Protest bei Nachbarn
Polen: Die national-konservative Regierung in unserem Nachbarland legt die Hand an Rechtsstaat und Medien – die katholische Kirche hat sie lange unterstützt, nun kommt Kritik von ihr. Und auch von den Protestanten.
Was ist los in Polen? Der harte Stil der national-konservativen Regierung sorgt in Europa für Sorgenfalten. Seit Herbst 2015 an der Macht, nimmt die Partei »Recht und Gerechtigkeit« (PiS) zunehmend Einfluss auf die Gerichte, hat die öffentlich-rechtlichen Medien bereits unter Kontrolle, fordert Reparationen von Deutschland, was die bilateralen Beziehungen klar verschlechterte.
Ein Gesetzesentwurf zur Entmachtung des Obersten Gerichts trieb Ende Juli die Menschen in ganz Polen auf die Straße. Eine entscheidende Rolle in dieser Entwicklung spielte die katholische Kirche, der über 90 Prozent der Bevölkerung angehören. Sie war es, die im Herbst 2015 von der Kanzel dafür warb, »die Partei der Lebensschützer« zu wählen. Das Episkopat strebt ein Totalverbot der Abtreibung an.
Die PiS bedankte sich bislang mit einem Steuergeschenk, eine Verschärfung der Abtreibungspraxis ist weiterhin in der Diskussion, kann jedoch wie bereits im vergangenen Herbst zu Protesten führen. Die harte Linie der Kirche ist durch den Einfluss des rechtslastigen Medienimperiums Radio Maryja unter dem Priester Tadeusz Rydzyk zu begreifen, das offensiv für die Regierung warb und wirbt und vom Vatikan nicht zur Räson gebracht werden konnte.
Der aktuelle Papst half sogar Radio Maryja, indem er den Hardliner Marek Jedraszewski im vergangenen Dezember zum Erzbischof im sonst als liberal bekannten Krakau ernannte. Dieser wettert nun gegen die Aufnahme von Flüchtlingen, welche Warschau entgegen eines EU-Abkommens ablehnt.
Andererseits soll die Bischofskonferenz Staatspräsident Duda ein Veto gegen zwei Gesetzentwürfe der Regierung angeraten haben: einer davon hätte der Regierung die Möglichkeit gegeben, die leitenden Richter des Obersten Gerichts komplett auszutauschen. Vor seiner Entscheidung hat der Präsident sich zum Kloster auf dem Schwarzen Berg in Tschenstochau begeben. Nach seinem Veto bedankte sich Stanislaw Gadecki, der Vorsitzende der Bischöfe bei Duda.
Sollte der Staatspräsident bei seinem Veto bleiben, so könnte sich die PiS, aus der er stammt, gegen ihn wenden und damit auch das Radio Maryja-Imperium. Die Bischofskonferenz müsste sich dann entscheiden, welche Position sie dann einnimmt.
Und die Protestanten in Polen? Gerade mal 60 000 Lutheraner gibt es, die der Evangelisch Augsburgischen Kirche gehören. Dazu 8000 Reformierte, die oft kaum in der polnischen Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Normalerweise äußern sich Vertreter der kleinen Kirchen nicht zu politischen Angelegenheiten. Doch der lutherische Bischof Jerzy Samiec verlor erstmals noch vor dem Veto des Präsidenten deutliche Worte: »Ich bin nicht damit einverstanden, in welchem Stil fundamentale Entscheidungen für unser Vaterland getroffen werden.«
Der Theologe stellte die Art in Frage, in welchem Tempo die Gesetzesentwürfe von Sejm und Senat bewilligt wurden, ohne dass eine gesellschaftliche Diskussion stattfände. »Eines ist sicher – als Kirche haben wir uns im öffentlichen Raum zu engagieren, nicht trotz unseres Glaubens, sondern durch ihn inspiriert.« Die Worte des Bischofs wurden immerhin von einer populären Internetseite aufgegriffen und so einem größeren Teil der Polen bekannt. Als weit einflussreicherer Lutheraner gilt jedoch Cezary Gmyz, Synodenmitglied und Korrespondent für das Staatsfernsehen TVP in Berlin. Als Teil des Regierungslagers zeigt er ein Deutschlandbild zwischen Islamisierung und Genderwahn.
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