
Angesichts des »erschütternden Wahlergebnisses« in Sachsen bei der Bundestagswahl fordert der Leiter der Evangelischen Erwachsenenbildung, Pfarrer Erik A. Panzig, ein stärkeres Engagement der Landeskirche in der Bildungsarbeit. Das Wahlergebnis dürfe sich in zwei Jahren zur Landtagswahl in Sachsen nicht wiederholen, sagte Panzig im Interview mit dem Sonntag. Der promovierte Theologe sprach sich gleichzeitig für mehr geöffnete »Dorfkneipen« aus: »Das sind ideale Bildungsorte, weil man dem Volk aufs Maul schauen und gehörig widersprechen kann, wenn es sein muss.«
Herr Panzig, sehen Sie Zusammenhänge in Sachsen zwischen einer konservativen Landeskirche und dem konservativen Wahlergebnis?
Erik A. Panzig: Ihre Frage lässt sich nicht so einfach mit »ja« oder »nein« beantworten. Unabhängig davon ist das Wahlergebnis in Sachsen erschütternd. Im Unterschied zu allen anderen Bundesländern hat hier eine extrem nationalkonservative und in weiten Teilen rechtspopulistische Partei gewonnen. Damit sich das in zwei Jahren nicht wiederholt, kommen auf die Institutionen der politischen Bildung in Sachsen sehr große Aufgaben zu. Auch unsere Landeskirche wird sich in diesem Bereich stärker engagieren müssen.
Fehlt es an Bildungsarbeit?
In der Generation der Menschen, die zu DDR-Zeiten die Schule besuchten und deren Biografie mit DDR-Erfahrungen gesättigt ist, mangelt es an Wissen über demokratische Spielregeln. Ich möchte etwa behaupten, dass die wenigsten unser Grundgesetz gelesen geschweige denn verstanden haben. Die Evangelische Erwachsenenbildung kann den Kirchenbezirken und Gemeinden professionelle Moderatoren vermitteln, die mit den Menschen auf Augenhöhe sprechen können.
Mangelt es auch an Verständnis für die Sorgen der Menschen?
Viele meiner Kollegen haben schon lange vor der Wahl ihre Befürchtungen geäußert, dass sich individuelle Enttäuschungen gerade in wirtschaftlich schwachen Regionen Sachsens sowie gemeinschaftliche Gefühle des Abgehängt-Seins und Nicht-Wahrgenommen-Werdens in einem massiven Protestwahlverhalten niederschlagen werden. Für die Sorgen und Nöte dieser Menschen müssen die Pfarrer unserer Landeskirche offene Ohren haben, auch oder gerade dann, wenn sie persönlich deren politische Überzeugungen nicht teilen.
Glauben Sie, dass die Wähler aus ihren Echokammern zu holen sind, also aus einem Umfeld, das nur die jeweils eigene Meinung widerspiegelt?
Ich halte persönlich nichts von dem Begriff »Echokammer«. Natürlich gibt es diese digitalen Räume in sozialen Netzwerken. Trotzdem leben die Menschen ihr reales Leben. Wenn Sie so wollen, ist jeder Stammtisch in der Kneipe eine Echokammer. Es sollte in Sachsen wieder mehr geöffnete Dorfkneipen geben. Das sind ideale Bildungsorte, weil man dem Volk aufs Maul schauen und gehörig widersprechen kann, wenn es sein muss. Dazu gehören Mut und Gottvertrauen. Beides brauchen wir gerade in Sachsen.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna