Lieber Paul,
eine kleine Richtigstellung: wer etwas aus einer logischen Folge von Ereignissen postuliert, was in der Zukunft vorauszusehen ist, sehnt dies nicht herbei! Oder denken Sie, Kassandra hätte den Untergang Trojas herbeigesehnt? Wenn ich aufgrund des Verlaufs einer Krankheit den Tod des Patienten voraussehe, sehne ich ihn deshalb nicht herbei! Aber Sie müssen schon zugeben, daß wir nahe an meiner Auffassung sind, warten wird also ab.
Pegida oder Legida pauschal als Nazis zu betiteln halte ich für hochgradig unseriös, auch wenn Sie die nicht leiden können. Oder stimmt es wirklich, daß böse Menschen keine Grundrechte haben (natürlich legen Sie fest wer, böse ist)?!
Wo soll ich den Aufsatz für die Rechten schreiben, im Forum ist momentan nichts, wo es so richtig hinpaßt - oder ich schicke Ihnen den zu....
Herzlichst
Ihre Britta
Heilig oder historisch?
Theologen drehen jeden Satz in der Bibel um auf der Suche nach historischer Wahrheit. In Kirchgemeinden können das viele nicht nachvollziehen – auch ein Grund für die jüngsten innerkirchlichen Debatten.Was haben die Weihnachtsgeschichte, die Schöpfungserzählungen und die Übergabe der Zehn Gebote an Mose gemeinsam? Sie gehören zu den Kerntexten christlichen Glaubens – und sind, glaubt man historisch-kritischen Forschungsergebnissen, in Wirklichkeit wohl nie geschehen.
Seit der Zeit der Aufklärung klopfen Theologen ausgehend von Deutschland die Bibel Satz für Satz ab, fragen historisch-kritisch nach den Umständen ihrer Entstehung, ihrer Echtheit, sogar nach mündlichen Vorläuferquellen. Und entscheiden so mit dem Werkzeug wissenschaftlicher Wahrscheinlichkeiten, was Gotteswort ist – und was nur der jeweiligen Zeit geschuldet.
»Doch die Gemeindepraxis hat sich sehr weit entkoppelt von der akademischen Theologie«, sagt der Plauener Schulpfarrer Falk Klemm. »Die historisch-kritische Theologie schafft Distanz zur Bibel. Gemeindeglieder haben Trost in ihr erfahren und plötzlich sollen sie über sie urteilen.«
Klemm ist einer der Sprecher der Sächsischen Bekenntnisinitiative, die sich gegen die Öffnung von Pfarrhäusern für gleichgeschlechtliche Partnerschaften wendet. Die harte Debatte um die Haltung der Bibel zur Homosexualität hat hier eine ihrer Wurzeln: Viele Theologen sehen sie historisch-kritisch in der Zeit ihrer Entstehung begründet und damit als überholt an – viele konservative Christen in den Gemeinden verstehen das nicht.
Die Bekenntnisinitiative fordert deshalb Alternativen zur historisch-kritischen Theologie in den Ausbildungsstätten der Landeskirche. »Die historisch-kritische Methode geht aus ideologischen Gründen von dem Aberglauben aus, dass Gott in der Geschichte gar nicht direkt eingreifen kann. Das ist methodischer Atheismus«, kritisiert Falk Klemm. Wunder oder echte Prophetie? Die seien unter rationaler Perspektive undenkbar. »Die historisch-kritische Methode muss aus der Bevormundung durch die Vernunft herauskommen. Dann haben wir wieder Gott direkt«, fordert der Pfarrer.
Studierende mit einer konservativen Frömmigkeit haben auch an der Leipziger Universität mit der historisch-kritischen Methode zu kämpfen. »Das ist für sie oft ein schockierendes Moment«, weiß Cornelius Voigt, Studienassistent des konservativen Leipziger Theokreises. »Ich habe selbst auch großen Gewinn aus der historisch-kritischen Methode gezogen«, sagt Voigt. »Aber sie ist fast die einzige Methode in der universitären Theologie – da würde ich mir mehr Alternativen wünschen.«
Die gibt es vor allem außerhalb des historisch-kritischen Mutterlandes Deutschland. Amerikanische Theologen versuchen in der kanonischen Exegese, biblische Texte stärker von ihrer Stellung in der Bibel her zu verstehen. Aus der französischen Literaturwissenschaft kommt die Idee, die Geschichten der Bibel wie Erzählungen zu analysieren. Und dann gibt es noch die fundamentalistische Bibelauslegung.
