Warme Worte erhitzen Klima
Schöpfung: Das Weltklima wird immer wärmer und die EKD will gegensteuern – doch Sachsens Landeskirche hat Wichtigeres zu tun.
Wenn sich die Welt im Dezember im polnischen Katowice zur Rettung des Klimas trifft, werden sich auch deutsche Christen dahin auf den Weg machen. Der Ökumenische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit wird Ende Oktober und Anfang November durch Sachsen führen – vorbei an Kohlegruben und -kraftwerken. »Schmerzpunkte« nennen sie die Organisatoren, zu denen das Leipziger Missionswerk gehört.
Um diese »Schmerzpunkte« zu finden, müssen sächsische Christen nicht einmal so weit laufen. Ein Blick auf ihre eigene Energierechnung oder die der Kirchgemeinde genügt. Wobei die sächsische Landeskirche nicht einmal einen Überblick hat über den Energieverbrauch all ihrer Gemeinden, Einrichtungen und ihrer Diakonie. Die ähnlich große Evangelische Kirche in Mitteldeutschland dagegen hat ihn vor zwei Jahren aufwändig errechnen lassen. 57 Millionen Kilowattstunden verbraucht sie pro Jahr – so viel wie 14 000 deutsche Vier-Personen-Haushalte.
Die Synode der EKD bat im Herbst letzten Jahres alle ihre Gliedkirchen und die Diakonie »bis zum Jahr 2020 eine Reduktion der CO2-Emissionen um insgesamt 40 Prozent anzustreben« sowie um »verbindliche Klimaschutzziele bis 2030«. Dafür sollten die Landeskirchen genug Geld und Konzepte für nachhaltige Gebäudedämmung, Mobilität und Beschaffung bereitstellen, so die EKD. Ihr Ziel: die »Klimaneutralität« der evangelischen Kirche in Deutschland bis 2050.
An der Spitze von Sachsens Landeskirche und ihrer Diakonie scheint man sich davon aber nicht angesprochen zu fühlen. Zwar verfasste die Synode immer wieder einmal Aufrufe und 2011 gab es ein Modell-Klimaschutzprojekt für 64 kirchliche Gebäude – aber über deren Wirkung ist nichts bekannt. Es gibt nicht einmal belastbare Zahlen über den Energieverbrauch der Landeskirche. »Das Thema Klimaschutz ist für uns als Landeskirche zwar wichtig, hat aber dennoch zur Zeit schon aus finanziellen Gründen nicht oberste Priorität und wird sie wohl auch nie bekommen«, antwortet der für Gebäude zuständige Oberlandeskirchenrat Jörg Teichmann. »Die Landeskirche drücken andere Probleme.«
Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz indes hat mit Unterstützung von Ingenieuren und der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft ein Klimaschutzkonzept erarbeitet. Dafür befragte sie ausgewählte Mitarbeiter und Gemeinden und rechnete die Ergebnisse hoch. Über 85 000 Tonnen CO2 verursache die Kirche jährlich, lautet das Ergebnis – 82 Prozent davon durch Wärme und Strom für Gebäude, der Rest wird durch Dienstfahrten und Beschaffung verursacht. Bis zum Jahr 2030 soll der CO2-Ausstoß um 40 Prozent reduziert werden. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) geht beim Klimaschutz ungewöhnliche Wege. Im Kirchenkreis Egeln experimentiert sie mit fünf Elektro-Dienstwagen für Mitarbeiter auf dem Land. Sie baute mit einer kircheneigenen Firma sechs Windräder und bis zu zehn weitere sollen folgen, um ihren gesamten Stromverbrauch klimafreundlich zu erzeugen. Die EKM-Synode gewährte dafür ein Darlehen von 37,5 Millionen Euro.
In der sächsischen Landeskirche scheut man solches Risiko. Und auch den Aufwand der Erhebung von Energieverbrauch und CO2-Abdrücken – man hält sie auch für zu ungenau. »Aber wenn eine Kirchgemeinde 100 000 Euro Energiekosten im Jahr zahlt und versucht, sie zu reduzieren – dann spart sie sogar viel Geld dabei«, sagt Heiko Reinhold, der Umweltbeauftragte der Landeskirche. »Wir sollten mit unserem kirchlichen Handeln nicht die Zerstörung der Schöpfung betreiben.« Unter der leiden schon heute Menschen. Warme Worte allein machen das Klima nur noch wärmer.
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