Gott war und ist immer da – auch in der Krise
Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mit wendet. Psalm 66, Vers 20Wann steht er denn nun endlich zur Verfügung, der neue Impfstoff? Mit dieser Frage werden Virologen seit Wochen bedrängt. Die Wissenschaft soll liefern. Das Virus muss doch in den Griff zu kriegen sein, wie Krankheit überhaupt. So lautet der Glaubenssatz unserer modernen Gesellschaft. Was aber geschieht mit uns, wenn wir das Virus oder eine Krankheit nicht einfach beseitigen, wenn wir sie nicht in den Griff bekommen können?
Dann stürzt uns das, so spüren wir das im Moment, in die Krise. Die Alternative wäre, so meint der Soziologe Hartmut Rosa, wir würden lernen, damit zu leben – mit unserer Begrenztheit, mit der Unverfügbarkeit des Lebens, mit einer Krankheit. Das würde bedeuten, dass ich in ein Resonanzverhältnis zu meinem eigenen Körper gelange. Ich lerne, auf ihn zu hören und darauf zu antworten. Aber genau das ist es, was wir abdelegieren an die Fachleute, die Spezialisten, die uns in Röhren schieben, die uns vermessen. Das Leben, das Virus, die Krankheit muss doch zu kontrollieren, zu beherrschen sein!
Und diesen Wunsch beziehen wir auch auf Gott. Wir versuchen, Gott verfügbar zu machen. Das heißt, wir wollen ihn manipulieren. Wenn ich eine bestimmte Leistung erbringe, wenn ich Gutes tue oder genügend spende, dann kann Gott doch gar nicht anders, als meinen Wunsch zu erfüllen, dass ich die Prüfung bestehe, von der Krankheit geheilt werde. Dieses Phänomen gibt es, seit Menschen zu Gott beten. Gott ist kein Automat, in den ich eine Münze einwerfe, um das Gewünschte zu erhalten. Gott war und ist immer da, auch wenn er manchmal zu verstummen scheint. Zugleich ist und bleibt Gott unverfügbar. Und es ist eine Gnade, ein Geschenk, mit Gott in lebendiger Resonanz zu sein – nicht nur in Krisenzeiten.