Was Mann braucht
Einen Zylinder auf dem Kopf, in der Hand eine Bierflasche schwingend – so ziehen Männer zu Himmelfahrt wieder durch den Mai. Christen finden das zumeist suspekt. Doch manchen tut das Zusammensein auch spirituell gut.
Die Wurzeln dieser »Herrenpartien« liegen tatsächlich in der christlichen Tradition: So war es üblich, zu Himmelfahrt so genannte Flurprozessionen abzuhalten, bei denen um Segen für eine gute Ernte gebetet wurde. Schon damals soll gehörig mehr an profanem als an Messwein geflossen sein.
Im 19. Jahrhundert unternahm vor allem die männliche Jugend Bergwanderungen in Erinnerung an die Zusammenkunft Jesu mit seinen Jüngern auf dem Ölberg. Vor rund einhundert Jahren wurde Himmelfahrt in Anlehnung an den Muttertag zum »Herren- oder Männertag«, der oft mit einem feucht-fröhlichen Umtrunk endete.
Ist es nun pfui Teufel, was da zu Himmelfahrt jenseits kirchlicher Mauern von wandernden, singenden und trinkenden Vätern veranstaltet wird?
»Gegen Männergruppen, die sich austauschen und gemeinsam ein Bier trinken, ist überhaupt nichts einzuwenden«, sagt der Verantwortliche für Männerarbeit in der Landeskirche, Thomas Lieberwirth. Männer seien untereinander offener, über Glauben oder innere Zweifel zu reden. Auch das Draußensein in der Natur scheint, hat Lieberwirth beobachtet, eine wichtige Rolle zu spielen. Deshalb sind Männer dort, wo es Spaß macht und wo sie andere Männer treffen: auf dem Fußballplatz oder im Sportverein.
Dem trägt die sächsische Männerarbeit Rechnung: Im Angebot für diesen Sommer finden sich etwa eine alpine Bergtour für »Männer mit Abenteuerlust« oder Kanufahren. Speziell für Väter und Söhne gibt’s Mountainbiken, Klettern und Segeln.
Landesgeschäftsführer Lieberwirth weiß, dass Männer nichts geschenkt bekommen wollen, sondern die Herausforderung suchen, den Wettbewerb. »All dies finden sie aber nicht in der Kirche. Da gibt es Tee oder Kaffee.«
Noch deutlichere Worte findet Manfred Richter, Baupfleger im Regionalkirchenamt, wenn er von den Männern spricht, die brav in der Kirchenbank sitzen und vorsichtig-harmonische Rituale über sich ergehen lassen. »Da fehlt Kraftvolles, damit ich mich als Mann spüre.« Werde der Segen noch getanzt, würde Mann lieber fliehen, um ein Bier zu trinken.
Weil Männer gern unter sich sind, reifte bei dem Bauingeieur die Idee für einen »Männerbücherraum«. In seinem Haus in Dresden-Lockwitz öffnet er Männern seit gut einem halben Jahr die Tür, damit sie sich abends entspannt treffen können, über gute Männerbücher sinnieren, trommeln, singen oder einen Film anschauen. Einmal im Monat gibts neuerdings auch einen Stammtisch, »weil es sich beim Bier einfach leichter redet«, sagt Manfred Richter.
Ihm geht es darum, Fragen zu stellen. »Fertige Antworten, wie sie die Kirche parat hat, sind nichts für Männer«, ist er überzeugt. Deshalb zieht es ihn auch nicht jeden Sonntag zum Gottesdienst. Trotzdem wäre er sicher entsetzt, würde ihm sein Christsein abgesprochen. Manfred Richter sucht nach einer anderen, einer männlichen Form von Spiritualität.
Gefunden hat er sie durch »Männerpfade«, eine deutschlandweite überkonfessionelle Bewegung. Diese hat sich auf die Fahnen geschrieben, Männer durch ein Initiationsritual in ihrer Rolle und Identität zu bestärken und in ihrer Spiritualität zu fördern. Richter, der selbst 2009 initiiert worden ist, engagiert sich seitdem aktiv in der Männerbewegung, die evangelischerseits von der Nordkirche, der niedersächsischen und der bayerischen Landeskirche unterstützt wird.
Zu Himmelfahrt würde Manfred Richter übrigens gern mit den Füßen auf der Erde stehen und den Kopf in den Himmel stecken, weil sich für ihn da »Himmel und Erde berühren«. Also geht er wandern, im Lockwitztal.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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