Hat Angela Merkel bei der sächsischen Landeskirche abgeschaut? Man könnte es meinen bei ihrem jüngsten Schachzug: Die Abstimmung über die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zur Gewissenssache zu machen – und damit freizugeben. Exakt genauso hatte es vor zwei Jahren die sächsische Landessynode beim Streit um homosexuelle Partnerschaften in Pfarrhäusern gehalten und die Kirchenleitung ein Jahr später bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare: ob Zustimmung oder Ablehnung – alles eine Gewissensentscheidung.
Wenn Politiker wie die Bundeskanzlerin in diesem hohen Ton reden, klingt das weise. Und ist doch in Wahrheit eine politische Nebelkerze von seltener Qualität. Dazu noch eine gefährliche. Denn sie benutzt das hohe Gut der Gewissensfreiheit, um ein machttaktisches Manöver zu verschleiern: Die CDU-Chefin wollte mit der Ehe für alle im Wahlkampf der Konkurrenz ein Thema aus der Hand schlagen und künftige Koalitionen ebnen, die SPD wollte im Abwärtsstrudel einen Punkt gegen die CDU holen und die Linkspartei die Machbarkeit einer linken Mehrheit demonstrieren. Wer wirklich für die Menschen etwas hätte tun wollen, hätte dafür nicht erst Gewissensabstimmung gebraucht.
Am Ende bleibt eine Frage: Warum wird die Ehe zur Gewissensfrage stilisiert – nicht aber die Abstimmung über Kriegseinsätze, Rüstungsausgaben, Internetüberwachung, Tier- oder Klimaschutz? Auch da geht es um Leben und oft auch um Tod, und zwar noch hundertmal dringlicher als bei der Ehe. Doch es ist in der Politik wie in der Kirche: Die Gewissen sollen sich ruhig an Ehe und Sexualität abarbeiten. Dann fehlt ihnen die Puste für die wirklich brisanten Themen.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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