»Jede Methode braucht Kritik und Ergänzungen«, sagt Sachsens Landesbischof Carsten Rentzing. »Den Mut dazu wünsche ich mir an den Theologischen Fakultäten – aber dafür sind sie in akademischer Freiheit selbst zuständig und diese Debatten sind in ihnen auch schon angekommen.«
Er selbst habe als Theologe immer historisch-kritisch gearbeitet und diese Methode als Segen empfunden, weil sie auch von Irrtümern befreie, betont der Bischof. »Man muss die Vernunft gebrauchen, um die Heilige Schrift zu verstehen – aber eine Verkündigung wird nur möglich sein, wenn man die Schrift selbst zu Wort kommen lässt neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen.« Für den Landesbischof ist das kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander.
Britta schreibt:
15. Januar 2016, 8:38
Liebe Britta,
es gibt keine logische Folge von Ereignissen, die die Zukunft voraussehen ließen. (Dafür besteht die zumindest theoretische Möglichkeit, aus der Geschichte zu lernen und Folgen zu ziehen.) Kassandra war von der Gottheit besessen. Auch ohne Krankheit kann ich den Tod des Patienten voraussagen – im Rahmen der kantschen Erläuterungen.
Der Bürger*innenkrieg wird herbeigeredet von denen, die nicht wissen, was sie da machen. Und ich meine, bei vielen eine Sehnsucht danach zu spüren, es mal so richtig krachen zu lassen. Lesen Sie doch mal den Demian. Neben einem Kick versprechen sie sich etwas, was sie nicht erreichen werden. Am Krieg verdienen immer andere – nie die, die ihn führen.
Aber ich glaube nicht an den Bürger*innenkrieg. Wenn sich Nazis und die Antifa Schlachten liefern, ist das kein Bürger*innenkrieg. Wenn die sächsischen Bergvölker meinen, jetzt endlich auch mal in die weite Welt tröten zu müssen, ist das auch keiner. Selbst das, was in der Türkei gerade passiert, ist noch keiner. Bürger*innenkrieg können Sie sich in Syrien anschauen.
Nicht alle bei Pegida (bei Legida sind es viele) sind Nazis, aber alle denken nicht zu Ende. Das ist allerdings kein Alleinstellungsmerkmal. Das böse Menschen keine Grundrechte hätten, haben Sie von mir noch nie gehört. Es gibt aber eine gute Begründung, Grundrechte – egal von wem – einzuschränken. Dazu folgendes:
»Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das bedeutet, daß meine bürgerlichen Rechte dort aufhören, wo die Würde meines Mitmenschen anfängt.«
John Stuart Mill macht eine bemerkenswerte Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. In seinem großartigen Buch Über die Freiheit schreibt er im Dritten Kapitel (zitiert nach Reclam 2010, S. 81.): “Nachdem wir die Gründe, die es zum Gebot machen, dass die Menschen frei ihre Meinung bilden und sie ohne Einschränkung äußern, erwogen und die verderblichen Folgen für die intellektuelle und damit auch moralische Natur des Menschen erörtet haben, falls diese Freiheit nicht zugestanden und auch nicht trotz aller Verbote durchgefochten wird, wollen wir als Nächstes untersuchen, ob nicht dieselben Gründe verlangen, dass die Menschen auch die Freiheit haben sollten, nach ihrer Meinung zu handeln und sie im Leben durchzusetzen, ohne von ihren Mitmenschen durch physischen oder moralischen Zwang daran verhindert zu werden – solange es auf eigene Kosten und Gefahr geht. Dieser letzte Vorbehalt ist natürlich unerlässlich. Niemand behauptet, dass Handlungen ebenso frei sein dürften wie Meinungen. Im Gegenteil: selbst Gedanken verlieren ihre Straflosigkeit, wenn die Umstände, unter denen sie ausgesprochen werden, von der Art sind, dass ihr Ausdruck eine direkte Aufreizung zu irgendeiner Schandtat bildet. Die Meinung, dass Getreidehändler die Armen aushungern oder dass Eigentum Diebstahl ist, sollte unangefochten bleiben, wenn sie bloß in der Presse ausgedrückt wird, sollte aber gerechterweise Strafe nach sich ziehen, wenn man sie mündlich einer erregten Menge, die sich vor dem Hause eines Getreidehändlers versammelt hat, vorträgt oder sie unter den gleichen Umständen in Form von Handzetteln in Umlauf setzt.”
In diesem Sinne wäre das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht noch einmal zu prüfen – und gegebenenfalls zu beschneiden, wenn als Folge dieser Rechte etwa Flüchtlinge angegriffen oder Flüchtlingsheime angezündet werden.
Ebenso ist es natürlich auch berechtigt, Demonstrationsgruppen weiträumig voneinander zu trennen, wenn Gefahr für das Leben Einzelner besteht.
Wer zu Straftaten aufruft – wie dies Frau Finsterling tut – oder volksverhetzende oder rassistische Reden hält – wie dies bei Pegida, Legida und ...gida immer wieder geprüft wird (Ich will da nicht vorgreifen.), wird merken, dass es kein Grundrecht auf alles gibt bzw. dass nicht alles ein Grundrecht ist, was die Bürger*innen sich so wünschen. Man muss vieles in Deutschland sagen dürfen; aber nicht alles! Dazu gehört auch das, was Bernd Höcke macht.
Ich habe meine Gedanken und meine Kritik an dem Vorgehen nach links geschickt – und Ihnen nur zur Kenntnis gegeben. Ich fände es gut, wenn Sie mit Ihrer Kritik des Vorgehens auch so machen würden – in die Richtung, die es hören muss.
Herzlich
Ihr Paul
P.S. Ich habe im Moment wirklich nicht die Kraft, hier sinnvolles beizutragen. Daher werde ich mich aus alter Sympathie für A. Rau auf den Diskurs im Blick auf die HKM einlassen und beschränken und versuchen, seine Fragen dazu zu beantworten - wenn er denn welche hat und mir stellen will.
Lieber Paul, gern stelle ich meine Frage erneut - nun bereits zum dritten Male:
An alle, die guten Gesprächswillens sind! Teil II
Hier nochmals der Kern dessen, worauf die Kritiker der HKM in erster Linie zielen. Prof. Raine Mayer, (der dank Bastl’s Link an dieser Diskussion teilnimmt) formuliert diesen Kern so:
„2. Zur Systematik historisch-kritischer Arbeit an der Bibel (oder: Was heißt hier „historisch"?)
Wir haben bisher gesehen, dass Wunder und alles, was den Anschein des Übernatürlichen hat, im Rahmen historisch-kritischer Arbeit als „unhistorisch" abgelehnt wird. Dahinter steht ein bestimmter Vernunftbegriff, eine bestimmte Wirklichkeitssicht und ein Wissenschaftsverständnis, das von der Undurchbrechbarkeit stetiger Naturgesetze ausgeht. Das alles führt zu einem spezifischen Geschichtsverständnis.
Wie kommt es zu diesem Geschichtsverständnis? Die Antwort auf diese Frage hat Ernst Troeltsch (1865-1923) in dankenswerter Klarheit gegeben. In seinem Aufsatz „Über historische und dogmatische Methode in der Theologie" von 1898 wandte er sich gegen die dogmatisch-positiv denkenden Theologen seiner Zeit und warf ihnen vor, nicht wirklich geschichtlich zu denken. Für die wissenschaftliche Geschichtsforschung nannte er drei Prinzipien: Kritik, Analogie und Korrelation. Diese Prinzipien gelten nach Troeltsch für alle Wissenschaften, haben aber zugleich nach seiner Ansicht jeweils eine antidogmatische Spitze. Dogmatisch-positiv denkende Theologen, die noch an Wunder usw. glauben, werden keine Zukunft mehr haben, meint Troeltsch. Denn: „Die historische Methode (im Sinne von Troeltsch), einmal auf die biblische Wissenschaft und auf die Kirchengeschichte angewandt, ist ein Sauerteig, der alles verwandelt und der schließlich die ganze bisherige Form theologischer Methoden zersprengt."
Die drei Prinzipien und ihre antidogmatischen Folgerungen bedeuten im Einzelnen:
Kritik: Es gibt in der Geschichtsforschung nur Wahrscheinlichkeitsurteile. Wir sind auf Quellen angewiesen und müssen deren Zuverlässigkeit prüfen.
