Das schwere Kreuz der Kopten
Terror gegen Christen: Die Palmsonntag-Anschläge auf koptische Christen offenbaren das schlimme Los der Christen im Nahen Osten: ihre Zukunft ist gefährdet. Von uns fordern sie nicht nur Gebete.
Es ist Palmsonntag, morgens gegen halb neun, als sich der koptische Christ Kyrellos Boutros mit seiner Familie auf den Weg zum Gottesdienst in die St.-Markus-Kathedrale von Alexandria macht. Es ist ein besonderer Gottesdienst, der koptische Papst Tawadros wird erwartet.
Als sie ankommen, platzt die Kirche aus allen Nähten. Boutros’ Frau geht mit den Kindern zum Kindergottesdienst in die Unterkirche. Kyrellos ergattert einen Stehplatz beim Hauptgottesdienst. Nach der Predigt ist er müde, holt Frau und Kinder ab. Sie verlassen die Kathedrale gegen halb zwölf und gehen in das Haus des Schwiegervaters, das gleich nebenan steht. Sie lassen die Kinder beim Großvater, gehen einkaufen. Dann um 12.30 Uhr der schreckliche Anruf: Eine Bombe ist explodiert vor der Kathedrale. »Es war schrecklich, wir waren weit weg von den Kindern und wollten nur noch zu ihnen«, erinnert sich Boutros im Gespräch mit dem SONNTAG. Als sie bei der Kathedrale ankommen, bietet sich ihnen ein Bild des Horrors: »Alles war ein Chaos, überall gab es Scherben, Blut, Opfer und keine Polizisten weit und breit.« Für die Kinder liegt seither ein Schatten auf der Seele. »Sie haben die Explosion gehört und miterlebt, sie sind traumatisiert und haben schreckliche Angst«, berichtet der 39-jährige Familienvater, der als Deutschlehrer am Goethe-Institut von Alexandria arbeitet.
Die Bilanz dieses blutigen Palmsonntags: 17 Tote bei dem Selbstmordanschlag vor der St.-Markus-Kathedrale Alexandria und 27 Tote bei einem Bombenanschlag in der koptischen Kirche der Stadt Tanta. Hinzukommen über einhundert Verletzte. Zu den Angriffen bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Umgehend drückte EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm sein Beileid gegenüber Papst Tawadros aus: er sei in Gedanken und Gebeten bei den Familien und Angehörigen der Opfer und bei der ganzen koptischen Kirche. Am Ostermontag soll ein ökumenischer Trauergottesdienst in Hamburg stattfinden.
Für Kyrellos Boutros kam der Anschlag indessen nicht überraschend. »Es ist nicht der erste Anschlag auf Kopten und es wird nicht der letzte sein, es ist klar, dass die Kopten ein bevorzugtes Ziel für den IS sind«, erklärt er. Das Schlimmste aber sei, dass das der Regierung von Präsident al Sisi bewusst sei und sie trotzdem wenig dagegen tue. Angst und Wut seien groß unter Kopten. »Wir sind verzweifelt, fühlen uns unsicher, die meisten wollen das Land verlassen«, sagt Boutros.
Den Hass der Islamisten erklärt er sich damit, dass die Christen beim Militärputsch 2013 auf der Seite von al Sisi standen, weil sie sich von ihm Schutz vor den Muslimbrüdern erhofften. Nun aber bezahlen die Christen mit ihrem Blut für den erbitterten Konflikt zwischen Militär und Muslimbrüdern. »Die Regierung von al Sisi ist die Schlimmste für alle Minderheiten. Sie kann und will wahrscheinlich niemanden schützen«, so Boutros.
Auch der Ägypten-Experte Reinhard Thöle von der Universität Halle-Wittenberg sieht die Kopten in einer doppelten Opferrolle: »Sie müssen als Ventil und Spielball herhalten bei den inner-islamischen Kämpfen zwischen den Machthabern und den Muslimbrüdern.« Die gemäßigten Muslime wollten die Christen nicht zu stark schützen, um sich nicht den Vorwurf auszusetzen, nicht muslimisch genug zu sein. Und für die fanatischen Islamisten seien die Christen ein Feindbild im Kampf um die Vormacht.
Kyrellos Boutros wünscht sich von den westlichen Christen, dass sie die Asylbemühungen christlicher Flüchtlinge aus dem Orient unterstützen. Von den Politikern erhofft er sich, dass sie Druck auf die Regierung von al Sisi ausüben, damit diese mehr und effektiven Schutz für alle Minderheiten in Ägypten gewährleistet. Vor allem aber sollten wir beten, beten, beten.
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