Der Schriftsteller Ferdinand von Sacher-Masoch ist unfreiwillig zum Inbegriff der Lust am eigenen Leiden geworden. Der Autor schildert in seinen Werken inszeniertes Schmerz- und Unterwerfungsverhalten von Männern gegenüber Frauen. Was den Psychiater Richard von Krafft-Ebing veranlasste, 1886 den Begriff Masochismus für Menschen zu verwenden, denen es gefällt, sich Schmerzen zufügen und demütigen zu lassen.
Dieses Gefühl kann einen beschleichen, bei der alljährlichen Verkündung der Kirchenmitgliederzahlen. Das Ergebnis ist bei beiden großen Kirchen erwartbar. Auf die exakte Höhe wird trotzdem jedes Mal gespannt gewartet. Die Kommentare gleichen sich, so als hätte man einen alten Hirsch zum frischen Wasser geführt, den Text vom Vorjahr aufgewärmt.
Warum quält sich eigentlich nur die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit mit der regelmäßigen Verkündung der Mitglieder-Apokalypse. Den Parteien oder Gewerkschaften würde es nicht im Traum einfallen, den eigenen Abgesang anzustimmen. Die Mitgliederentwicklung ist dort nicht minder schlagzeilenträchtig.
Es stimmt traurig zu sehen, dass in der öffentlichen Wahrnehmung kirchliche Relevanz nur noch an und in Zahlen gemessen wird. All die guten Nachrichten, die es tagtäglich von Kirche und Diakonie zu vermelden gibt, treten scheinbar dahinter zurück.
Sacher-Masoch hat sich zeitlebens gegen diese Bezeichnung gewehrt. Vergebens. Seine Literatur geriet in Vergessenheit, der Begriff blieb. Wir überlegen, zukünftig die Mitgliederzahlen zu ignorieren. Es reicht, wenn sich andere daran hochziehen. Wir halten es da lieber mit den Statistiken, die mitunter heilsrelevant sind: Taufen und Konfirmationen.
Wenn Todesmächte walten
Gott und Leid: Wie kann im Angesicht schrecklicher Katastrophen wie der des 9. November 1938 oder des 7. Oktober 2023 von und zu Gott gesprochen werden? Wie kann der Glaube halten? Mehr lesen Sie im Digital-Abo- Mitarbeiter/innen (m/w/d) Ökumenische Sozialstation Leipzig
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Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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