Alle Männer lieben Fußball
Aber stimmt das eigentlich? Was ein Mann ist oder sein soll, ist heute so unterschiedlich wie wohl noch nie. Das sorgt auch für Reibungen – und ist biblisch.
Fußballmeisterschaftszeiten sind Männerzeiten. Oder besser: Mannsbilderzeiten. Vier Wochen lang wird im Fernsehen und auf dem grünen Rasen vorgeführt, wie Männer so sind: Kämpfer, Taktiker, Schmerzensmänner. Und Sieger, natürlich. Doch, Moment: Auch immer mehr Frauen mögen Fußball. Und immer mehr Nationalspieler zeigen ihre weiche Seite. Die einen als Väter, ein anderer mag Pferde. Und beim Frauenfußball jubeln auch immer mehr Männer. Irgendetwas gerät da gerade ins Wanken.
»Aber meist fallen bei Männern und Jungen oft immer noch Dinge auf, die stören und Probleme machen«, sagt Christian Kurzke, Studienleiter Jugend der Evangelischen Akademie Meißen und Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen. »Viele Jungen haben zum Beispiel eine ganz andere Bewegungsmotivation als Mädchen. Weil Schule meist im Sitzen stattfindet, schlägt sich das in den Lernergebnissen aber auch in der Atmosphäre im Klassenzimmer nieder, was in der Folge dann als Problem wahrgenommen wird.« Viele Jungen lesen schlechter als Mädchen, hat die Pisa-Studie festgestellt.
Hinzu kommt, dass Jungen in Kindergärten und Schulen meist von Frauen erzogen und unterrichtet werden – und ihnen männliche Vorbilder fehlen. »Die Sensibilität für diese Themen ist in den letzten Jahren gewachsen und es wird einiges getan«, stellt Christian Kurzke fest. »Aber es ist noch viel zu wenig.« Vielleicht ist eines der größten Probleme auch der Blick selbst auf Männer. »Sie werden oft als Problem hingestellt«, sagt Thomas Lieberwirth, der Geschäftsführer der evangelischen Männerarbeit in Sachsen. »Es ist eine Frage der Perspektive: Sind Männer Subjekte oder sind sie Objekte, denen man von außen sagen muss, wohin sie sich entwickeln müssen?« Er weist auf einen von vielen Widersprüchen hin: Männer sollen heutzutage häusliche Familienmenschen sein – aber als Liebhaber finden Frauen solche Typen nicht ganz so attraktiv.
Zeiten des Umbruchs sind immer Zeiten der Widersprüche. Einerseits gehen immerhin schon 15,5 Prozent der jungen sächsischen Väter für durchschnittlich knapp vier Monate in Elternzeit – einer der höchsten Werte in Deutschland. Andererseits: »Mit welchen gesellschaftlichen Widerständen Vätern bis heute zu tun haben, wenn sie Elternzeit nehmen wollen, ist eine klare Benachteiligung«, sagt Christian Kurzke. Auch hier stoßen verschiedene Männerbilder hart aufeinander.
»So eindeutige Geschlechterrollen sind auch in der Bibel nicht zu finden«, sagt Kathrin Wallrabe, die Gleichstellungsbeauftragte der sächsischen Landeskirche. »Dort gibt es allein lebende Männer und Familienväter. Und es gibt auch nicht nur starke Heldenfiguren in der Bibel: Petrus weinte, Judas hat seinen Verrat bitter bereut und auch Jesus selbst hatte nicht die klassische Männerrolle.«
Kirche und Kirchenvorstände könnten diese Vielfalt in den männlichen Rollenbildern aktiv unterstützen, findet Kathrin Wallrabe. „Teilzeitstellen müssen nicht immer nur Frauen bekommen und es muss normal sein, wenn Männer Elternzeit nehmen.«
Die Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit unterstützt diesen Wandel seit zehn Jahren auf politischer Ebene, mit Tagungen und Weiterbildungen. Mitte Juni feiert sie ihr Jubiläum in der Evangelischen Akademie Meißen. Von dort ging auch der Impuls für ihre Gründung aus. »Gleichstellung und Gerechtigkeit sind zutiefst kirchliche Aufträge«, sagt Studienleiter Christian Kurzke. Ein Ziel: »Jungen müssen die Vielfalt männlicher Lebensentwürfe entdecken und eigene Antworten finden können.«
Es soll sogar Männer geben, die selbst bei der Fußball-EM den Fernseher lieber auslassen.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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