Kirche der Kontraste
Frauenordination: Eine Kirche ganz anders als der Zeitgeist – auch Christen in Sachsen fänden das gut. Ihre lettische Partnerkirche probiert es. Und will keine Pfarrerinnen mehr.
Zwölf sächsische Kirchgemeinden haben Partnerschaften mit Lettland – aber wird je wieder eine sächsische Pfarrerin mit einem lettischen Kollegen am Altar gemeinsam Gottesdienst feiern? Anfang Juni hat die Synode der Lutherischen Kirche in Riga beschlossen, dass in ihr keine Frauen mehr Geistliche werden dürften. Und der neu gewählte Bischof der Diözese Liepaja, Hanss Jensons, sagte nach Angaben von Beobachtern, eine Zusammenarbeit mit Kirchen, in denen Frauen ordiniert werden, könne er sich nicht vorstellen.
»Da liegt der Ball jetzt bei den Letten: Wollen sie noch mit uns Kontakt haben?«, fragt Oberkirchenrat Friedemann Oehme, Ökumene-Referent der sächsischen Partnerkirche. »Wir haben schließlich Frauen und Homosexuelle im Pfarramt. Wir wollen den Kontakt nicht abbrechen.«
Die sächsische Kirchenleitung bereitet derzeit noch eine kritische Stellungnahme zu der lettischen Synodal-entscheidung vor, nachdem Gerhard Ulrich als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands schon kurz nach dem Votum sein »tiefes Bedauern« und theologisches »Unverständnis« formuliert hatte.
Schon Ende letzten Jahres hatte der sächsische Synodalpräsident Otto Guse einen Brandbrief an den lettischen Erzbischof Janis Vanags geschickt. »Als Partnerkirche erfüllt uns diese Entwicklung mit Sorge«, schreibt er darin. Guse verweist auf Paulus – »Hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Jesus Christus« (Galater 3, Vers 28) – und auf den »geistlichen Reichtum« der 163 Pfarrerinnen in Sachsen. Er erwähnt ausdrücklich auch die Ehefrau des neuen und des Anbiederns an den Zeitgeist unverdächtigen Landesbischofs Carsten Rentzing. Ohne Erfolg.
Als der frühere Meißener Superintendent Andreas Stempel als Vertreter der Landeskirche zur Rigaer Synode reiste, hatte er ein Grußwort im Gepäck. »Ein sehr freundliches, aber in der Sache deutliches Grußwort«, sagt Stempel. Er durfte es nicht im Rigaer Dom verlesen. Der Sachse traf stattdessen auf Bischöfe in prächtigen Gewändern, auf liturgisch ausgefeilte Gottesdienste, geistliche Synodale in katholisch anmutenden Soutanen. Und auf eine Kirche, die sich ganz bewusst für einen anderen Weg als die liberalen Protestanten des Westens entscheidet – und dabei sogar wächst.
»Die Debatte war sehr emotional, aber keine einzige Frau hat gesprochen – obwohl Frauen in der Synode sind«, sagt Andreas Stempel. Am Ende haben 201 der 310 Synodalen für die Absage an Frauenordination in der Kirchenverfassung gestimmt, 59 dagegen. 22 haben sich enthalten. Der lettische Erzbischof Vanags ordiniert schon seit seinem Amtsantritt 1993 keine Frauen mehr. Seine Vorgänger hatten das Pfarramt Theologinnen zugänglich gemacht, an der lettischen Kirchenbasis aber war dies immer umstritten. Aus der Pfarrerschaft kam deshalb auch der Anstoß zum Verbot. Die enge Partnerschaft der Letten mit den sehr konservativen Lutheranern der Missouri-Synode in den USA und der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland tat ein Übriges.
Dabei leben bereits 82 Prozent der Christen im Lutherischen Weltbund in Kirchen, in denen es auch Pfarrerinnen gibt. Tendenz steigend. Lutherische Lettinnen, die wie Ilze Ruperheite schon heute als Evangelistin die Arbeit von Pfarrern machen aber nicht als Geistliche anerkannt werden, fühlen sich durch die Diskussion ihrer Kirche »eingesperrt wie in einem Käfig« und »tief verletzt«.
Der sächsische Ökumene-Beauftragte Friedemann Oehme will dennoch an der Partnerschaft mit den Letten festhalten. Er hat eine Hoffnung: »Lettische Pfarrer können bei uns Pfarrerinnen erleben.«
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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