Zu dem unter der Überschrift "Ist also der Antiislamismus ein gewandelter Antijudaismus?" Dargestellten passt ganz gut die Untersuchung der Universität Bielefeld zur "Expertise Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Sachsen". Sie fand 2002 bis 2005 statt. Ein Abschnitt untersucht den Haltungsunterschied von Angehörigen der Religionsgemeinschaften zu nicht religiös Sozialisierten. Bei Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, Antisemitismus und Homophobie stehen die Religiösen signifikant schlechter da als die Nichtreligiösen. Nur bei der Abwertung Obdachloser und Behinderter machen die Nichtreligiösen ein schlechteres Bild. - Man beachte: Wenn heute die Muslime in Sachsen weniger als ein halbes Prozent ausmachen: Wie mag das 2005 gewesen sein? Und trotzdem gab es deutlich eine christliche Homophobie, ebenso stark wie der Antisemitismus...
Vorurteile entlarven
Religionen: Horst Junginger ist in Leipzig Professor für Religionskritik. Mit dem SONNTAG sprach er über Sinn und Chance von Kritik, über das Erbe der DDR-Kirche und die heutige Islamfeindschaft.Herr Professor Junginger, Sie haben zum 1. Januar 2018 in Leipzig eine Stiftungs-Professur für Religionswissenschaft und Religionskritik angetreten. Was ist ihr Ziel?
Horst Junginger: Wichtig ist mir, den wissenschaftlichen Aspekt zu betonen und die religionswissenschaftliche von der weltanschaulichen Religionskritik abzugrenzen. Ich versuche über die großen Fragen nachzudenken, die im universitären Alltagsbetrieb meist zu kurz kommen: Warum gibt es Religionen? Warum sind Menschen religiös? Welche Voraussetzungen und Funktionen hat eine Religion?
Der Leipziger Theologieprofessor Peter Zimmerling hat Ihre Professur als »taktlos« kritisiert. In Leipzig bräuchte es nach dem DDR-Atheismus eine Stärkung der Religion und nicht eine Professur für Religionskritik ...
Ich sehe das gelassen. Wie die Literaturkritik nicht die Literatur abschaffen will oder die Kunstkritik die Kunst, will auch die Religionskritik nicht die Religion abschaffen. Dass von konservativer Seite die Religionskritik negativ beurteilt wird, hatte schon der Stifter dieser Professur erfahren. Das ist der Wiener Kirchenkritiker Adolf Holl, der von den Vertretern des katholischen Traditionalismus attackiert wurde. Wegen des kirchenkritischen Buches »Jesus in schlechter Gesellschaft« verlor Holl auch sein Priesteramt. Die Immunisierung der Religion gegen Kritik von außen ist keine gute Strategie, um den Herausforderungen der säkularen Moderne zu begegnen. Eine solche Einstellung ist rückwärtsgewandt und verhindert den freien Dialog in einer offenen Gesellschaft.
Wie entgegnen Sie dem Vorwurf, die Ansiedlung Ihrer Professur für Religionskritik in Leipzig sei »taktlos«?
Soweit ich es beurteilen kann vertritt Herr Zimmerling eine Außenseitermeinung, die in der Theologie nicht konsensfähig ist. Würde sie sich durchsetzen, wäre der Status der Theologie an der Universität akut gefährdet. Die Universität ist eine säkulare Einrichtung, die es nicht hinnehmen kann, wenn ihr wissenschaftliches Selbstverständnis religiös untergraben wird. Wissenschaft lebt von der Kritik, nicht von ihrer Abwehr. Entgegen seiner eigentlichen Absicht bietet der Universitätsprediger deshalb ein gutes Beispiel dafür, warum Religionskritik auch heute noch notwendig ist.
Wo wäre heute Kritik an der evangelischen Kirche nötig?
