Erste »Reichsbürger«-Vereinigung verboten und aufgelöst
Innenminister Seehofer hat erstmals einen »Reichsbürger"-Verein verboten. Die Vereinigung vergifte die freiheitliche Gesellschaft systematisch, erklärte er. FDP und Grüne fordern, die Verbindung zur rechtsextremen Szene stärker im Blick zu haben.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat erstmals eine Gruppierung der »Reichsbürger«-Bewegung verboten. Mit Razzien in zehn Bundesländern gingen Beamte am Donnerstag gegen den Verein »Geeinte deutsche Völker und Stämme« und ihre Teilorganisation »Osnabrücker Landmark« vor, wie das Innenministerium in Berlin mitteilte. Seehofer erklärte, man habe es mit einer Vereinigung zu tun, »die rassistische und antisemitische Schriften verbreitet und damit unsere freiheitliche Gesellschaft systematisch vergiftet«. Das Vereinsverbot auch während der Corona-Krise stieß auf breite Zustimmung.
Der Verein sei in den vergangenen Jahren durch aggressive Sprache und teils drastische Drohungen aufgefallen, hieß es zur Begründung. Den Angaben zufolge drohten Mitglieder anderen mit »Inhaftierung«, »Strafgebühren« und »Sippenhaft«.
»Reichsbürger« lehnen den deutschen Staat in seiner bestehenden Form ab, erkennen Behörden und deren Entscheidungen nicht an. »Sie bringen durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie zum Ausdruck und verstoßen damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung«, erklärte das Bundesinnenministerium. Einige der bundesweit rund 19.000 »Reichsbürger« stuft der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch ein.
Durchsuchungen gab es am Donnerstag den Angaben zufolge in Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen. Dabei seien Schusswaffen, Baseballschläger, Propagandamaterialien und geringe Mengen Betäubungsmittel sichergestellt worden.
Bundesweit wurden die Wohnungen von 21 führenden Vereinsmitgliedern durchsucht. Nach Angaben der Berliner Innensenators Andreas Geisel (SPD) war die Bundeshauptstadt Sitz der Vereinigung. Laut Geisel gehören ihr rund 120 Menschen an. In Berlin wurden demnach drei Objekte durchsucht.
Das Verbot wurde von SPD, CDU, FDP, Grünen und Linken begrüßt. »Wer antisemitische, rassistische und antidemokratische Thesen propagiert, ist nicht einfach nur ein Spinner, sondern eine echte Gefahr für unser Land«, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.
Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser forderte aber auch, »die bisherige künstliche Trennung zwischen Reichsbürgern und Rechtsextremisten« zu beenden. Auch die Grünen-Politiker Irene Mihalic und Konstantin von Notz erklärten, die sehr engen Verbindungen der »Reichsbürger«-Szene zum organisierten Rechtsextremismus und -terrorismus müssten stärker in den Blick genommen werden.
Begrüßt wurde das Verbot auch vom Deutschen Richterbund. »Reichsbürger« überzögen die Justiz mit Drohschreiben und frei erfundenen Schadenersatzforderungen, beschimpften Richter, störten Gerichtsverhandlungen und attackierten Gerichtsvollzieher, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn dem »Redaktionsnetzwerk Deutschland«.
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, reagierte mit Zustimmung. Gerade jetzt dürfe der Staat im Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus nicht nachlassen, erklärte er.
Durchsuchung bei Reichsbürger in Bad Lobenstein
Im Zuge des Vereinsverbots der »Geeinten Deutschen Völker und Stämme« ist es am Donnerstag auch in Thüringen zu einem Polizeieinsatz gekommen. Im ostthüringischen Bad Lobenstein sei die Wohnung eines führenden Mitglieds des Vereins der sogenannten Reichsbürger-Szene durchsucht worden, teilte das Innenministerium in Erfurt mit. Im Vorfeld des am Morgen vom Bundesinnenministerium verhängten Verbotes habe es eine intensive Vorbereitung mit den Thüringer Sicherheitsbehörden gegeben.
Bei der Durchsuchung in Bad Lobenstein seien unter anderem Mobiltelefone und einschlägige Schriftstücke sichergestellt worden. Ihre Auswertung, insbesondere die der digitalen Daten, werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, sagte Innenminister Georg Maier (SPD), der turnusmäßig auch der Innenministerkonferenz der Länder vorsteht. Er begrüßte das Verbot. Der Staat zeige damit, dass seine Ankündigungen im Kampf gegen verfassungsfeindliche Vereinigungen konsequent umgesetzt würden.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zuvor mit dem Verein »Geeinte deutsche Völker und Stämme« erstmals eine Gruppierung der »Reichsbürger«-Bewegung verboten. Seehofer begründete dies mit der Verbreitung rassistischer und antisemitischer Schriften, »die unsere freiheitliche Gesellschaft systematisch vergiftet«.
»Reichsbürger« lehnen den deutschen Staat ab und erkennen Behörden und deren Entscheidungen nicht an. Einige der bundesweit rund 19.000 »Reichsbürger« – in Thüringen wird ihre Zahl auf 800 geschätzt – stuft der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch ein.
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