Ist das Ende der Welt nah?
Vertrauen: Angesichts von Pandemie und Klimakatastrophe verbreitet sich eine Angst vor dem Untergang. Doch der christliche Blick schaut durch das Apokalyptische hindurch – auf Gottes schon offenbar gewordenes Heil.Das Corona-Virus sorgt dafür, dass einem der mögliche Untergang plötzlich auf den Leib gerückt ist. Was wird werden? Diese Frage stellt sich in diesen Tagen steigender Infektionszahlen wieder dringlicher. Manche Bibelkundigen werden an Schriftworte erinnert, die von den Zeichen der Endzeit handeln. »Ein Volk wird sich erheben gegen das andere und ein Reich gegen das andere, und es werden geschehen große Erdbeben und hier und dort Hungersnöte und Seuchen …«, sagte Jesus (Lukas 21,10 f.).
Jedoch ist die Sichtung von Endzeitzeichen nicht neu. »Fast alle Propheten nennen zwei Anzeichen: Zum einen geht es den Menschen so schlecht wie nie zuvor. Zum anderen beginnt die Natur verrückt zu spielen«, erklärt Thomas Grüter, Autor des Buches »Faszination Apokalypse«.
Tatsächlich hat das Ausmaß an Zerstörung von Natur und Gewalt dramatisch zugenommen – und im Hintergrund tickt buchstäblich die Weltuntergangsuhr namens Klimakatastrophe. Viele Kirchen läuteten am Klima-Aktionstag Ende September um 5 vor 12 die Glocken. Wie soll man leben, wenn es 5 vor 12 ist? Ein SONNTAGs-Leser kommentierte die Nachricht vom Glockenläuten gegen die Klimakatastrophe so: »Es gab Zeiten, da hat die Kirche gesagt, was um 12 ist.« Ist das möglich?
Für Christen stellt sich heute die Frage, ob man sich im Apokalyptischen verliert oder die Entwicklungen der Zeit als Endzeit im christlichen Sinne versteht. Das ist ein Unterschied. Denn es geht nicht um Weltuntergangsstimmung, sondern um das Bewusstsein, dass seit dem Kommen Jesu Christi die Zeit verwandelt und die Endzeit in dem Sinne angebrochen ist, dass das Ziel offenbar geworden ist: Hinter dem Untergang ist das Heil bereitet – und es ist jetzt schon möglich, sich darin zu bergen. Christliche Existenz ist Endzeitexistenz – im Vorgriff auf das Kommende wird vertrauend durch die Untergänge hindurchgeschritten. Das Kommen Jesu hat die Welt und die Zeit verändert. Nicht mehr liegt das Ende nun vor uns, sondern gewissermaßen bereits hinter uns – wir leben seither in Zeit und Ewigkeit zugleich, sind Bürger dieser und der künftigen Welt.
Was heißt es, in dieser Weise zu leben und zu glauben? Es heißt, wach und beherzt die Aufgaben der Zeit anzugehen, den glimmenden Docht nicht auszulöschen, das Seinige zu tun, dass die Liebe Raum bekommt und Leben erhalten wird – und doch auch das Entscheidende in Gottes Hand gelegt wird: die Vollendung, das Heil. Es gilt, den Schrei der Erde, der Armen, der Kreatur zu hören und sich ihrer anzunehmen, Verantwortung zu übernehmen, nach Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung zu trachten. Fatalismus und Zynismus sind demnach keine christlichen Tugenden. Es gilt, im Letzten mit Gott zu rechnen und zu vertrauen, dass uns nicht ein Abgrund verschlingen wird, sondern Gottes geheilte Welt wartet, in der Gott mitten unter uns ist, tränenabwischend, heilend, haltend, zurechtbringend (Offenbarung 21). Das ist die Hoffnung – und darin gründet sich das christliche Vertrauen, auch und gerade im Blick auf drohende Untergänge in Zeiten der Pandemie und Klimakatastrophe. Es ist ein Vertrauen, das einen Grund hat, den hat Christus gelegt. Sein Einbrechen in diese Zeit, in diese Welt hat den Vorhang zum Heil eröffnet – und wir dürfen seither in seinem Licht leben, lieben, glauben und hoffen.
Jochen Klepper (1903–1942), der einen Begriff davon hatte, mit und in Untergängen zu leben, hat das in einem Gebetsvers so ausgedrückt: »Der du allein der Ew’ge heißt/ und Anfang, Ziel und Mitte weißt/ im Fluge unsrer Zeiten:/ Lass, sind die Tage auch verkürzt,/ wie wenn ein Stein in Tiefen stürzt,/ uns dir nur nicht entgleiten!«
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