Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Jesaja 60, Vers 2
Das strahlende Wort der Bibel hat eine Kehrseite: Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker, aber über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Israel kehrt aus dem Exil zurück. Aber nicht nur das Umfeld des kleinen Gottesvolkes war bedrohlich. Es klemmte auch bei den Gottesleuten an allen Ecken und Kanten. Einige hatten gar keine Lust mehr, weiterzumachen und aufzubrechen. Die unbekannten neuen Strukturen waren beängstigend. In Babylonien hatten sich viele gut eingerichtet. Auch davon berichtet die Bibel. Wenn wir heute die Finsternis und das Dunkel der Welt, auch im eigenen Lande, gern in unserer Verkündigung beschreiben, sollten wir die eigene Eintrübung nicht unterschlagen.
Aber genauso gilt: der Glanz des Gotteswortes kommt weder vom Volke Israel noch von der Kirche, sondern vom Herrn selbst. Und das zu predigen ist Israel und der Kirche anvertraut. Wenn es stimmt, dass diese Herrlichkeit Trübes überstrahlt, könnte man damit helle Gelassenheit verbinden; jene Zuversicht des Glaubens, die Licht macht.
Einmal besuchte ich vor vielen Jahren eine sehr alte Frau, die wahrlich im Leben viel getragen hat; Flucht, Tod eines Kindes, Krankheiten. Aber sie hatte eine Art zu leben und zu beten, die hell war. So habe ich sie in Erinnerung. Ich erzählte beim Besuch auch von meinen Sorgen über den Zustand der Welt im allgemeinen und die Krankheiten der Kirche im speziellen. Ich sehe noch ihr Lächeln. »Nu!«, sagt sie auf Erzgebirgisch, »es is fei schlimm auf dr Walt und mit denn ganzen Krankheiten; aber wissen se, Herr Pfarrer, de Hauptsach is, dr liebe Gott blebbt gesund!« (Die Hauptsache ist, der liebe Gott bleibt gesund.) Das war aus tiefer Seele – in erzgebirgischem Dialekt das, was unser Wochenspruch sagt.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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