Die Kirche hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die zu dem wenig überraschenden Ergebnis kommt, dass sie bis 2060 die Hälfte ihrer Mitglieder verlieren könnte. Dafür hätten die Kirchenleiter eigentlich nur einen Taschenrechner gebraucht. Und wie reagiert die oberste Repräsentanz der evangelischen Kirche auf diese Nachricht: Weniger Kirchenmitglieder bedeutet nicht automatisch weniger gesellschaftliche Relevanz. »Die christlichen Kirchen bleiben weiterhin die größte nicht-staatliche Organisation in Deutschland«, sagt Heinrich Bedford-Strohm. Er trifft damit ungewollt des Pudels Kern.
Was ist Kirche? Wofür wird sie eigentlich gebraucht? Jedenfalls nicht als größte nicht-staatliche Organisation mit gesellschaftlicher Relevanz. Wer die Bibel liest, erkennt schnell, dass Gott und die Kirche den Staat nicht wirklich brauchen. In der urchristlichen Gemeinde wären viele froh gewesen über eine möglichst große Abwesenheit der Soldaten des römischen Reichs. Eine Gesellschaft braucht staatliche Strukturen, und Menschen brauchen eine Kirche, die ihrem Leben Sinn und Werte gibt. Dafür brauchen sie eine Gemeinde und diakonische Nächstenliebe – sonst nichts. Alles andere ist zweitrangig und meist eine Folge des materiellen Überflusses vergangener Zeiten. Kirche muss keine staatlichen Aufgaben übernehmen in Kindertagesstätten, Schulen, Kliniken et cetera. Es täte ihr gut – und sei es im materiellen Notstand –, wieder zur Besinnung und zur eigenen Sache zu kommen: Zur Verkündigung des Evangeliums in jenen Gebäuden, die Kirchen heißen und aktuell einen geradezu unglaublichen Leerstand verzeichnen. Nicht nur mehr Christen, auch viel mehr Pfarrer werden in diesen Kirchen gebraucht. Ohne Botschaft bleibt die Kundschaft aus.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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