Kirchenvertreter in Ostdeutschland haben sich besorgt über die jüngsten Wahlerfolge der AfD auf kommunaler Ebene geäußert. Diese werden nach Auffassung des Landesbischofs der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, keine Einzelfälle bleiben. Vor allem in den ländlichen Regionen müssten die demokratischen Parteien der populistischen Strategie eine bürgernahe und nachvollziehbare Politik entgegensetzen, forderte der Leitende Geistliche im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch für seine Kirche erwartet Kramer schwierige Diskussionen mit den neuen Funktionsträgern in den kommunalen Ämtern. Auf kommunaler Ebene müsse die Kirche natürlich mit dem Bürgermeister oder Landrat reden. Aber da stehe immer die Frage, wo die konkreten Themen seien. Persönlich habe er sich bei der Landratswahl im thüringischen Sonneberg und der Bürgermeisterwahl in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt ein anderes Ergebnis gewünscht, aber es habe im Bereich des Erwartbaren gelegen. „Ich bin daher nicht geschockt, aber besorgt“, sagte Kramer. Denn das Konzept der neuen Rechten, über die Normalisierung der Diskurse in politische Ämter zu gelangen, sei aufgegangen.
Die Evangelische Landeskirche Anhalts erwartet vom neuen Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz, dass die Auseinandersetzung mit der regionalen NS-Vergangenheit fortgesetzt wird. Der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig sagte der in Weimar erscheinenden Kirchenzeitung „Glaube+Heimat“ (Ausgabe 9. Juli), er erwarte, dass der AfD-Politiker Hannes Loth das entsprechende Projekt weiterhin unterstützt. Liebig sagte weiter, es sei „mehr als beunruhigend“, dass in Raguhn-Jeßnitz eine Mehrheit der Menschen einen Kandidaten der rechtsextremen AfD gewählt habe. Damit hätten sie auf eine Partei gesetzt, „die spaltet und mit scheinbar einfachen Lösungen und Parolen für komplexe Probleme wirbt“. Aus Sicht der Kirche werde Loth seine Politik am christlichen Menschenbild messen lassen müssen, sagte der Kirchenpräsident. Er müsse allen Menschen in der Stadt ein verlässlicher und kompetenter Bürgermeister sein, der integriert und nicht spaltet.
Am vergangenen Sonntag hatte Loth in der 9.000-Einwohner-Kommune Raguhn-Jeßnitz im Landkreis Bitterfeld die Wahl für das hauptamtliche Bürgermeisteramt gewonnen. Eine Woche zuvor hatte in Sonneberg der AfD-Politiker Robert Sesselmann die Stichwahl um das Landratsamt für sich entschieden.
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