Zeitansage: Sinkende Mitgliederzahlen, leere Kirchen, größere Strukturen und wachsende religiöse Gleichgültigkeit machen einen neuen Aufbruch des Christentums nötig. Tomas Halík hat dafür eine Vision.
Neuer Aufbruch: Der tschechische Theologe Tomas Halík fordert angesichts des Lebens in einer neuen Zeit eine Verwandlung der Kirche. Es ist ein Christsein, das aus alten Sackgassen umkehrt und zu neuen Ufern aufbricht. ©
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Kaum ein theologischer Autor vermag derzeit wohl scharfsichtiger die gegenwärtige Krise des Christentums zu analysieren als der tschechische Theologe Tomas Halík. Für diese Krise findet er eine Metapher: Das Christentum stecke in einem »Mittagstief« und stehe vor dem Anbruch seines »Nachmittages«. Hierfür bedient er sich der Begrifflichkeit des Psychologen C. G. Jung, der den menschlichen Lebenslauf in solche Tageszeiträume einteilte und das Alter des Menschen als »Nachmittag« beschrieb. Dieser sei die Zeit der Reife, in der der Mensch in ein größeres Ganzes hineinwächst. Entscheidend sei die Überwindung der Egozentrik. »Durch diese Wendung vom ›kleinen Ich‹ zu diesem Eigentlichsten und Wesentlichsten (wir können es Gott oder ›Christus in uns‹ nennen) erfüll