Die antidogmatische Folgerung lautet: Auch im Blick auf die biblische Überlieferung (z. B. im Blick auf die Frage, wer Jesus war, was er getan und gelehrt hat) gibt es nur Wahrscheinlichkeiten. Es gibt folglich keine eindeutige Offenbarung Gottes in der Geschichte, in diesem Sinne auch keine (Heils-)Gewissheit
Analogie: Allem historischen Geschehen liegt ein Kern von Gleichartigkeit zugrunde. Anders gesagt: Wir können nur nach solchen (Natur-)Gesetzen geschichtlich zurückblicke! und urteilen, die auch heute gültig sind. Denn Naturgesetze gelten zeitlos und sind ja undurchbrechbar.
Die antidogmatische Folgerung lautet: Es gibt keine analogielosen Ereignisse. Was heute unmöglich ist, war auch früher unmöglich. Wenn z. B. heutzutage keine Toten auferstehen, kann sich das früher ebenfalls nicht ereignet haben. Die Auferstehung Jesu Christi ist deshalb keine geschichtliche Tatsache.
Korrelation: Alles Geschehen im Kosmos läuft in einer Kette von Ursache und Wirkung ab; keine Ursache ohne Wirkung, keine Wirkung ohne entsprechende Ursache.
Die antidogmatische Folgerung daraus lautet: Es gibt keine direkte Einwirkung Gottes auf innerweltliche Zusammenhänge. Alle Ereignisse, von denen die Bibel berichtet, stehen ebenfalls in einer innerweltlichen Kette von Ursache und Wirkung, die erforscht werden kann. So z.B. entstanden Christentum und Kirche nicht durch Einwirkung des Heiligen Geistes zu Pfingsten, sondern ihre Entstehungsgeschichte muss im Rahmen religionsgeschichtlicher Zusammenhänge erschlossen und erklärt werden.
Diese Troeltschen Kriterien als Voraussetzung aller theologisch-wissenschaftlichen Forschungsarbeit sind von den maßgeblichen Vertretern historisch-kritischer Arbeit an der Bibel bis heute nicht modifiziert, geschweige denn widerrufen worden.“
Lieber HKM-Verfechter, ist diese Darstellung zutreffend?
A.Rau
A.Rau schreibt:
15. Januar 2016, 18:47
Lieber Herr Rau,
die HKM ist eine Methode für die Texterforschung. Als solche hat sie Methoden, die in der Literaturwissenschaft angewandt werden, weil die Bibel eben auch Literatur ist. Mit der Methode wird nicht untersucht, ob ein Wunder geschehen ist, sondern wie der Text – der etwa über das Wunder geschrieben wurde und dann über Wege in die Bibel kam – entstanden ist.
Wissenschaft hat auch Paradigmen. Das können Sie kritisieren – das wird keine/n Wissenschaftler*in interessieren. Und sie sind weder Ihnen noch mir Rechenschaft schuldig. Die Paradigmen ändern sich – dazu können Sie "Logik der Forschung", "Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen", "Wider den Methodenzwang" oder "Über Gewißheit" lesen – so als erste Tipps. Hilfreich ist auch, die Auseinandersetzung zwischen Platon und Aristoteles zu meditieren und sich mit der Pyrronischen Sekpsis zu befassen.
Wunder gehören aus methodischen Gründen nicht in die Wissenschaft – deshalb wird die Auferstehung auch nicht bewiesen, sondern geglaubt.
Das Christentum ist nicht objektiv wahr im Sinne einer Beweisbarkeit. Es ist denen wahr, die es glauben.
Natürlich kann man das anders sehen und Wissenschaft spielen, damit man sich gut fühlt. Aber das ist dann eben keine Wissenschaft im heute verstandenen Sinn.
Ich glaube nicht, dass das, was Troeltsch schreibt, heute noch eine große Rolle spielt – auch, wenn diese Vorstellungen in den historischen Wissenschaften zum Teil noch eine Rolle spielen können. Manche Aussagen darf man als in gewisser Weise überholt betrachten. Und wenn Sie sich Barth anschauen, haben Sie einen (ehemals) lebendigen Gegenentwurf.
Wissen Sie, was das Wort "Kritik" bedeutet – und zwar als Fachwort?
