Endlich!
"Wir sind keine Protestbewegung gegen Bischof Rentzing"
Über 200 Christen bilden in Leipzig das Forum für Gemeinschaft und Theologie - ihnen geht es um mehrEin Gegengewicht zu konservativen Strömungen in der sächsischen Landeskirche wollen über 200 Christen bilden, die sich am Sonnabend in der Leipziger Peterskirche zum Forum für Gemeinschaft und Theologie treffen. "Um es klar zu sagen: Wir sind keine Protestbewegung gegen Bischof Rentzing", stellte der Leipziger Pfarrer Christoph Maier als einer der Initiatoren gleich zu Beginn klar. Ihnen geht es um mehr.
"Es geht nicht um Grabenkämpfe zwischon konservativen und liberalen Theologen", sagt der Leipziger Studentenpfarrer Frank Martin in seinem Vortrag. "Die Frontstellung ist vielmehr zwischen Gesprächsfähig und Nicht-Gesprächsfähig. Ich habe das Gefühl, dass einige in der Landeskirche Gott mit Worten zum Bollwerk gegen andere machen wollen - und dazu sagen wir nein." Damit wurde wie auch in anderen Wortmeldungen die kirchlichen Debatten um die Auslegung der Bibel etwa zum Thema Homosexualität kritisiert.
Auf dem Forum stellten Redner einer konservativen Sicht einen anderen Blick auf die Bibel gegenüber. "Wir als Menschen können nur stammelnd von Gott reden und in unklaren Bildern - wir haben Gott nicht", sagte Pfarrer Frank Martin. Das Forum wolle eine suchende, aufklärende Theologie befördern.
Offenheit forderten die Redner auch im Umgang mit konservativen Christen und ihren Positionen. "Ich stelle mir eine Begegnung mit der Bekenntnisinitiative vor, den gemeinsamen Besuch eines Gottesdienstes, oder einen gemeinsamen Pilgerweg", sagte die Leipziger Theologin Barbara Zeitler.
Doch auch sehr konkrete Forderungen wurden erhoben. "Wir setzen darauf, dass die Synode eine Agende für die Trauung gleichgeschlechtlich Liebender beschließen wird", sagte Pfarrer Christoph Maier. Das hatte der Landesbischof in einem Interview gerade abgelehnt.
Das waren doch mal klare Ansagen auf dem Forums-Tag. Ich hoffe, dass nun endlich mal deutlich wird, dass ca. hundertfünfzig sächsische Gemeinden, die sich lautstark äußern, nicht die gesamte Sächsische Landeskirche repräsentieren. Und wenn der Landesbischof im Interview äußert, das die Basis mehrheitlich hinter seinen Positionen stehe, hat er sich einfach verzählt. - Am interessantesten fand ich die Aussage, dass der (auch hier im Forum durch 'den letzten lutherischen Laien' beschworene) tiefe Graben nicht zwischen Liberal und Konservativ verläuft, sondern zwischen gesprächsfähig und nicht-gesprächsfähig.
Ich bitte Gott um seinen Segen für die Bewegung frei-und-fromm.
Johannes Lehnert
Sehr geehrter Herr Lehnert,
was ist mit Ihrer Antwort auf meine Fragestellungen?
Trotzdem, herzliche Grüße aus Leipzig
Ohne Ironie: ein gemeinsames Pilgern mit konservativen Christinnen und Christen ist für mich ein sehr verlockender Gedanke. Auf Kirchentagen hatte ich da schon sehr gute Gespräche und gemeinsam zu gehen befördert ja das Denken.
Sind hier nicht Protagonisten dabei, die der SBI direkt oder indirekt vorwarfen, die Kirche zu spalten? Nachdem die Konservativen nun doch nicht so in der Minderheit zu sein scheinen, wie manch einer vehement behauptete (allein das Heulen und Zähneklappern sowie die Demaskierung des Demokratieverständnisses etlicher Rentzinggegner nach der Bischofswahl hatte erheblichen Unterhaltungswert). Ich sehe hier in der Quintessenz ein linksgrünes Pendant zur SBI, aber nichts was die frohe Botschaft, um die es m.E. mal beim christlichen Glauben ging, weiterträgt...
