»Die gewohnte Arbeit mit Kindern wird es nicht mehr geben«
Nach Umfragen unter Gemeindepädagogen: Studienleiter Uwe Hahn vom TPI Moritzburg sieht erhebliche Veränderungen durch Corona in der religionspädagogischen Arbeit mit KindernIm Interview spricht Uwe Hahn, Studienleiter für Gemeindepädagogik am Theologisch-Pädagogischen Institut (TPI) in Moritzburg, über die Ergebnisse von zwei Umfragen unter Gemeindepädagogen in der Landeskirche Sachsens zur religionspädagogischen Arbeit mit Kindern in Corona-Zeiten.
Herr Hahn, gab es Überraschungen in Ihrer Umfrage?
Uwe Hahn: Über ein Drittel aller in Sachsen angestellten Gemeindepädagoginnen und -pädagogen haben sich an der Umfrage beteiligt. Für diese große Beteiligung bin ich dankbar.
Bei den Antworten gab es fast keine Überraschungen, aber viele positive Bestätigungen. Die gemeindepädagogische Arbeit wurde und wird in einer großen Vielfalt geleistet, auch wenn weniger Kinder und Jugendliche in dieser Zeit erreicht wurden. Die Anzahl der neu entwickelten digitalen Angebote konnte die bisherige Fülle von analogen Angeboten nicht ausgleichen. Erstaunt war ich darüber, dass es im strengen Lockdown noch analoge Angebote gab. Das müssen aber nicht zwingend Angebote in Räumen gewesen sein. Spaziergänge, Stationenwege, öffentliche Materialtische und vieles mehr haben die Mitarbeitenden entwickelt.
Wie halten Gemeindepädagogen jetzt Kontakt zu Kindern?
Einige Beispiele sind Kurznachrichten, Briefe, Telefonate, Aushänge oder Gartenzaungespräche – ein Modell das sich unabhängig in verschiedenen Kirchenbezirken entwickelt hatte. Diese Kontakte liefen häufig über die Eltern. Also waren die Eltern auch in der religiösen Bildung gefordert. Deshalb war es wichtig, ein gutes Maß zu finden und die Lust an Kirche und religiöser Bildung zu fördern.
Was bleibt von den Angeboten über die Corona-Zeit hinaus?
Die digitale Kompetenz der Gemeindepädagogen hat deutlich zugenommen. Das sieht man etwa an der Nutzung von Kurznachrichten. Gerade um Ostern und Weihnachten sind neue Angebotsformen entstanden, die auch Menschen außerhalb enger kirchlicher Grenzen erreichten: Krippenspiele auf YouTube, Tüten zum Mitnehmen an Gartenzäunen und Kirchen, Angebote, die von Bewegung leben und so weiter. Manche digitale Sitzung wird Fahrtzeiten und Fahrtkosten reduzieren. Ich habe eine Hoffnung, dass Kirche offener und öffentlicher geworden ist und weiter wird.
Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Umfragen?
Die gewohnte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wird es nicht mehr geben. Sie hat sich und wird sich verändern. Das bedeutet: Kontaktflächen müssen gepflegt und weiter entwickelt werden, damit Menschen mit Kirche in Verbindung treten können. Neuanfänge auch in traditionellen Arbeitsformen sollten bewusst gestaltet werden. Als wanderndes Gottesvolk sind wir auf der Suche. Entwickeln wir Freude auf das Neue, das uns begegnen wird.
Hier finden Sie die Ergebnisse der ersten Umfrage zum Zeitraum März bis Mai 2020 (erster Lockdown).
Hier finden Sie die Ergebnisse der zweiten Umfrage zur Arbeit mit Kindern im Zeitraum Sommer 2020 bis Winter 2020/21.