Herzlich
Ihr Paul
Lieber Paul,
betreff Ihrer letztens erwähnten (zwar strittigen) Frau Finsterling glaube ich nicht, dass sie mit ihren Reden Deutschland und die Demokratie schadet, auf keinen Fall mehr als Katrin Göring-Eckard.
Ich erinnere mich an deren grünen, verkalkten Ansichten zum Kopftuch auf und später ihr frohlocken auf allen Fernsehkanälen über den höchstrichterlich zugelassenen Einzug des Lehrerinnen-Kopftuches ins Klassenzimmer.
Was diese grüne Fraktionsvorsitzenden und prominente Christin Göring-Eckard, sagt ist viel schlimmer. Denn hinter dem Kopftuch steckt ein entrechtetes Frauenbild, Hass auf Demokratie, den Westen und die Verschonung des Islams vor jeder Kritik. Nur warum Vergessen Sie dass, in Ihren Beiträgen.
Passend zum Thema noch einmal das klare Bekenntnis von Studienrat i.R. Werner Graf, entnommen aus seinem Buch "Die Bibel – Gotteswort oder Menschenwort?":
"Darum lasst uns an der Wahrheit der Verbalinspiration festhalten, auch wenn man uns für dumm und rückständig hält! Gottes Wort wird letztlich den Sieg über seine Kritiker davontragen, denn Gottes Wort – das ist Jesus selbst – ist allumfassend, unumstößlich, endgültig. Bibelkritiker kommen und gehen, - doch das Wort Gottes bleibt."
Lieber Paul,
ich sehe, Sie sind nicht nur in Hochform sondern in Höchstform! Die Verfechter der HKM rühmen hier deren “objektiven Kriterien, die jeder nachprüfen kann“ - aber sie benennen die nicht. Der Theologe Ernst Troeltsch dagegen nannte für die wissenschaftliche Geschichtsforschung drei Prinzipien: 1. Kritik, 2. Analogie und 3. Korrelation. Diese hätten u. a. auch "antidogmatische Spitzen": 1. "Nichts Genaues weiß man nicht"; 2. "Was heute unmöglich ist, war auch früher unmöglich"; und 3. "Es gibt keine direkte Einwirkung Gottes auf innerweltliche Zusammenhänge. Alle Ereignisse, von denen die Bibel berichtet, stehen ebenfalls in einer innerweltlichen Kette von Ursache und Wirkung, die erforscht werden kann." Prof. Rainer Mayer meint: "Diese Troeltschen Kriterien als Voraussetzung aller theologisch-wissenschaftlichen Forschungsarbeit sind von den maßgeblichen Vertretern historisch-kritischer Arbeit an der Bibel bis heute nicht modifiziert, geschweige denn widerrufen worden."
Meine Frage lautete: "Stimmt das oder stimmt das nicht?" Pauls Antwort: "Ich glaube nicht, dass das, was Troeltsch schreibt, heute noch eine große Rolle spielt – auch, wenn diese Vorstellungen in den historischen Wissenschaften zum Teil noch eine Rolle spielen können. Manche Aussagen darf man als in gewisser Weise überholt betrachten." Als Erklärung empfehlen Sie mir: ""Logik der Forschung", "Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen", "Wider den Methodenzwang" oder "Über Gewissheit" lesen – so als erste Tipps. Hilfreich ist auch, die Auseinandersetzung zwischen Platon und Aristoteles zu meditieren und sich mit der Pyrronischen Skepsis zu befassen." Und als Krönung: "Und wenn Sie sich Barth anschauen, haben Sie einen (ehemals) lebendigen Gegenentwurf."
Ich sehe nun vier denkbare Möglichkeiten: 1. Ich lese all das, was Sie vorschlagen? (Allein für Barth würde ich wohl 15 Jahre brauchen.) 2. Sie ersparen mir das, und nennen die HKM-Grundprinzipien, welche die Troeltschen Kriterien abgelöst haben? Oder 3. heiße ich Sie herzlich willkommen in den Reihen derer, die keine Ahnung haben? Oder 4. ich bleibe bei meiner Meinung, wonach "die Gemeinde" von der B-Theologie ganz bewusst getäuscht wird?