Ich würde als erstes die Verflechtung zwischen Staat und Kirche nennen. Die Gleichberechtigung ist auf dem Gebiet der Religion längst noch nicht realisiert. Alle Menschen sind in ihren demokratischen Rechten und Pflichten gleich, also sind sie auch in ihren religiösen Rechten und Pflichten gleich. Über Privilegien, die sich aus vordemokratischer Zeit erhalten haben, muss offen gesprochen werden. Die evangelische Kirche hätte gut daran getan, ihr Verhältnis zur Obrigkeit nach der Wende zu überdenken. Hätte man dabei auch die Perspektive der DDR-Kirchen stärker berücksichtigt, würde sich einem heute weniger der Eindruck aufdrängen, als ob die Staatsnähe des Protestantismus ein altes Obrigkeitsdenken fortschreibt.
Gibt es in unserer Zeit Ihrer Meinung nach eine Rückkehr der Religion?
Die Religionssoziologie kann das für Deutschland eindeutig mit »Nein« beantworten. Die Entwicklung läuft auf eine weitere Zunahme der religiösen Indifferenz hinaus, die von einem kleinen Segment offensiver Atheisten auf der einen und frommen Eiferern auf der anderen Seite flankiert wird.
Wie beurteilen Sie die Situation des Islam in Deutschland. Ist er tatsächlich als Bedrohung anzusehen?
Nein, das Bedrohungsszenario ist ein ideologisches Konstrukt. Dass die Angst vor dem Islam gerade in Sachsen so stark ist, obwohl der Anteil der Muslime unter einem halben Prozent liegt, erscheint auf den ersten Blick zwar merkwürdig. Doch Vorurteile sind ideologie- und nicht realitätsbezogen. So wie man keine Juden benötigt, um Antisemit zu sein, braucht man auch keine Muslime, um den Islam abzulehnen. Man würde sich leichter tun, das Problem der Islamfeindschaft zu verstehen, wenn man sich nicht weigern würde, antijüdische und antiislamische Ressentiments auf der gleichen strukturellen Ebene zu behandeln. Aus meiner Forschung zum christlichen Antijudaismus weiß ich nur zu gut, dass sich religiöse Vorurteile auch in einem säkularen Umfeld zu behaupten wissen.
Ist also der Antiislamismus ein gewandelter Antijudaismus?
Ganz eindeutig ja. Die parallele Struktur ist derart auffällig, dass für mich kein Zweifel daran besteht. Der Vorwurf zivilisatorischer Rückständigkeit gehört ebenso wie das Streben nach Weltherrschaft zum Arsenal antijüdischer Standardargumente. Die Auflistung möglichst inhumaner Koranzitate entspricht exakt den früheren Talmudauszügen, mit denen der abscheuliche Charakter der Juden bewiesen werden sollte. Auch der aktivistische Zug, etwas gegen eine derart schlimme Religion tun zu müssen, hat sich ungebrochen erhalten. Dass der Islam gar keine Religion, sondern eine Ideologie zur Durchsetzung politischer Interessen sei, wurde früher auch vom Judentum behauptet.
Welche Parallelen sehen Sie noch?
Auch von Islamfeinden wird die »Humanitätsduselei« fremdgesteuerter Politiker kritisiert, die das Überhandnehmen islamischer Einflüsse entweder nicht sehen wollen, oder ihm aktiv Vorschub leisten. So wie die »Judenpresse« durch eine kleine Wortänderung zur »Lügenpresse« wurde, ließen sich viele andere Beispiele anführen, die den nahtlosen Übergang von antijüdischen zu antiislamischen Ressentiments belegen.
Gibt es dennoch eine legitime Islamkritik?
Natürlich, jede Religion kann und soll kritisiert werden. Die legitime Islamkritik unterscheidet sich von der illegitimen als erstes dadurch, dass sie auf Fakten und nicht auf Fiktionen Bezug nimmt. Sie sollte sach- und nicht ideologieorientiert sein und den Unterschied zwischen einer seriösen und unseriösen Verallgemeinerung kennen. Von Einzelfällen auf das Ganze zu schließen, ist auch bei anderen Religionen nicht statthaft.
