Milliarden für das Militär
Schweigen: Die Bundeswehr soll in unsicheren Zeiten viel mehr Geld bekommen – doch ist das der richtige Weg zum Frieden? Aus der Kirche ist kaum etwas zu hören.Aufrüstung ist ja nichts Neues. So wenig wie die Sehnsucht nach Frieden. Und der Gedanke, dass Rüstung Frieden schaffen könne. Bei den Herrschern in Jerusalem vor gut 2400 Jahren waren das Kriegskutschen. Doch der Prophet Sacharja hörte von Gott: »Ich will die Wagen wegtun aus Ephraim und die Rosse aus Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden.«
Der Prophet kündigte etwas an, was vollkommen gegen alle politische Vernunft scheint: »Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.« Der sanftmütige Reiter hieß Jesus. Die Leute jubelten und warfen Palmenzweige. Aufgerüstet wird seitdem weiter. Auf zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung will die schwarz-rote Bundesregierung die Ausgaben für die Bundeswehr erhöhen: von derzeit 37 Milliarden Euro auf 60 bis 70 Milliarden Euro bis 2024. Darauf hatten sich die Deutschen zusammen mit den anderen NATO-Ländern schon vor drei Jahren vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und des Konfliktes mit Russland verpflichtet. Nur, dass jetzt der neue US-Präsident Trump darauf drängt. Und die Kirche Jesu, des Eselreiters und Friedensfürsten? Ist kaum zu hören.
Wer etwas sucht, findet nur die Stellungnahmen von EKD-Experten: Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink hat nichts Grundsätzliches gegen eine Anhebung der Gelder für die Bundeswehr, aber fordert für zivile Konflikt-Vorsorge und Entwicklungszusammenarbeit ein Wachstum in gleicher Größenordnung. Der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms pocht auf den Vorrang friedlicher Konfliktlösung und meint: »Statt nun Verteidigungsetats hochzufahren, wäre es sinnvoller, internationale Organisationen wie die UN und die OSZE zu stärken.« Und die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden kritisiert: »Diese Mittel werden fehlen, um die wirklichen Ursachen von Krieg und Flucht zu beseitigen: Armut, Klimawandel, Ungerechtigkeit.«
Die Fakten sind: Die Bundesregierung hat den Haushalt für die Bundeswehr schon in diesem Jahr um acht Prozent auf nun 37 Milliarden Euro aufgestockt. Für Entwicklungszusammenarbeit etwa mit Ländern in Afrika sind 8,5 Milliarden Euro eingeplant. Auch diese Ausgaben sind stark gewachsen – zu Beginn der großen Koalition lagen sie noch bei 6,3 Milliarden Euro. Doch noch immer ist der Militärhaushalt über vier Mal so groß.
Eine andere Selbstverpflichtung der Bundesregierung ist nach wie vor nicht erreicht: 0,7 Prozent der deutschen Wirtschaftskraft sollen für Entwicklungshilfe ausgegeben werden. Aktuell sind es 0,52 Prozent. Entwicklungsminister Gerd Müller hat mittlerweile Besserung bis 2020 gelobt.
»In der jetzigen Debatte ist es offenbar kein Problem, Milliarden mehr für das Militär bereitzustellen – für zivile Maßnahmen wird hingegen um jede Million gefeilscht«, kritisiert Andreas Wagner, Referent der christlichen Friedensinitiative Eirene und Sprecher des Konsortiums Ziviler Friedensdienst, gegenüber dem SONNTAG.
45 Millionen Euro im Jahr erhält der Zivile Friedensdienst im Jahr, um mit 300 Fachkräften in 43 Ländern zusammen mit lokalen Partnern dafür zu sorgen, dass Konflikte friedlich beigelegt werden (siehe Seite 3). »Wir verhindern, dass Konflikte zu Gewalt führen, wenn wir frühzeitig handeln«, sagt Andreas Wagner. »Der Zivile Friedensdienst könnte einen noch größeren Beitrag zu einer friedlichen Welt leisten. Dafür müsste er aber angemessen ausgestattet werden.«
Über all das könnte wenigstens beim Kirchentag in Berlin nachgedacht werden. Zum Beispiel bei einem Bittgottesdienst für den Frieden in der kriegsversehrten Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche. Es predigt: Ursula von der Leyen, Verteidigungsministerin.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.