Wut, Trauer, Scham
Die Theologin Sarah Vecera wurde bei einer Lesung in der Leipziger Taborkirche bedrängtAm vergangenen Donnerstagabend veranstaltete die Initiative »Projekt-Raum-Kirche« der Kirchgemeinde im Leipziger Südwesten eine Lesung mit Pfarrerin Sarah Vecera in der Taborkirche. Sie las im Rahmen der »Internationalen Wochen gegen Rassismus« aus ihrem Buch »Wie ist Jesus weiß geworden? Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus«. Am Ende der Lesung ist es zu einem Vorfall gekommen. Hierzu erklären der Pfarrer der Gemeinde, Sebastian Ziera, und Projektleiterin Fanny Lichtenberger: »Es war eine sehr gelungene Veranstaltung, die aber einen erschreckenden Moment zum Ende hin hatte: Ein Unbekannter in schwarzem Mantel, schwarzer Mütze und Sonnenbrille nahm an der Lesung teil. Zum Ende der Lesung zog er seinen Mantel aus und kam in einer orangenen Hose und einem orangenen T-Shirt mit der Aufschrift »God first. / Make Germany great again« nach vorn. Er hatte einen Blumenstrauß mitgebracht und war somit vorbereitet. Es sah nach einem Dank aus. Und dann kam er Sarah Vecera auf eine erniedrigende und demütigende Weise nahe. Es war ein aggressiver Übergriff. Die Security, die die Veranstaltung begleitete, verhinderte Schlimmeres. Die Polizei wurde eingeschaltet. Der Vorfall hat uns sehr getroffen und geschockt. Alle, die bei der Lesung waren, wurden Zeugen von Diskriminierung, Aggression und Erniedrigung gegenüber unserer Glaubensschwester und Freundin. Wir empfinden unsagbare Wut, tiefe Trauer und auch Scham!« Nach dem Vorfall äußerte sich Sarah Vecera auf ihrem Instagram-Kanal im Internet und schrieb unter anderem: »Die Kirche in Leipzig hat übrigens von sich aus Security engagiert und nichts falsch gemacht – ganz im Gegenteil und dafür bin ich ihnen sehr dankbar.«
Am Montag äußerte sich Landesbischof Tobias Bilz auch via Instagram zu dem Vorfall: »Es war ein guter Abend. Aber zum Ende hat sich ein Mann ihr mit schlechten Absichten genähert. Zum Glück hat die Security Schlimmeres verhindert. Ich nehme dieses Vorkommnis zum Anlass, um zu sagen, dass der christliche Glaube nicht mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Einklang zu bringen ist. Ursprung und Ziel unseres Glaubens weiten den Horizont und haben mit diesen Einstellungen nichts zu tun. Ich danke Pfarrerin Vecera ausdrücklich für ihre Arbeit und für ihr Engagement und ich wünsche ihr weiterhin Mut dafür.« Und der rheinische Präses Torsten Latzel schrieb auf Facebook: »Diesen Angriff verurteilen wir als Evangelische Kirche im Rheinland aufs Schärfste. Kirchen sollten ein sicherer Raum für alle sein – vor allem für Menschen, die sich wie Sarah Vecera gegen Rassismus und Unterdrückung einsetzen. Dafür stehen wir weiter ein und sind im Gebet bei ihr und wünschen viel Kraft und Ruhe.«
Pfarrer Ziera und Fanny Lichtenberger sehen sich in der Notwendigkeit ihres Engagements bestätigt: »Wir teilen mit Sarah ihren Traum von einer Kirche ohne Rassismus, ohne Diskriminierung. Es ist nach wie vor unsere Aufgabe, gegen rassistische und diskriminierende Strukturen und Verhaltensweisen in unserer Welt, Kirche und Gesellschaft aktiv zu werden.«
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