Was könnte ein Gegenmittel sein. Braucht es mehr Bildung und Aufklärung?
Positive Erfahrungen helfen meines Erachtens am meisten, um Minderheiten gegen Diskriminierung zu schützen. Wer Vorurteile gegen Muslime hat, neigt auch zu Vorurteilen gegen Juden, Homosexuelle und gesellschaftliche Außenseiter. Die Imprägnierung dagegen ist umso erfolgreicher, je früher sie einsetzt. Schule und Elternhaus stehen hier in der besonderen Verantwortung. Dass rechtspopulistisches Gedankengut in Sachsen auf einen fruchtbaren Boden fällt, hat auch mit vielen Jahren verfehlter Bildungspolitik zu tun. Die Haltung der Kirche in der Islamfrage sehe ich dagegen durchaus positiv. Gerade die Kräfte der gesellschaftlichen Mitte sind notwendig, um der Ausbreitung von Intoleranz und Fanatismus entgegenzuwirken.
Ein ganz hervorragendes Interview. Insbesondere die Aufdeckung der Parallelität der "Anti-"Argumentationsstrukturen bezüglich Juden und Muslimen stimmt einfach und demaskiert die auch in diesen Kommentarspalten zu beobachtenden islamfeindlichen Tiraden als das was sie sind: eine ungebrochene Übertragung des Sündenbockmotivs unter Benutzung exakt derselben Schemata.
Die wie ich meine recht oberflächliche Kritik von Hr Flessing ändert daran gar nichts, denn hier werden wirklich Vorurteile entlarvt.
Einen kleinen Unterschied gibt es da zwischen Islam und Judentum schon noch. Der Islam liefert weltweit Beispiele in Hülle und Fülle für gewisse Vorbehalte hinsichtlich seiner Toleranzfähigkeit. Und sein Streben nach "Weltherrschaft" mag man ja als ideologiegeleitetes Ressentiment abtun, aber die Ausbreitung des islamischen Gebietes durch Krieg gehört zum Islam dazu. Das ist ein Fakt.
Eine in Leipzig angesiedelte Professur für Religionskritik kann man sicher trotzdem gutheißen. Tatsächlich ist gerade dem Osten Deutschlands mehrheitlich Religion dermaßen gleichgültig, dass vermutlich nicht einmal der Religionskritik noch großer Raum gegeben wird. Auch das wird langfristig keinen interessieren. Die Zeit der Religion ist im Osten einfach vorbei.
Während die "MINT" - Fächer immer mehr verwaisen, wird eine unsinnige Professur nach der anderen besetzt. Alles nur machbar in einer Wirtschaft, die aufgrund der massiven Abgabenbelastung der arbeitenden Bevölkerung derart Überflüssiges noch tragen kann. Ebenso wie es in der Fläche mit den Stellen hauptamtlicher Kirchenmitarbeiter immer prekärer wird, während die "Beauftragten für...." nach wie vor ihr erkleckliches Auskommen haben.
Ja, ich kann gegen die Vernichtung des Regenwaldes sein, auch wenn es keinen Regenwald in Sachsen gibt. Und ich habe lange genug in den ABL gearbeitet, um zu sehen, wie " erstrebenswert" die islamischen Parallelgesellschaften sind. Es ist absoluter Quatsch, die aus der Realität gespeiste Ablehnung des Islam, der eben hier im Gegensatz zum Judentum keinerlei historische Wurzeln hat, mit Antisemitismus in Verbindung zu bringen (wobei Antisemitismus ja streng genommen nicht nur Juden erfassen würde). Die in den letzten Jahren zunehmenden Terroranschläge im Großen wie im Kleinen sprechen eine eigene Sprache, in der Immobilienwirtschaft wird nicht umsonst von "Moscheentrichtern" gesprochen.
Es ist allerdings nachweisbar, daß die NationalSOZIALISTEN Islambewunderer waren. Insofern sollte man sich fragen, wes Geistes Kind die Freunde und Befürworter des Islam hier sind - wenn selbst Menschen aus der islamischen Welt, wie Bassam Tibi, Bet Yeor, Hirsi Ali, Sabatina James, Imad Karim u.a. nicht müde werden, vor der Invasion des Islam zu warnen. Diejenigen, die ihre Heimat eben nicht mit eindringenden Moslems teilen wollen, in die Ecke der Judenhasser zu stellen, ist nur ein weiteres perverses Kapitel in der Mundtotmachung aller Gegner der nicht zu übersehenden islamischen Landnahme, die vereinzelt auch schon in Sachsen zu beobachten ist! Das hat auch nichts mit Sündenbock zu tun, sondern mit Realitätssinn, den gerade jener nicht zu haben scheint, der sich realitätsfern "Realist" nennt und in seinem Leipziger Studierzimmer die Welt aus Butzenscheiben wahrzunehmen scheint. Übrigens, auch bei Pegida sind regelmäßig Israelflaggen zu sehen, deren Träger nicht belästigt werden im Gegensatz zu den jüdischen Demonstranten am Hermannsplatz neulich.
""Judenpresse" zur "Lügenpresse"" - der Begriff der "Lügenpresse" war schon viel eher im deutschen Sprachraum nachweisbar. Insofern hätte ich von einem Herrn Professor mehr Präzision erwartet, deckt sich allerdings mit meinem Bild von der Notwendigkeit solcher LEERstühle.
Hallo Herr Professor, hallo Leute,
Ich möchte gern paar Gedanken äussern.
Es ist an sich schon recht merkwürdig, dass ein Professor
-- die Haltung gegenüber einer Ethnie (den Juden) --
-- mit der Haltung gegenüber einer Religion (Islam) --
inhaltlich auf eine Stufe stellt und vergleicht. Also ganz konkret die (unberechtigte, unchristliche) Ablehnung von Menschen ist etwas völlig anderes als (begründet) eine Ideologie abzulehnen. Ein Beispiel dazu: Ich bin in der DDR groß geworden. Die sozialistische Erziehung in der Schule habe ich als Christ (begründet) innerlich abgelehnt und den gelehrten Marxismus mit seinen geschaffenen Feindbildern natürlich auch. Trotzdem habe ich nie einen Lehrer gehasst und bin heute noch dankbar für viele freundliche und faire Lehrer an meiner damaligen Schule.
Ein paar Fakten, die jeder leicht nachprüfen kann und wo auch ein Unkundiger zum Nachdenken kommen muss:
- Wieviel demokratische Länder mit mehrheitlich islamischer Bevölkerung gibt es?
- In welchen Ländern mit mehrheitlich islamischer Bevölkerung werden Christen nicht verfolgt?
- Wie sieht es mit der Achtung u. Freiheit der Frauen in islamischen Ländern aus?
- Welche Islamischen Länder haben hohen wissenschaftlichen, wirtschaftl.-technischen Fortschritt und ein hohes Brutto-Sozialprodukt? (Nicht durch Öl-verkauf)?
- In welchen arabischen (also islamischen) Ländern wohnen noch Juden? und wieviel? (und warum so wenig?)
- In wieviel Prozent der islamischen Länder würde eine Frau unbegleitet reisen können ?
Dass der Islam (die Lehre) den Menschen im Orient (und anderswo) nicht gut tut, kann man an jeder Bombenexplosion sehen und an der Gewalt die im Namen des Islam gegen alle Andersdenkenden ausgeübt wird.
Und noch eine Frage: Bin ich gleich "Cryo-phob" - nur weil ich die Kälte nicht mag und ich Gründe habe, mich warm anzuziehen?
Schade, dass so viele Leute träumen, statt die Fakten zu sehen.
Ich würde sagen/schreiben: "Die Tatsachen herausfinden, Fakten ernst nehmen, differenzieren, und die Wahreit lieben!"
Gott befohlen!
John
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.
Diskutieren Sie mit