Sie fragen: "Wissen Sie, was das Wort "Kritik" bedeutet – und zwar als Fachwort?" Bei Wikipedia steht: „Unter Kritik versteht man die Beurteilung eines Gegenstandes oder einer Handlung anhand von Maßstäben.“ Und genau diese Maßstäbe würde ich gerne wissen – zumindest eine grobe Schneise.
Obwohl der Winter bisher recht gnädig war, fürchte ich, dass der zusätzliche Tag des Schaltjahres uns zum Verhängnis wird. Noch 45 Tage!!!
A.Rau
A.Rau schreibt:
16. Januar 2016, 12:57
Lieber Herr Rau,
Sie wissen, dass das Wort "objektiv" nicht unproblematisch ist. Die Methoden der HKM werden gelehrt. Es gibt Begründungsstrukturen ("Das hat mir der Heilige Geist gesagt." gehört nicht dazu.) Als Beispiel: Es gibt zwei oder mehr Überlieferungen, die im Wortlaut nicht übereinstimmen. Was ist der wahrscheinlich ursprüngliche Text? Da geht man immer von Wahrscheinlichkeiten aus, muss sich aber entscheiden. Wie entscheidet man sich? Und wie begründet man die Entscheidung? Dafür gibt es Regeln oder Kriterien. Und das gilt für alle weiteren Schritte der Exegese. Am Ende steht ein Text, der als Text verstanden ist. Aber daraus ergeben sich noch keine Aussagen über das Geschehen.
Zu Troeltsch: Die Geschichtswissenschaft hat es nicht ganz leicht, da ihr Gegenstand in der Vergangenheit liegt. Wir haben Texte und Artefakte. Mehr nicht. Die müssen wir verstehen – etwa mit Hilfe der HKM, die ja nicht nur bei der Exegese der Bibel eine Rolle spielt. Und dann deuten. Und dann kann es passieren, dass neue Funde uns zwingen, unsere schönen Vorstellungen zu verabschieden.
Ein Historiker erforscht historische Ereignisse. Dafür gelten eben Regeln, zu denen das Wunder nicht gehört. Ob Ihnen das passt oder nicht, ist egal. In der historischen Wissenschaft ist das so. Und wie soll ich mit wissenschaftlichen Methoden denn das Wirken Gottes feststellen? Wie soll ich mit wissenschaftlichen Mitteln feststellen, dass und ob Sie wiedergeboren sind? Denn dies wäre ja wohl ein direktes Eingreifen Gottes. Oder wie soll ich die Auferstehung als historisches Ereignis verifizieren? Wenn gesagt wird "Es gibt keine direkte Einwirkung Gottes auf innerweltliche Zusammenhänge. Alle Ereignisse, von denen die Bibel berichtet, stehen ebenfalls in einer innerweltlichen Kette von Ursache und Wirkung, die erforscht werden kann." - ist der Horizont aufgerissen, in welchem Theologie nach einem konkreten Wissenschaftsverständnis wissenschaftlich arbeitet. In diesem Kontext ist es nicht die Aufgabe dieser Theologie, anders zu arbeiten. Aber daneben gibt es andere Verständnisse von dem, was Theologie treiben solle. Ich als glaubender Christ würde die Auferstehung nicht als historisches Geschehen beschreiben, welches etwa beweisbar wäre. Ich glaube schlicht, dass Gott Jesus auferweckt hat und dass damit eine Dimension aufgezeigt wird, welche die Grenzen des wissenschaftlich möglichen sprengt. (Sie können dazu gern von L.W. den "Vortrag über Ethik" lesen.)
