Wir wollen Gemeinde leiten
Kirchenvorstands-Wahl: Am Sonntag sind alle Gemeindeglieder ab 14 Jahren aufgerufen, ihre neuen Kirchvorsteher zu wählen. Doch diese Basisdemokratie kommt gelegentlich an ihre Grenze.Das Interesse an der Kirchenvorstandsarbeit hält sich in Grenzen – zumindest in Pegau bei Leipzig. Knapp 15 Menschen sind gekommen, um in der großen Laurentiuskirche zuzuhören, wie sich sieben von neun Kandidaten für den neuen Kirchenvorstand vorstellen. Und auch diese Zahl ist die unterste Grenze, denn neun Personen müssen laut Ortsgesetz gewählt werden. Eine Auswahl gibt es in Pegau also nicht, so wie schon bei der Wahl 2014. »Es ist mir ein bisschen peinlich als Pfarrer«, sagt Gemeindepfarrer Torsten Reiprich und ergänzt: »Ich hätte lieber eine richtige Auswahl gehabt.« Andererseits sei das Engagement der Kandidaten zu würdigen, betont er. Drei von ihnen kandidieren zum ersten Mal.
Mit diesen Erfahrungen steht die Kirchgemeinde Pegau, die erst seit Jahresbeginn aus einem Kirchspiel mit zwei weiteren Gemeinden entstanden ist, nicht allein. »Es scheint sich zuzuspitzen, dass die Frage der Kandidatenfindung schwieriger geworden ist«, sagt Andreas Meister. Er leitet das Regionalkirchenamt Chemnitz, das die Gemeinden von sechs Kirchenbezirken bei der Vorbereitung der Wahlen zum Kirchenvorstand unterstützt. Die flächendeckenden Strukturveränderungen der Gemeinden in diesem und im nächsten Jahr könnten ein Grund dafür sein, die Unklarheit des Stattfindens der Wahl wegen Corona ein anderer, so Meister.
In den Bereichen der Regionalkirchenämter Leipzig und Dresden gibt es auch Gemeinden, die nicht genügend Kandidaten finden konnten. Aber das seien Einzelfälle und die habe es auch bei vergangenen Wahlen schon gegeben, heißt es. Für Amtsleiter Jörg am Rhein stellt sich die Situation positiver dar als zuletzt: »Ich habe eher den Eindruck, dass es entspannter ist als bei vergangenen Wahlen.« 2014 wurden für über 700 Gemeinden rund 7100 Kirchvorsteher gewählt oder berufen – rund ein Prozent aller Gemeindeglieder. Durch die Zusammenlegung vieler Gemeinden und Kirchspiele auf rund 550 sind in diesem Jahr weniger Vorsteher nötig. Jörg am Rhein blickt voraus auf das, was auf die tausenden neuen Kirchvorsteher zukommt. Die flächenmäßig wachsenden Gemeinden verlangten vom Vorstand immer größere Verantwortung ab. »Wir müssen ihnen in dieser Legislatur soviel Hilfe wie möglich geben, dass keine Überforderung eintritt«, sagt er und sieht dabei sein Amt und das Landeskirchenamt in der Pflicht. Besonders im Bereich der Gemeindeverwaltung sehe er in den nächsten Jahren noch Investitionsbedarf, auch um den Kirchenvorstand zu entlasten.
Bei den Kandidaten in Pegau ist davon keine Rede. Sie sprechen eher darüber, wie Gemeinde lebendig und vielfältig bleiben kann. Schnell kommt das Gespräch darauf, dass besonders Jugendliche und junge Erwachsene den Kontakt zur Gemeinde verlieren. »Ich sehe es ja bei meinen eigenen Kindern, wie schwierig das ist«, sagt Almuth Eltzschig. Die 53-jährige Zahntechnikerin ist schon seit 1998 im Kirchenvorstand. Ganz neu dagegen stellt sich Romy Niedzballa zur Wahl. Die 29-jährige Religionslehrerin an einem evangelischen Gymnasium sei erst zögerlich gewesen, sagt sie. Doch sie weiß, dass auch die evangelische Schule eine wichtige Kontaktfläche für den Glauben ist. Ähnlich wie der Gemeindekindergarten, der in Pegau an die Diakonie übertragen wurde. Darüber habe Thomas Gehrt mit seiner Tochter den Weg zur Gemeinde gefunden, erzählt der 50-jährige Kirchvorsteher.
»Wir können froh sein, dass wir uns noch selbst verwalten können«, sagt Pfarrer Reiprich und betont statt der Last die Chance. Die zehn Kandidaten und weitere Berufene können sechs Jahre lang die Gemeinde leiten und Impulse geben. Nun liegt es an den Gemeindegliedern, ihren Kandidaten den Rücken zu stärken. Am 13. September wäre mit einer guten Wahlbeteiligung eine erste Gelegenheit dazu.
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