Wie hast du’s mit dem Terror?
Islam: Nach den Terroranschlägen des IS fragen muslimische Stimmen nach den Wurzeln der Gewalt im Islam. Die Kirchen halten sich zurück – sie haben ihre Gründe.
Der islamistische Terror erreichte in den vergangenen Wochen Deutschland. Und in seinem Kielwasser die Frage, ob diese Gewalttaten nicht doch etwas mit dem islamischen Glauben der Täter zu tun hätten. Ja, sagten einige Stimmen aus dem evangelikalen Spektrum. Gewalt im Islam sei kein »Ausrutscher«, sondern in ihm angelegt, meint etwa der Leiter des Arbeitskreises Islam der Deutschen Evangelischen Allianz, Ulrich Neuenhausen.
Papst Franziskus meint: »In fast jeder Religion gibt es immer kleine Gruppen von Fundamentalisten – bei uns auch.« Er sucht die Ursachen eher in Perspektivlosigkeit und Armut. Die Spitzen der Evangelischen in Deutschland sehen es ganz genauso.
Innerhalb des Islam dagegen wird schon längst kritischer diskutiert. Mit Blick auf konservative Strömungen im Islam, die den Boden für Feindbilder bereiten, kritisiert Ahmad Mansour, der Vorsitzende des Muslimischen Forums Deutschland, die Naivität der deutschen Debatte: »Natürlich sind auch viele linke Europäer Schuld an dieser Entwicklung, da sie offenkundige Probleme systematisch verharmlosen.« Reformerische Muslime wie der syrische Intellektuelle Muhammad Shahrur fordern schon lange eine Abkehr von einer mittelalterlichen Koran-Auslegung.
Mit dieser Diskussion über das Verstehen ihrer heiligen Schrift stünden die Muslime vor einer riesenhaften Aufgabe, sagt Peter Meis, der Dezernent für theologische Grundsatzfragen der sächsischen Landeskirche. »Und was haben vergleichbare Fragen auch unserer Kirche für Schmerzen gekostet über einen großen Zeitraum.« Noch immer brechen sie wie beim Thema Homosexualität regelmäßig auf. »Da sind in unserer Kirche viele Einsichten gewachsen – aber sie dem Islam vorzuschreiben, wäre arrogant. Die Dinge dürfen im Dialog angesprochen werden, aber fragend.«
Auch die christliche Seite tut sich mit diesem Gespräch nicht leicht. Ein Entwurf des sächsischen Landeskirchenamtes für ein Papier zum Dialog mit dem Islam steckt seit vielen Monaten zwischen Landessynode und Bischofskanzlei fest. Auch in Sachsens Landeskirche sind islam-kritische Stimmen lauter geworden.
»Ich halte es gegenwärtig für höchst gefährlich, vermeintliche Differenzen zwischen Christentum und Islam hochzuspielen, die weit mehr mit Ressentiments als mit einer realistischen Wahrnehmung der Religion zu tun haben«, warnt der Leipziger Theologieprofessor Alexander Deeg.
»Jede Religion hat in sich das Potential von Gewalt – so dass alle Religionen miteinander über Möglichkeiten des friedlichen Miteinanders reden müssen«, sagt der Professor. »Wir stärken liberale und offene Kräfte nicht, wenn wir eine vermeintlich inhärente Beziehung des Islam zur Gewalt unterstellen, die sich in vielen Phasen islamischer Geschichte nicht zeigt.«
In Dresden veranstaltet das Ökumenische Informationszentrum (ÖIZ) seit 15 Jahren Dialog-Veranstaltungen mit Christen und Muslimen. »Ich glaube nicht, dass wir dabei zu zahm sind«, sagt Elisabeth Naendorf, Ökumene-Referentin des ÖIZ. »Ein Mangel im interreligiösen Dialog ist vielmehr, dass wir gerade hier in Sachsen noch kaum theologisch ausgebildete Muslime haben, die fundiert Rede und Antwort stehen können. Das hat auch die bundesdeutsche Politik mit zu verantworten.« Erst in den letzten Jahren entstanden an deutschen Universitäten erste Lehrstühle zur wissenschaftlichen Ausbildung von islamischen Theologen und Religionslehrern. In Sachsen bisher nicht.
»Ich sehe auch innerhalb unserer christlichen Kirchen die historisch-kritische Methode in Gefahr«, sagt Elisabeth Naendorf. »Ich hoffe, dass im Islam wie im Christentum die Suchenden gestärkt werden – und nicht die Extremisten.«
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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