Liebe Britta,
keine Aktion ohne Reaktion - will sagen wenn SBI, dann FGT (Forum für Gemeinschaft und Theologie). Es ist müßig darüber zu philosophieren, wer nun mehr "spaltet". Wichtig ist das Gespräch. Seitens der SBI vernehme ich wenig Angebot, ins gemeinsame Gespräch zu kommen, seitens FGT ist dies jedoch immer angeboten. Es wäre so wichtig diesen - sicher für beide Seiten aufwühlenden, anstrengenden - Gesprächsprozess endlich zu beginnen. Auch und gerade vor dem Hintergrund, dass beide Seiten, die Mehrheit für sich reklamieren, was eigentlich doch nur heißt, dass es mindestens eine starke Minderheit gibt. Und ganz ehrlich: Demokratie ohne Minderheitenschutz ist Despotie (s. Türkei, Rußland und hoffentlich eben nicht sächsische Landeskirche!)
Volker
"Es wäre so wichtig diesen - sicher für beide Seiten aufwühlenden, anstrengenden - Gesprächsprozess endlich zu beginnen." Na Donnerwetter, wo war diese famose FGT während des immerhin drei lange Jahre währenden kirchenoffiziellen Gesprächsprozesses?
Man könnte fast den Eindruck gewinnen: Damals ging es nur um die Sache, folglich sahen die FGT bzw. deren heutige Aktivisten keinen Gesprächsbedarf. Dann haben sie die Bischofswahl vergeigt und seitdem geht es (auch ein wenig) um ihre (bis dahin praktisch uneingeschränkte) Macht über die Kirche und prompt erwacht in ihnen eine großartige "Gesprächsbereitschaft".
Und worüber möchte die FGT so offen und unvoreingenommen sprechen? "'Wir setzen darauf, dass die Synode eine Agende für die Trauung gleichgeschlechtlich Liebender beschließen wird', sagte Pfarrer Christoph Maier." Sieh an.
Liebe Britta!
"Pentant" ist richtig verstanden! - Wenn Du "linksgrün" nicht als eine von Vor-Verurteilung geprägte Bezeichnung verwenden würdest, hätten viele Anwesende wohl keinen Grund, gegen ihre Verortung als Streiter für "Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung" (also linkssozial und grün) zu protestieren. - Allerdings ging es beim Forum gerade um die Suche nach einer aus der Frohen Botschaft gelebten Frömmigkeit, die frei ist von militantem Fundamentalismus, Homo- und Islamo-Phobie.
Johannes Lehnert
Lieber Johannes,
Du kannst Dir sicher sein, daß ich "linksgrün" in keiner Weise positiv besetzt sehe. Was dies mit Frieden (der erste Auslandseinsatz der BW ist von einer rotgrünen Regierung abgesegnet worden, Spenden aus der Rüstungsindustrie sind in allen Parteien willkommen, fatale Rußlandpolitik), Gerechtigkeit (Ausblutung des Mittelstandes durch "die Reichen müssen was abgeben" und Rußlandsanktionen - gleichzeitig aber Unterstützung der Steinreichen durch entsprechende Lobbypolitik, Zustimmung von Waffenexporten durch entsprechende Parteien, TTIP- und Ceta-Werbung durch die Roten, Reaktivierung von Stasistrukturen und Bejubelung von Aussagen, die zur Gewalt gegen Polizisten aufrufen...) und Bewahrung der Schöpfung (absolut unausgegorene Energiepolitik, Fahrradpredigen und Bolidenfahren der Protagonisten...) zu tun hat, erschließt sich mir gerade nicht. Insofern würde ich die Frohe Botschaft überall suchen, nur nicht dort! Ich erinnere, wer in der Historie am meisten islamophil war und neben wessen Wachsabguß sich Muslime in London am liebsten fotographieren lassen. Über den Import von Homophobie und Antisemitismus brauchen wir gar nicht zu sprechen, das ist anscheinend nur böse, wenn es von Einheimischen ausgeht!
Letztlich, das Homothema ist eine derarte Randerscheinung angesichts der Herausforderungen, die Christen bevorstehen (der Libanon hat es gezeigt). Und wenn ich dann den zähen Kampf um die angeblich gerechte Sprache sehe, die aus einer Studentengemeinde eine Studierendengemeinde macht, die auf kein Binnen-I verzichten kann... da frage ich mich ernsthaft, ob es noch um Gottes Wort geht. Wenn ich bei der neugegründeten Initiative schon lese, daß nicht gleich Kompromisse geschlossen werden sollen, warum sollten sich dann andere kompromißbereit zeigen? Leider muß ich Herrn Rau rechtgeben, durch die Kirche als Institution zieht sich ein tiefer Graben, der trotz jahrelanger Bemühungen wahrscheinlich unüberwindbar ist.
Illusionsloser als vor ein paar Jahren
Britta
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Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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