Der Sommer mit Luther
Weltausstellung: Zum 500. Jahrestag der Reformation will die evangelische Kirche in Wittenberg einen Sommer lang mit bekannten Künstlern und aktuellen Brennpunkten nicht nur zurückblicken – sondern in die Zukunft von Kirche und Gesellschaft.
Zum Paradiesgarten spazieren, die größte Bibel der Welt besteigen, Konzerte besuchen und Ausstellungen – all das können Besucher der Weltausstellung Reformation in Wittenberg. Was sie mitbringen sollten ist Zeit und ein wenig Freude am Flanieren auf dem Stationenweg durch und um die Stadt. Was sie nicht befürchten müssen? Massenaufläufe.
Zwar ist die Stadt voll, doch die Mehrzahl der Touristen absolviert noch immer primär die historische Meile zwischen Schlosskirche und Lutherhaus. Das kann insbesondere auch die Veranstalter und den Organisationsverein »r2017« nicht zufriedenstellen, zumal ein Drittel der Gesamtkosten von 25 Millionen Euro über Eintrittsgelder und Sponsoring reingeholt werden sollen. »Wir müssen überlegen, wie wir noch mehr Menschen nach Wittenberg und in die Wallanlagen locken können«, erklärte unlängst einer der beiden Geschäftsführer von »r2017«, Ulrich Schneider.
Wer sich locken lässt und auf den Weg macht, wird es nicht bereuen. Dies hat zum einen mit der Vielfalt und Fülle der Angebote in den 16 Themenwochen zu tun: Allein 80 Veranstaltungsorte gibt es in der Freiluftausstellung bis zum 10. September und gut 2000 Veranstaltungen.
In sieben »Toren der Freiheit« auf der Wittenberger Weltausstellung präsentieren sich internationale Kirchen ebenso wie zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Landeskirchen aus Deutschland. Auch die Sachsen waren schon da – mit einer Schneeberger Bergparade hatten sie Mitte Juni klangvoll und lautstark auf den Einzug ihrer evangelisch-lutherischen Landeskirche in den Torraum Ökumene und Religion aufmerksam gemacht. Oder nehmen wir den Torraum Jugend, in dem auch die älteren Semester – zum Beispiel – ihren ökologischen Fußabdruck auf den Prüfstand stellen können. Oder der Torraum Gerechtigkeit: Nachdem dort schon seit der Ausstellungseröffnung Flechtboote auf die europäische Migrations- und Asylpolitik aufmerksam machen, wird die Installation im und am Schwanenteich inzwischen durch ein Flüchtlingsboot komplettiert. 2014 sind auf diesem 15,7 Meter langen, 4,7 Meter breiten und nicht ganz fünf Meter hohen Seelenverkäufer 244 Menschen von Afrika übers Mittelmeer nach Sizilien gelangt. Im Angesicht dieser Kunstaktion wird nochmals klar: Egal, wie einer zur Flüchtlingskrise steht, ob mitfühlend, skeptisch, besorgt oder ablehnend – unberührt lässt sie niemanden.
So wird mit der Weltausstellung also weniger die Vergangenheit gefeiert – umso mehr geht es um das Hier und Jetzt. Oder wie Geschäftsführer Ulrich Schneider es formulierte: »Wir blicken in die Zukunft vor dem Hintergrund von 500 Jahren Reformation.«
Neben den »Toren der Freiheit« öffnen sich derzeit in der Stadt noch ganz andere Räume: So zeigt im alten Gefängnis die Schau »Luther und die Avantgarde« zeitgenössische künstlerische Positionen etwa von Ai Weiwei oder Markus Lüpertz. Reise rückwärts geht aber auch: In seinem für Wittenberg geschaffenen Luther-Panorama führt der Maler Yadegar Asisi ins Jahr 1517.
Die Weltausstellung Reformation rund um die Wittenberger Altstadt kann bis 10. September täglich außer Dienstag besucht werden. Es gibt Karten zu unterschiedlichen Konditionen. Im Internet stehen alle Informationen zur Schau und das gesamte Programm. Zu den Künstlern, die noch im Juli erwartet werden, gehören neben anderen der RIAS Kammerchor, Nina Hoger, Joris, die Band Glasperlenspiel und der Liedermacher Konstantin Wecker – mit Reformationsbotschafterin Margot Käßmann.
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Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna