus habe sich auf die Entwicklung von Kultur, Muttersprache, Schulbildung und Kirchenmusik sowie auf das Nationalbewusstsein der Polen ausgewirkt, heißt es in einer in der Nacht zum Donnerstag in Warschau beschlossenen Resolution, die im Senat heftig umstritten war. In Polen gehören rund 90 Prozent der Bevölkerung der katholischen Kirche an.
Geehrt werden mit dem Beschluss vor allem Schriftsteller wie Mikolaj Rej (1505–1569), der als Vater der polnischen Literatur gilt, sowie Geistliche, Politiker und Offiziere. Die Idee der Reformation kam im 16. Jahrhundert nach Polen. Das Land sei ein Muster an religiöser Toleranz in Europa gewesen sei, heißt es in der Resolution. Viele polnische Adelige nahmen damals den calvinistischen Glauben an.
In dieser Periode, die als "Goldenes Zeitalter" bezeichnet wird, entwickelte sich auch die nationale Literatur. Der Dichter Rej, der aus einen aufstrebenden Adelsfamilie stammte, schrieb nur auf Polnisch. Als Kirchenkritiker schloss er sich der Reformationsbewegung an und wurde selbst ein Anhänger des Genfer Theologen Johannes Calvin (1509–1564).
Der Verabschiedung der Würdigung im polnischen Senat war eine hitzige Debatte vorangegangen. Für Katholiken wäre das Feiern der Reformation vor 500 Jahren, "als ob man an der größten Spaltung in der Kirchengeschichte mitwirkte", argumentierte der Abgeordnete der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), Czeslaw Ryszka, dem polnischen Rundfunk zufolge. Letztlich stimmten 40 Abgeordnete für den Beschluss, 27 dagegen, 17 enthielten sich.
Die Resolution war von Senator Tadeusz Kopta initiiert worden, ebenfalls ein Mitglied der PiS. Aufgrund der Debatte in der zweiten Kammer des Parlaments soll sich eine Senatskommission nun noch mit nachträglichen Änderungen des Papiers befassen.
In Polen leben nach Angaben der Evangelisch-Augsburgischen Kirche heute rund 70.000 Lutheraner. Die Evangelisch-Reformierte Kirche, die in der Tradition Calvins steht, hat noch 3.000 Mitglieder.
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