Auf Tuchfühlung mit dem Tod gehen
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Jesaja 42, Vers 3Der schwedische Literaturnobelpreisträger Tomas Tranströmer beschreibt im Gedicht »Schwarze Ansichtskarten«, dass der Tod im Leben am Menschen Maß nimmt, doch der vergisst dies und lebt weiter, unbemerkt von ihm wird jedoch sein Anzug genäht. Mittlerweile bin ich in einem Alter, da Verwandte und Bekannte immer öfter zu Grabe getragen werden müssen. Auf Geburtstagskarten hatten wir uns zwar Glück und Gesundheit, manchmal sogar Gottes Segen gewünscht, die Zeichen der Zeit jedoch geflissentlich übersehen. Selbst der Wochenspruch hat den Unterton einer verkappten Durchhalteparole: »Mit Gottes Hilfe wird alles gut!« Ist das wirklich so? Geht es im Leben nur darum, dass alles »heil« wird? Wenn ich das Bild Tranströmers ernst nehme, ist das Leben eine immerwährende Vorbereitung auf den Tod. Werden wir dem gerecht?
Letztens habe ich eine Frau besucht, die seit vielen Jahren querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt. Wir kamen darauf, dass das Leben eher Verzicht als Erfüllung ist und auf die daraus erwachsende Dankbarkeit für die kleinen Schritte, die wir selbständig zu meistern fähig werden. Sie erzählte von ihrem Freund, der fast blind ist. Vor einiger Zeit wollten sie ins Museum. Ihre Schwerbehindertenausweise gestanden ihnen jeweils eine Begleitperson zu, die kostenfreien Eintritt hätte. So wurde sie die Begleitung für den fast Blinden und er ihr Begleiter. Man akzeptierte es. Diese Vorstellung gefällt mir: der »Blinde« und die »Lahme« gemeinsam als Gewinner in unserer Welt, die sich nicht zerbrechen oder auslöschen lassen und der »Anprobe des Anzuges« Lebensqualität abzugewinnen vermögen.
Wärme, Geborgenheit, Schutz
»Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.« Johannes 1, Vers 14b Mehr ...- Mitarbeiter/innen (m/w/d) Ökumenische Sozialstation Leipzig
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