Zu Ihren aufgezeigten Möglichkeiten: 1: Eigentlich alternativlos, da Sie mir eh nicht glauben. Außerdem ist Verstehen ein mühsames Geschäft. Wer das nicht auf sich nehmen will, zeigt, dass sie oder er nicht geeignet und nicht wirklich interessiert ist. 2. Die HKM ist eine Methode zum Textverständnis. Damit kann ich feststellen, dass etwa die Geburtsgeschichten keine Berichte sind, sondern hochstilisierte Texte. Ich kann damit aber nicht feststellen, wo Jesus geboren ist – also auch nicht, dass er nicht in Bethlehem geboren ist. Troeltschs Geschäft war ein anderes in einer anderen Zeit. Aber er ist nicht Norm und Maßstab. Theologie kann auch anders arbeiten – siehe eben Barth. Es gäbe unzählig viele andere Beispiele. Vor einiger Zeit wurde Pannenberg hier mal hochgejubelt. Auf katholischer Seite gibt es K. Rahner, H. U. Von Balthasar … 3. Ich habe keine Ahnung. Als Alternative kann ich Ihnen Bastl anbieten. Der hat Ahnung. (Sie waren einmal unter die Philosophen gegangen. Erinnern Sie sich? Da hab ich Ihnen einen Text geschickt aus dem Namen der Rose - http://a.sonntag-sachsen.de/2013/02/28/sprechen-und-schweigen/comment-pa... ) 4. Nein, die Gemeinde wird nicht getäuscht. Da passiert nichts hinter verschlossenen Türen. Viele in der Gemeinde verstehen es nur nicht, weil es ihnen nicht gegeben ist. Ihnen ist dafür anderes gegeben. Und es gibt eine Fachsprache, die man kennen muss, wenn man verstehen und mitreden will.
Ich habe Sie übrigens in dieser Sache nie belogen. Ich habe Ihnen gesagt, dass die Bibel nicht Gottes Wort ist. Ich habe Ihnen gesagt, dass allein Jesus Gottes Wort ist. Ich habe Ihnen erklärt, warum innerhalb es Sprachspieles oder der Lebensform Universität/ Wissenschaft die Auferstehung Jesu und Ihre Wiedergeburt keine historischen Ereignisse sind. Ich habe Ihnen aber auch gesagt, dass damit noch nichts gesagt ist, ob Jesus auferstanden oder Sie wiedergeboren sind.
Ein Maßstab für Kritik ist in dem Fall Stimmigkeit. Es kann eins nicht stimmen, wenn zwei über dasselbe etwas anderes sagen. Auf der Tafel der Gebote kann entweder stehen/ Gott kann entweder geboten haben:
Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.
Oder:
Den Sabbattag sollst du halten, dass du ihn heiligest, wie dir der HERR, dein Gott, geboten hat. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Rind, dein Esel, all dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt, auf dass dein Knecht und deine Magd ruhen gleichwie du. Denn du sollst daran denken, dass auch du Knecht in Ägyptenland warst und der HERR, dein Gott, dich von dort herausgeführt hat mit mächtiger Hand und ausgerecktem Arm. Darum hat dir der HERR, dein Gott, geboten, dass du den Sabbattag halten sollst.
Die Stimme bei der Taufe hat entweder gesagt:
Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach:
Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Οὗτός ἐστιν ὁ υἱός μου ὁ ἀγαπητός, ἐν ᾧ εὐδόκησα.
Oder:
Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.
Σὺ εἶ ὁ υἱός μου ὁ ἀγαπητός, ἐν σοὶ εὐδόκησα.
Oder das Personal war nicht besonders gut gewählt.
Ich bin leider nicht in Höchstform, ich lasse sogar nach. Mein Gedächtnis wird langsam schwächer. Aber vielleicht ist das ja eine Gnade. Ich leide nicht an Realitätsverlust, ich genieße ihn.
Herzlich
Ihr Paul
Gert Flessing schreibt:
16. Januar 2016, 11:15
"Dieser geht ja auch davon aus, dass Mohammed Gottes Wort durch den Erzengel Gabriel eingeprügelt bekommen hat. Daher ist der Koran ist Gottes Wort. "allumfassend, unumstößlich, endgültig."
Ja natürlich, lieber Gert. Und der IS handelt konsequent danach. Das Ergebnis kennen wir.
Daran sieht man eben, dass Islam und bibeltreues Christentum etwas völlig Unterschiedliches sind. Wer die Bibel als das irrtumslose verbalinspirierte Gotteswort betrachtet, wird keine Gefahr für die Gesellschaft sein - im Gegensatz zu den liberalen Kirchen/Theologen.
Die IS handelt vielleicht nach einer konsequenten Auslegung des Korans und handelt nach Mohamed, jedoch handeln sie nicht nach Allah. "Allah vergibt die Sünden alle. Er ist ja der Allvergebende und Barmherzige.“ (Koran, 39:53)
Menschen welche die Bibel genauso konsequente auslegen sind jedoch sehr viel weniger eine Gefahr für die Menschen, hier gebe ich Ihnen fast Recht.
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