Glauben wie die Kinder
Glaubensleben: Der Kinderglaube scheint vielen Erwachsenen unwiederbringlich verloren. Doch Jesus wollte, dass wir wie die Kinder werden. Was heißt es, kindlich zu glauben?
Es ist die Zeit des Kinderglaubens: Weihnachten. Alles dreht sich um das Kind in der Krippe, diese Botschaft, dass Gott unendlich nah ist. Und da ist ein Staunen und eine große Atmosphäre des Vertrauens. Im Glanz der Kinderaugen schimmert noch etwas von diesem ursprünglichen Bei-Trost-Sein. Wir singen »Ihr Kinderlein kommet« und wollen uns selber einreihen in diesen kindlichen Zug zur Krippe – zum schlichten Vertrauen, dass Gott da ist und alles gut wird, dass der Himmel offen steht und wir gerettet sind.
Doch für viele ist die Sache mit Gott nicht mehr so einfach wie in Kindertagen. Dem plüschigen Glauben an das »Eia popeia« der Weihnachtsengel sind sie entwachsen. Irritierende Erfahrungen haben ihn zerbrechen lassen. Und mit dem Erwachsenwerden hat der Mensch das Hinterfragen gelernt. Da muss manche frühere Wahrheit weichen. »Es kommt fast für jeden Menschen der Augenblick, wo die überkommene und angelernte Religion von ihm abfällt wie der Mörtel an der Wand«, schrieb einmal Albert Schweitzer und hat damit die Erkenntnis des Psychologen James Fowler vorweggenommen: dass sich der Glaube im Lebens stufenweise verändert.
Im Kindergartenalter sei ein bildhafter, magischer und von der Phantasie geprägter Glaube typisch, im Jugendalter die übernommenen Glaubensinhalte und erlernten Rituale. Als erwachsenen Glauben beschreibt Fowler den reflektierenden Glauben, in dem Übernommenes selbständig gedeutet und auf individuelle Weise vertreten wird.
Doch ist der Kinderglaube damit wirklich passé? Hat Jesus nicht gesagt: »Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr keinesfalls ins Himmelreich kommen?« Der Theologe Hans-Joachim Eckstein empfiehlt, zwischen »kindischem« und »kindlichem« Glauben zu unterscheiden – zwischen Unmündigkeit und Vertrauen. Er möchte Erwachsenen dabei helfen, den »kindischen« Glauben zu überwinden. Denn weil diese Form von Glauben nicht in das gesamte Leben und Denken integriert sei, könne sie kaum als Ausdruck jener positiven kindlichen Haltung verstanden werden, die Jesus wollte, so Eckstein, der als Professor für Neues Testament an der Universität Tübingen lehrt. Lernen könne man den reifen »kindlichen« Glauben von Jesus, der es wagte, Gott als »abba« (»Papa«) anzureden – es ist die erste, lallende Anrede des Vaters durch das Kleinkind, ein Ausdruck innigster Verbundenheit und Vertrauens.
Jesus wollte damit das Gottesverhältnis neu bestimmen: Wir dürfen uns als Gottes Kinder begreifen und ihm vertrauen wie ein geliebtes Kind. Eckstein beschreibt ein Erlebnis, durch das er Jesu Forderung, kindlich zu werden, verstanden hat: Als er eine befreundete Familie mit zwei Kindern besuchte, wurde er ins Kinderzimmer geführt. Hier zeigte ihm die ältere Tochter Zeichnungen. Plötzlich rief ihr dreijähriger Bruder hinter ihnen vom Hochbett herunter »Papi« – und ließ sich einfach nach vorne fallen. Der Vater hatte blitzschnell reagiert, sich umgedreht und den Kleinen aufgefangen. Er wusste um das Vertrauen seines Sohnes und dieser um die Zuverlässigkeit seines Vaters – und noch ehe die anderen richtig mitbekommen hatten, was geschah, lag der Junge gelassen in den Armen seines Vaters.
Für Eckstein ist das ein Bild für einen erwachsen gewordenen Glauben, durch den man bewusst in ein Vertrauensverhältnis zu Gott eintritt – trotz erlittener Enttäuschungen. »Denn Glaube bedeutet, verlassen, um zu finden, ablassen, um zu beginnen, loslassen, um Neues zu ergreifen, sich fallen lassen, um in ihm gehalten zu werden.« Der »Kinderglaube« Jesu erweist sich als reife Haltung, indem er das totale Angewiesensein auf Gott anerkennt – und auf ihn als Vater vertraut.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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