Inklusion - das kenn ich von Jesus!
Worte sichtbar machen
Inklusion ist zunächst ein Schlagwort. Damit es mit Leben gefüllt wird, ist noch viel Engagement nötig – in den Kirchgemeinden und in der Landeskirche.Jeden Menschen zu akzeptieren – unabhängig von seiner geistigen, körperlichen oder sinnlichen Beeinträchtigung ist für Matthias Kipke praktizierte Nächstenliebe: »Nicht den anderen mit Mitleid zu überschütten, sondern anzunehmen wie er ist.« Wenn da nicht das Wort Inklusion wäre.
»Viele denken, Inklusion ist noch eine Zusatzaufgabe«, sagt der Gemeindepädagoge, der im Landesjugendpfarramt zuständig ist für »Integrative Jungenarbeit auf dem Weg zur Inklusion«. Er bietet nicht nur gemeinsame Freizeiten für behinderte und nichtbehinderte Jugendliche an. Er geht auch in Jugendgruppen oder zu Veranstaltungen, um über die Probleme und Möglichkeiten beim Umgang mit beeinträchtigten Menschen aufmerksam zu machen. Bis hin zu einer Freizeit mit Vätern behinderter Jungen, die so einmal Gelegenheit haben, über ihre Gefühle und Sorgen miteinander zu reden.
Für Kipke ist Bewusstseinsbildung die wichtigste Aufgabe. Er will »die Menschen in den Gemeinden darauf aufmerksam machen, dass die Rampe an der Kirchentreppe nicht das Einzige und nicht nur der Diakonieausschuss dafür zuständig ist.«
Matthias Kipke gehört zu einer Arbeitsgruppe »Kirche inklusiv« innerhalb der Landeskirche, die auf Initiative von Raik Fourestier 2013 entstanden war. Fourestier war bis vor wenigen Monaten Pfarrer der Dresdner Gehörlosengemeinde, jetzt ist er ins Pfarramt von Bischheim-Häßlich gewechselt.
Doch sein Engagement für die Belange von Menschen mit Behinderung – nicht nur Gehörloser – hat sich damit nicht geändert. Auch seine Erfahrung ist, dass das Thema Inklusion in den Gemeinden noch nicht verankert ist. In der Landeskirche fehlen nach seiner Ansicht »Gesichter«, die für das Thema stehen. Und vor allem Geld.
So wie für die gehörlose Frau, die gern am Kirchlichen Fernunterricht (KFU) teilnehmen möchte. Raik Fourestier fände es gut, wenn die Landeskirche dann eine gehörlose Prädikantin hätte, die Gottesdienste halten kann. Aufgenommen in den Kurs wurde sie, das Geld, um ihre Teilnahme zu bezahlen hat sie auch – aber es fehlt an der Finanzierung für den nötigen Gebärdensprachdolmetscher. 75 000 Euro schätzt Raik Fourestier für die Dauer von zweieinhalb Jahren. Geld, das niemand hat.
Oder die gehörlose Familie aus Pirna. Deren Kinder wollen in die Christenlehre gehen. In der Schule sind sie es gewohnt, dass ein Gebärdensprachdolmetscher da ist. Die Kirchgemeinde kann das nicht bezahlen – außer Raik Fourestier dolmetscht in seiner Freizeit. Er hat ein Studium als Gebärdensprachdolmetscher absolviert.
Mit den Mitstreitern von »Kirche inklusiv« hat Pfarrer Fourestier bereits zweimal einen Impulstag Inklusion ausgerichtet – mit viel Engagement und wenig Mitteln. Der dritte Impulstag ist am 19. September in Zwickau geplant. »Wir fliegen keine Referenten ein, sondern bestreiten den Tag mit Leuten vor Ort, die Erfahrungen haben«, sagt er.
Seine Hoffnung ist es, dass sich ein größerer Kreis bildet, der sich in der Landeskirche des Themas annimmt. Das könnte zum Beispiel ein Runder Tisch Inklusion sein, der gerade angefangen hat zu arbeiten. Er wird koordiniert von Dorothee Wiedmann aus dem Diakonischen Amt und von Gabriele Mendt, Referentin im Landeskirchenamt. »Er wird beratend tätig sein und Empfehlungen geben«, umreißt Pfarrer Fourestier das Anliegen. Ihm ist auch klar, »dass wir mit dem Thema in die Synode müssen«. Noch zu oft ist es seine Erfahrung, »dass Leute aus der Diakonie sagen: Kirchgemeinden interessieren sich nicht für uns – und umgekehrt«. Auch Matthias Kipke arbeitet am Runden Tisch mit. Sein Ziel ist es, »dass behinderte Jugendliche dort, wo sie zuhause sind, auch ihr geistiges Zuhause finden, in ihrer Kirchgemeinde.«
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.
Diskutieren Sie mit