Wir sind dann mal weg
Während der Ferienzeit helfen einige sächsische Pfarrer gern in der Ferne aus
Friedemann Oehme fühlt sich wohl. Einen schöneren dienstlichen Urlaub als den hier in Siebenbürgen kann er sich nicht vorstellen. Nicht nur, dass er und seine mitgereiste Frau im Haus des Bischofs wohnen dürfen. Mit der binationalen Einstudierung der „Messe von Kronstadt“ haben sie auch ein schönes kirchenmusikalisches Projekt, das es zu stemmen gilt.
Ja, was denn nun: Urlaub oder Arbeit?
„Tourismusseelsorge im Ausland“ heißt die Aktion, die jedes Jahr neu aufgelegt wird. Organisator ist die Evangelische Kirche in Deutschland. 2025 entsendet sie rund 100 Pfarrerinnen und Pfarrer in europäische Länder. Damit können deutschsprachige Gottesdienste an 48 Orten angeboten werden, darunter in Dänemark, Griechenland, Italien, Schweden, Polen, den Niederlanden sowie in Österreich und eben Rumänien. Die Pfarrerinnen und Pfarrer aus Deutschland konnten sich bewerben. Wenig überraschend: Österreich ist mit 26 Einsatzorten wohl das beliebteste Ziel für die Urlauberseelsorge.
Auch sächsische Pastoren sind unterwegs, heißt es von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche (EVLKS): „Sächsische Pfarrer und eine Pfarrerin gehen in Urlaubsorte nach Bayern, nach Friesland sowie nach Österreich. Dort werden zwei Pfarrer im Ruhestand Dienst tun, konkret im Juli in Neusiedl am See und Gols im Burgenland sowie von August bis Anfang September in Zell am See.“ Das Projekt ist wohlüberlegt und versteht sich nicht nur als reine Urlaubsvertretung vor Ort, denn, so die EVLKS: „Gerade in der Urlaubszeit, wo sich Menschen erholen, sind viele für Glaubensfragen offener.“
Zurück zu Pfarrer Oehme. Seit Ende Mai ist er bereits in Siebenbürgen, nach Hause geht’s erst Ende August. Sein kirchenmusikalisches Projekt, die Einstudierung der „Messe von Kronstadt“ von 2017, ist eine Gemeinschaftsarbeit eines siebenbürgischen Projektchores und der St. Petri-Schloß-Kantorei aus Chemnitz. Die siebenbürgische Kirche hatte die Messe zum 500. Reformationsjubiläum in Auftrag gegeben: 5 Messteile, 5 Komponisten, 5 Sprachen (Deutsch, Rumänisch, Ungarisch, Englisch und Latein – noch Griechisch durch das Kyrie). „Meine Frau und ich hatten 2017 hier die Uraufführung miterlebt“, so Oehme. „Daraus resultierte die Idee, das Werk einmal nach Sachsen zu holen.“ Seine Anregung stieß auf offene Ohren. Am 31. Mai 2025, ganz kurz nach seinem Eintreffen, wurde die gemeinsame Einstudierung in Hermannstadt aufgeführt. Am 30. August ist es beim „Ökumenischen Kulturkirchentag“ in Chemnitz zu erleben.
Der Rahmen passt auch zu seinem letzten Wirkungsfeld im Bereich der Landeskirche, bevor er am 31. Mai 2024 als Oberkirchenrat in den Ruhestand verabschiedet wurde: Oehme war über 20 Jahre Theologischer Referent für Ökumenische Beziehungen im Landeskirchenamt. Zuvor hatte er in Dresden-Trachau und in Niederbobritzsch im Erzgebirge Gemeindedienst geleistet. Kontakte nach Rumänien, speziell nach Siebenbürgen, gab es bereits zu DDR-Zeiten. Daher kann er recht gut einschätzen, wie die Situation aktuell ist. „Die Kirche war totgesagt“, schildert er die Situation nach dem Umsturz 1989/90, als viele Siebenbürger Sachsen nach Deutschland zogen. Als sogenannte „Sommersachsen“ kehren sie nun über die Ferien gern in die alte Heimat zurück. Ergebnis: „Die Kirche ist nach wie vor lebendig. Inzwischen öffnet sie sich auch für die rumänischsprachige Bevölkerung.“
Diese Öffnung der evangelischen Kirche in Siebenbürgen auch für die rumänischsprachige Bevölkerung sei ein Segen, so Friedemann Oehme weiter. Nicht nur in Hermannstadt als Zentrum. Auch sein Wirken während der Sommerzeit ist nicht auf Hermannstadt begrenzt. Er und seine Frau gehen hinaus in kleinere Gemeinden, haben zuletzt zum Beispiel Kinderbibeltage mit 70 Kindern und Jugendlichen abgehalten. „Es ist eine intensive Zeit“, sagt er beglückt.
Ein solches Gefühl steht Michael Hecker noch bevor. Erst am 1. Januar war er in Sayda im Kirchenbezirk Freiberg in den verdienten Ruhestand verabschiedet worden. Die Jahrzehnte zuvor war er Pfarrer in Lüptitz bei Leipzig, in Chemnitz-Euba, in Rübenau. Darüber hinaus erteilte er in den Kirchenbezirken Chemnitz und Marienberg Religionsunterricht, war zudem zuständig für die Krankenhausseelsorge in Zschopau und Olbernhau. Nun ist er ebenfalls dienstlich in den Ferien – im bayerischen Mittenwald bei Garmisch, wie er kurz vor der Abreise berichtete.
„Es ist vor allem die freundliche Offenheit der Menschen dort“, schildert er einen Antrieb, der ihn hier gern nun bereits zum siebten Mal wirken lässt. Hinzu käme die Gastfreundschaft: „So viel Bier kann man gar nicht trinken, was einem angeboten wird.“ Er ist seit dem 14. Juli in der Ferne. Zunächst bis 11. August, eine vierte Woche kann angehängt werden. Besonders freut er sich auf Berggottesdienste in einer Bergkapelle oder in der freien Natur. Und zu „frei“ gehört für ihn auch die freie Rede vor solch’ Kulisse. Das sei ihm ein Bedürfnis, habe aber auch praktische Gründe, Stichwort Wind. Auf jeden Fall sei das Umfeld einfach paradiesisch: „Das ist für mich keine Arbeit in dem Sinne!“, betont er. Ansonsten gebe es keine Unterschiede zu daheim. Nicht einmal das Ost-West-Thema käme zur Sprache. „Das sind hier ganz einfach alles Urlauber“, so Hecker.
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