Diakonie fordert schnellere Integration von Flüchtlingen
Diakoniepräsident Lilie: Vernünftige Sozialpolitik ist die beste LösungDie Diakonie fordert eine schnellere Integration von Flüchtlingen in Deutschland. Spätestens nach drei Monaten sollten alle Zugang zu Sprachunterricht, Ausbildung und Arbeit erhalten, sagte Diakoniepräsident Ulrich Lilie am Donnerstag nach Abschluss der Konferenz Diakonie und Entwicklung in Dresden. Dies müsse unabhängig von ihrem Anspruch auf Asyl oder ihrer Bleibeperspektive gelten. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass sich Parallelwelten von Migranten entwickeln. Dies werde erheblich mehr Kosten zur Folge haben.
Mit großer Sorge betrachte die Diakonie die Unterscheidung in "gute" und "weniger gute" Flüchtlinge. "Das geht an der Praxis vorbei", so Lilie. Nur etwa zehn Prozent der Flüchtlinge fänden wegen hoher Qualifikation sofort Zugang zum Arbeitsmarkt. Bei bis zu 60 Prozent der Geflüchteten werde das etwa sechs Jahre brauchen. Aber auch für den verbleibenden Teil müssten Leistungen des Sozialsystems zur Verfügung stehen, so Lilie.
Demonstrationen, auf denen die Flüchtlingspolitik kritisiert werde, seien ein Indikator dafür, dass Menschen sich abgehängt fühlten und es ungelöste soziale Probleme gebe, sagte der Diakoniepräsident weiter. "Die beste Lösung dafür ist eine vernünftige Sozialpolitik", fügte er hinzu. Die rund 890.000 Flüchtlinge, die im vergangenen Jahr in die Bundesrepublik kamen, hätten geholfen, Themen wie sozialen Wohnungsbau oder die Errichtung von mehr Kindertagesstätten wieder auf die Tagesordnung zu setzen. "Das ist das Gute an dieser Debatte", so Lilie.
In einer von der Konferenz Diakonie und Entwicklung verabschiedeten Erklärung, hieß es, zu Unrecht würden Flüchtlinge für innergesellschaftliche Probleme verantwortlich gemacht. Aus dieser Verwechslung von Ursache und Wirkung speisten sich Gewalt, Hassreden, Rassismus und ausgrenzende, menschenfeindliche Ideologien. "Dem treten Kirche und Diakonie zusammen mit allen Menschen guten Willens entschieden entgegen." Flüchtlinge seien Verbündete, nicht Gegner sozial Schwacher in Deutschland, fügte Ulrich Lilie hinzu.
Wenn in Großstädten wie Frankfurt am Main, Köln oder Stuttgart der Anteil an Kindern von Migranten besonders hoch sei, löse dies verständlicherweise Irritationen aus, so der Diakoniepräsident. Aber es setze auch einen gemeinsamen Lernprozess für Interkulturalität in Gang. Die Diakonie wolle in diesem Prozess zum einen ihr Profil als evangelischer Wohlfahrtsverband erhalten. Zum anderen müsse sie sich auch für neue Mitarbeiter mit kulturellen Kompetenzen öffnen.
So lange die gewaltigen Unterschiede von Arm und Reich in der Welt fortbestünden, werde es weiter Migrationsströme geben, sagte Claudia Warning von "Brot für die Welt". Das evangelische Entwicklungswerk versuche, Flüchtlingen innerhalb und außerhalb von Lagern beispielsweise in den Nachbarländern Syriens ein Minimum an Lebensmöglichkeiten zu sichern. Dabei bezögen die Mitarbeiter auch die Bevölkerung der Aufnahmeländer ein, die oft selber in Armut lebe. Diese Hilfe habe mittlerweile das Etikett "Fluchtursachenbekämpfung" bekommen. "Wir tun das aber nicht, damit hier keine Flüchtlinge ankommen, sondern weil jeder ein Recht auf gute Lebensbedingungen hat", betonte Warning.
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